Die Freude am Leben und an Gott will inmitten von herausfordernden Zeiten Raum gewinnen.
Das Kernbiotop der Freude: Dankbarkeit
Das Kernbiotop für das Aufblühen der Freude ist die Dankbarkeit.
Prof. Martin Seligman, der Begründer der Positiven Psychologie, sagte bei einem Kongress: «Wer hat die grösste Lebenszufriedenheit? Wer sind im Leben die glücklichsten Menschen? Von allen Möglichen gibt es ein einziges Kennzeichen: Das ist die Dankbarkeit!»
Dankbare Menschen sind am glücklichsten und zufriedensten.
So schreibt Paulus in 1. Thessalonicher Kapitel 5, Vers 18: «Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.»
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An der Dankbarkeit oder Undankbarkeit entscheidet sich, ob wir freudige Menschen sind oder nicht.
Mein Mann und ich haben ein kleines Ritual, wenn wir wandern gehen oder gemeinsam zu Abend essen. Wir erzählen uns gegenseitig abwechselnd von zehn Dingen, Situationen oder Menschen, für die wir gerade von Herzen dankbar sind.
Im gemeinsamen Nachdenken, Erzählen und Zuhören spüren wir beide, wie unsere Stimmung steigt, Freude in unserem Herz auflebt und im Miteinander spürbar wird.
Freude im Hier und Jetzt
Freude können wir nur in der Gegenwart erleben.
In 2. Korinther Kapitel 6, Vers 2 sagt Paulus: «Seht doch: Jetzt ist die Zeit der Gnade! Begreift doch: Heute ist der Tag der Rettung.»
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Es geht im geistlichen Leben immer um das Heute.
Ja, wir können über die Vergangenheit nachdenken. Das hilft uns, Belastendes zu verarbeiten oder uns in der Erinnerung über Schönes erneut zu freuen. Doch meistens verweilen wir viel zu lange im Hadern, Bedauern und in Gedanken von Bitterkeit über die Vergangenheit.
Mir wurde plötzlich bewusst, dass der Heilige Geist mir nur die Ausrüstung von Zuversicht, Kraft und Einsicht schenkt, die ich gerade brauche. Im «Jetzt-Moment» ist er voll dabei.
Der Hochzeitsspruch meines Mannes und mir lautet: «Ja, an ihm soll unser Herz sich freuen, denn auf seinen heiligen Namen haben wir unser Vertrauen gesetzt» (Psalm 33, Vers 21; eigene Übersetzung).
Das heisst: In der Gegenwart ist alles da, um heute mit Gottes Hilfe aus Sorgen, Ängsten, Bedauern, Hadern und Bitterkeit auszusteigen, um wieder auf den Weg des Friedens und der Freude zu gelangen, die sich aus der Verbundenheit mit Gott nährt.
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Der Autor Henri Nouwen schreibt: «Es mag seltsam klingen, wenn ich sage, dass Freude das Ergebnis unserer Wahl ist. Wir stellen uns oft vor, dass manche Leute glücklicher sind als andere und dass deren Freude von den Begleitumständen ihres Lebens abhängt. Doch wir können wählen, nicht so sehr, was die Umstände unseres Lebens betrifft, sondern die Art und Weise, in der wir auf diese Umstände reagieren.»
Gelassenheit als Schlüssel zur Freude
Ich bin von Natur aus «ein flatterndes Huhn» und meine Emotionen erreichten früher schneller Spitzenausschläge nach oben und unten, als ich es willentlich beeinflussen konnte. Mir wurde die Gelassenheit also nicht in die Wiege gelegt und ich habe bei dieser Haltung noch viel Luft nach oben.
Die Haltung der Gelassenheit übersetze ich daher für mich so: Ich habe mich Jesus gelassen. Und zwar immer wieder neu in einer konkreten Lebenssituation.
In der Gelassenheit gebe ich dem Leben, einer Situation oder einem Menschen die Erlaubnis, genauso zu sein, wie er oder sie ist, und zwar unabhängig davon, ob sie mir gefallen oder nicht. Das übe ich in der Verbundenheit mit Jesus Tag für Tag.
Eigentlich ständig und immer wieder anders als erwünscht - im Grossen und im Kleinen -, und das darf sein. Darüber muss ich mich nicht ärgern. Ich darf darüber schmunzeln und wieder froh meiner Wege gehen. Humor gehört auf jeden Fall zur Gelassenheit.
Selbstannahme als Wegbereiter der Freude
Zu wachsender Freude gehört es, in Bezug auf mich selbst gelassen zu bleiben. Wenn ich mit mir nicht im Reinen bin und ständig an mir herumnörgele, kann die Freude nicht aufblühen.
Während des Schreibprozesses für das Buch, das diesem Artikel zugrunde liegt, kam ich an einer Stelle einfach nicht weiter. Meine Motivation blieb auf der Strecke, ich haderte mit mir und meinem Unvermögen, suchte nach Gründen dafür.
Ich bin eben, wie alle anderen auch, angewiesen auf andere. Und wenn ich mich zu meiner Hilfsbedürftigkeit stelle, kommen Erleichterung und Freude auf: Lebensfreude und Schaffensfreude und das tiefe Wissen: «Es ist gut, dass ich bin, wie ich bin.
Diese Offenheit miteinander und voreinander, das schenkt uns eine ganz besondere Freude, weil wir sein können, wie wir sind.
Diese Selbstannahme ist nie ein für alle Mal in der Tasche.
Freude als spirituelle Tugend
Um diese Ressource zu erschliessen, plädiert Angela Gorrell dafür, Freude als spirituelle Tugend zu üben: Sich immer wieder darauf zu konzentrieren, was einem in einer Situation Freude gibt, Freude auch bewusst zu suchen. Sich an Schönes zu erinnern und Dankbarkeit zu üben.
Das bedingt, dass man die Komplexität des Lebens akzeptiert und es nicht schwarz-weiss sehen will. Dass man es aushält, dass Freude manchmal mitten in einer Situation der Trauer oder des Leidens aufkommt.
Freude vertreibt Leiden und Trauer nicht. Und Freude soll auch nicht dazu dienen, Missstände, die sich ändern müssen, schönzureden oder zu übertünchen.
Die Psychologie des Glücks
Die gute Nachricht: Glück zu empfinden, kann man lernen. Etwa, indem man die kleinen Momente der Freude erkennt.
Regelmässig mischt die Schweiz vorne mit in der Liste der glücklichsten Länder der Welt, aktuell auf Rang 4. Für Mathias Binswanger ist dieses Resultat zweifelhaft. Besonders die Schweizerinnen und Schweizer liefern zu positive Antworten, wenn sie zu ihrem Glück befragt werden. Schliesslich fehlt es ihnen objektiv gesehen an nichts - folglich haben sie das Gefühl, glücklich sein zu müssen. «Mit dem eigentlichen Empfinden hat das aber wenig zu tun», sagt Binswanger.
Denn: «Die Forschung geht davon aus, dass etwa zu 50 Prozent unsere Gene dafür verantwortlich sind, ob wir eher zu den Glücklichen gehören oder nicht.» Die anderen 50 Prozent habe jeder selber in der Hand. «Nur ist es nicht so einfach, ein guter Schmied zu sein.»
Dabei spielen die kleinen Glücksmomente eine grosse Rolle - «wir müssen sie nur aktiv wahrnehmen».
Clases beschreibt es als Erlebnis, als Qualität einer bestimmten Episode. «Es handelt sich nicht um einen überdauernden Zustand - auch wenn wir uns das wünschen», sagt er.
Die schlechte Nachricht ist: «Wir können Glücksmomente nicht direkt herbeiführen», sagt Clases. «Das Erleben von Glück ereignet sich.» Menschen können aber Momente schaffen, die Glückspotenzial haben.
Die Rolle der Arbeit und des Sports
Auch wenn sich das nicht immer so anfühlt, die Wissenschaftler sind sich einig: Arbeit macht Menschen glücklich. «Nicht unbedingt, weil wir wahnsinnig gerne chrampfen und am Morgen früh aufstehen. Mit der Arbeit ist gesellschaftliche Anerkennung sowie Selbstwertgefühl verbunden», sagt Mathias Binswanger, und Clases ergänzt: «Gut gestaltete Arbeit ist sinnstiftend, denn wir erkennen in ihr unseren Beitrag zu etwas, was auch für andere relevant ist.»
Sport kann gleich auf mehrere Arten glücklich machen.
Erstens: Bewegung macht Menschen grundsätzlich glücklich. Es muss nicht gleich ein Marathon sein, ein Gang in die Natur hinaus reicht aus.
Zweitens: Sport ist oft gesellig, und zwischenmenschliche Beziehungen haben das Potenzial, uns glücklich zu machen.
Drittens: Eine Leistung erbringen, über sich hinauswachsen - auch das kann Menschen Glücksmomente bescheren.
Viertens: «Sport ist ein Spiel, wie wir es aus unserer Kindheit kennen. Es ist völlig legitim, dass es dabei Gewinner und Verlierer gibt», sagt Clases.
Das Alter und das Glück
Die Glückskurve im Lauf eines Lebens verläuft wie ein U. Junge und alte Menschen sind glücklicher als Mittelalte. «Für Junge ist gute Gesundheit meist selbstverständlich, die Welt steht ihnen offen», sagt Mathias Binswanger.
«Im Alter wird uns klar, dass nicht mehr für alles Zeit bleibt - eine befreiende Erkenntnis», sagt der Ökonom. Sie führe zu einer Stressreduktion.
Die Bedeutung von Beziehungen
Im Grunde klingt es einfach: Allein wird niemand glücklich. Doch damit wird es heutzutage kompliziert. Denn: «Wir alle sollen souverän und unabhängig sein. Bloss niemanden brauchen, das ist die Devise - alles andere bedeutet Schwäche», sagt Mathias Binswanger.
Dieses hindere uns am Glücklichsein, denn dafür seien Freundschaften essenziell. «Also Menschen, die man immer wieder trifft - und zwar zweckfrei», sagt der Ökonom.
Geniessen lernen
Stress ist in der modernen Gesellschaft allgegenwärtig. Doch es gibt ein probates Mittel, um sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen zu lassen: Geniessen lernen.
So wie es die täglichen Widrigkeiten gibt, die einem das Leben schwermachen, so gibt es auch jeden Tag Momente des Genusses. Manche kommen unerwartet, sind wie ein kleines Geschenk, manche sind regelmässig wiederkehrend.
Genussmomente sind ein Geschenk, sie fallen einem einfach zu. Man muss aber fähig sein, zu registrieren, dass ein solcher Augenblick sich präsentiert, und ihn voll auskosten. Das bringt einen kaum in Verzug - und schafft doch ein machtvolles Gegengewicht im täglichen Stress.
Was bedeutet es, genussfähig zu sein, und wie können wir uns unsere Genussfähigkeit erhalten - in Zeiten des Stresses und gegen den Stress?
Geniessen können wir über alle fünf Sinneskanäle - das verschafft uns Glücksgefühle. Sie beinhaltet Freude an Gegenständen, zum Beispiel an Gemälden, Skulpturen oder anderen Kunstobjekten, an Landschaften, die uns beeindrucken, an Menschen, Tieren oder auch Pflanzen. Schönheit und Ausstrahlung dieser Dinge lassen uns auftanken, sie nähren uns.
Diese Beispiele zeigen, dass die Fähigkeit zu geniessen ein Spiegel unseres Befindens ist - genau wie die Leistungsfähigkeit oder die Liebesfähigkeit. Nur wenn es uns gut geht, sind wir offen für die sensorischen Reize, die uns Glücksmomente bescheren. Im Stress stumpfen wir ab und sind abgeschnitten von diesen Quellen.
Genuss lässt sich nicht verordnen, aber solche Momente wahrzunehmen und auszukosten, das kann man trainieren.
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