Mikronährstoffe und ihre Bedeutung bei Depressionen: Aktuelle Studien und Erkenntnisse

Die Beziehung zwischen psychischer Gesundheit und Stoffwechsel ist seit der Entdeckung der Darm-Hirn-Achse bekannt.

Es ist erwiesen, dass Ernährung einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von Depressionen haben kann.

Laut Prognosen der Weltgesundheitsorganisation werden Depressionen bis zum Jahr 2030 zu den weltweit häufigsten Erkrankungen zählen.

Es ist jedoch alarmierend, dass nur etwa ein Drittel der Betroffenen mit den derzeit verfügbaren Behandlungsoptionen eine vollständige Symptomlinderung erreicht.

Bis zu 40 Prozent der mit Antidepressiva behandelten Patienten sprechen dabei nicht ausreichend auf die Therapie an, schreibt PD Dr. Sabrina Mörkl von der Medizinischen Universität Graz.

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Aus ihrer Sicht könnten biopsychosoziale Ansätze, die auch ernährungsmedizinische Aspekte berücksichtigen, die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Zukunft verbessern.

Die Rolle von Mikronährstoffen bei Depressionen

Die wechselseitige Beziehung zwischen Ernährung und Depressionen wird seit einigen Jahren intensiv erforscht. Dabei steht häufig das intestinale Mikrobiom im Fokus.

PD Dr. Mörkl erklärt, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen zwar nicht quantitativ, aber häufig qualitativ mangelernährt sind.

Ursachen dafür können der Antriebsmangel bei Depressionen, die Einnahme von Psychopharmaka oder ein gestörtes Essverhalten sein.

Umgekehrt kann die Ernährung die psychische Gesundheit sowohl negativ als auch positiv beeinflussen.

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Besonders bestimmte Mikronährstoffe spielen eine entscheidende Rolle beim Energiestoffwechsel und bei der Synthese von Neurotransmittern.

Eine ausreichende Versorgung mit Zink, B-Vitaminen, Vitamin D und Magnesium ist beispielsweise essenziell für die Serotoninsynthese.

Vitamin C, Folat und Kupfer sind unter anderem für die Biosynthese von Dopamin und Noradrenalin erforderlich.

Der Stoffwechsel verschiedener Neurotransmitter hängt dabei auch von der Versorgung mit Makronährstoffen ab.

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden etwa nicht nur für die Synthese, sondern auch für die Freisetzung und die synaptische Verfügbarkeit von Dopamin und Serotonin benötigt.

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Aus diesem Grund könnten ernährungsmedizinische Ansätze als Ergänzung zu Antidepressiva sinnvoll sein, erklärt PD Dr. Mörkl.

Bei einer Mangelernährung könnte durch eine adäquate Zufuhr der fehlenden Nährstoffe möglicherweise ein zusätzlicher antidepressiver Effekt erzielt werden.

Studien belegen tatsächlich, dass Ernährungsinterventionen depressive Symptome signifikant reduzieren können, unabhängig von Veränderungen der körperlichen Aktivität und des Körpergewichts.

PD Dr. Mörkl empfiehlt eine mediterrane, ballaststoffreiche und pflanzenbasierte Ernährung mit gesunden Ölen, Fisch und Meeresfrüchten sowie einem begrenzten Fleischkonsum sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung von Depressionen.

Dagegen scheint der Verzehr von stark verarbeiteten Lebensmitteln nicht empfehlenswert zu sein. Studien deuten darauf hin, dass dies das Risiko einer Depression oder Angsterkrankung erhöhen kann.

Der Einfluss des Darmmikrobioms

Depressionen stehen häufig in Zusammenhang mit Dysbalancen im Darmmikrobiom, einer gestörten Darmbarriere oder einer beeinträchtigten Funktion der Darm-Hirn-Achse.

Daher ist der unterstützende Einsatz von Prä-, Pro- oder Synbiotika vielversprechend bei der Behandlung von depressiven Menschen.

Postbiotika, insbesondere bakterielle Fermentationsprodukte wie Butyrat und Propionat, wirken offenbar entzündungshemmend.

Praktisch empfiehlt sich etwa die Integration fermentierter Lebensmittel wie Sauerkraut, Kimchi, Joghurt oder Kefir in den Speiseplan.

Auch einige Gewürze haben erwiesenermassen mikrobiommodulierende und antidepressive Effekte. So lassen sich mit Kurkuma-Extrakt (500-1000 mg/d Curcumin) bei sehr guter Verträglichkeit deutliche Effekte auf depressive Symptome erzielen.

Das intestinale Mikrobiom wird gelegentlich auch als das «zweite Hirn» bezeichnet, da es einen direkten Einfluss auf das Zentralnervensystem hat.

Bei der Entstehung von Depressionen scheinen verschiedenste Faktoren mitverantwortlich zu sein.

Es besteht eine zunehmende Evidenz, dass entzündungsfördernde Zytokine sowie eine verminderte Diversität des Darm-Mikrobioms daran mitbeteiligt sind.

Die Mechanismen, die zur Kontrolle des Stoffwechsels des im Darm gebildeten Serotonins beitragen, sind noch nicht vollständig geklärt.

Eine positive Beeinflussung der Depressionssymptomatik über die GBA durch Probiotika wäre eine interessante begleitende Therapieoption.

Eine Auswertung von 10 Meta-Analysen ergab unter Berücksichtigung der Zeitdauer und Dosierung der verabreichten Probiotika eine Reduktion der Depressionssymptome.

Dabei ergab sich in Subgruppen-Analysen, dass insbesondere eine Interventionsdauer von mehr als 8 Wochen robuste Effekte bei der Symptomverminderung zeigte.

Nachdem sich frühere Untersuchungen vor allem auf die klinische Wirksamkeit der Probiotika konzentriert haben, liefern neuere Daten nun auch vermehrt Hinweise auf die zugrunde liegenden Wirkmechanismen.

So konnten Sikorska et al. zeigen, dass Probiotika zu einer Erhöhung des BDNF-Spiegels (Brain-Derived Neurotrophic Factor) führen, der bekanntermassen bei Depressionen erniedrigt ist.

Auch Antidepressiva, Omega-3-Fettsäuren und Zink können diesen Spiegel erhöhen.

Die Probiotika senkten zudem den Entzündungsfaktor CRP und führten zu einer Erhöhung von NO (Stickstoffmonoxid).

Diese beiden Werte wurden allerdings nur bei Depressiven mit einer Begleiterkrankung beeinflusst (z. B. Reizdarm, Verstopfung, Myokardinfarkt, koronare Herzerkrankungen).

Die Studienmethoden waren sehr unterschiedlich: Probiotika wurden z. B. Es kamen verschiedenste Bifidobakterien- und Lactobacillusstämme in unterschiedlichen Dosierungen zum Einsatz.

Auch wenn es wie oben beschrieben noch viele Fragezeichen rund um den begleitenden Einsatz von Probiotika bei Depressionen gibt, bestehen keine grundsätzlichen Zweifel an deren günstigen Einfluss.

Weitere wichtige Mikronährstoffe und ihre Wirkung

In der Zwischenzeit sind einige weitere Studien zu diesem Thema durchgeführt worden. Zink scheint über verschiedene Wege auf den Hirnstoffwechsel einzuwirken.

Es beeinflusst die Übertragung von Neurotransmittern an der Synapse und wirkt als Modulator von wichtigen Neurotransmitter-Rezeptoren wie AMPA (α-Amino-3-Hydroxy-5-Methyl-4-Isoxazol-Propionsäure), GABA (γ-Aminobuttersäure) und NMDA (N-Methyl-D-Aspartat).

Ein Zinkmangel bzw. Ein Zinkmangel erhöht auch die Spiegel von pro-inflammatorischen Zytokinen wie IL-6 (Interleukin-6) und TNF-α (Tumornekrosefaktor-α) und begünstigt Veränderungen der zerebralen Funktion von Serotonin.

Damit wird auch die Verfügbarkeit des Serotonin-Bausteins Tryptophan für die Serotonin-Biosynthese reduziert.

Tryptophan wird nämlich bei Entzündungen vermehrt über Kynurenin und Chinolinsäure - ein neurotoxisches Stoffwechselprodukt - abgebaut.

Chronische Entzündungen inkl. Zink ist auch bei der Regulierung der Expression des Proteins BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) involviert.

Der BDNF spielt eine wichtige Rolle für das Gedächtnis, für die Neuroplastizität und trägt zur Regulation von Prozessen wie Lernen, Erfahrungen oder Erinnerungen bei.

Die Metaanalyse schloss insgesamt 6 randomisierte, placebokontrollierte Studien ein, wobei lediglich 4 Studien mit Patienten mit einer Major-Depression durchgeführt wurden.

Nur diese wurden dann auch für die Sensitivitätsanalyse mitberücksichtigt. Die in den Studien zum Einsatz gekommenen Zinkdosierungen liegen in einem Bereich von 7-25 mg Zink pro Tag über eine Interventionsdauer von 2-6 Monaten. Dies gilt insbesondere für über 40-jährige Patienten.

Zink ist nicht der einzige Nährstoff, der begleitend bei Depressionen eingesetzt werden kann resp. bei dem die Vermeidung/Behebung eines Mangels mit einem verbesserten Ansprechen auf die medikamentöse Therapie assoziiert ist.

Dasselbe gilt bekanntermassen auch für Magnesium und Vitamin D3.

Als therapeutische Alternative zu einer medikamentösen Therapie bei Depressionen haben sich insbesondere die EPA-lastigen Omega-3-Fischölpräparate (> 2 g EPA+DHA/Tag) als zuverlässig wirksam erwiesen.

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