Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz sind ein wichtiges Thema, das oft mit Stigmatisierung und Unsicherheit verbunden ist. Während körperliche Erkrankungen offen besprochen werden, herrscht bei psychischen Leiden oft Schweigen. Dieser Artikel soll dazu beitragen, das Thema zu enttabuisieren und einen inklusiven Arbeitsplatz zu fördern.
Die Realität psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz
Gemäss des Leitfadens für Arbeitgebende schätzt das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB, dass rund ein Fünftel aller Mitarbeitenden mit einer psychischen Erkrankung leben. Einer Arbeit nachzugehen und damit einen geregelten Alltag sowie finanzielle Unabhängigkeit zu haben, ist für Betroffene sehr wichtig. Die Arbeit kann aber auch eine zusätzliche Belastung sein, da aufgrund der Erkrankung weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Unter Umständen kann sie sich sogar negativ auf die Arbeitsfähigkeit auswirken, insbesondere, wenn die betroffene Person nicht über ihre Erkrankung spricht. Da eine psychische Krankheit nicht sichtbar ist, bleiben die betroffenen Mitarbeitenden alleine mit ihren Bedürfnissen und Herausforderungen und es können keine Anpassungen am Arbeitsplatz vorgenommen werden.
Herausforderungen und Fragen
Auch für Arbeitgebende stellen sich viele Fragen. Was kann ich tun, wenn ich merke, dass die Arbeitsfähigkeit eines Mitarbeitenden nachlässt? Wie spreche ich es an? Das Arbeiten mit Depressionen, der Wiedereinstieg nach einem Burnout oder auch ein Teilzeitpensum aufgrund einer IV-Teilrente werfen viele Fragen auf. Wie gelingt es mir, die Arbeit mit meiner Krankheit zu vereinbaren? Was mache ich, wenn sich mein Gesundheitszustand wieder verschlechtert?
Offene Kommunikation als Schlüssel
Grundsätzlich ist es wichtig, dass die berufliche Tätigkeit mit dem Gesundheitszustand vereinbar ist. Dazu sind offene Gespräche zwischen Ihnen als Betroffene:r, den behandelnden Ärzt:innen und Ihrem Arbeitgeber entscheidend, um eine möglichst gute Lösung zu finden und den Arbeitsplatz Ihren Bedürfnissen anzupassen.
Viele Betroffene wissen: das ist einfacher gesagt, als getan. Unter Umständen haben sie negative Erfahrungen gemacht. Wurden stigmatisiert, diskriminiert, gemobbt oder haben sogar ihren Job verloren. Nicht verwunderlich, dass viele Hemmungen haben, sich zu outen. Hinzu kommt, dass psychische Erkrankungen von aussen nur schlecht nachvollziehbar sind. Eine psychische Erkrankung muss nicht bedeuten, dass eine Krankschreibung notwendig ist. Oftmals ist die Arbeit sogar wichtig, um einen geregelten Alltag zu haben. Aus Angst vor Diskriminierung sprechen jedoch viele Betroffene ihre Krankheit nicht an oder vertrauen sich höchstens Kolleg:innen an, zu denen sie ein engeres Verhältnis haben.
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Eine psychische Erkrankung anzusprechen, kann aber bedeuten, dass Sie den Arbeitsplatz ihren Bedürfnissen anpassen können und Arzttermine nicht immer auf Randzeiten legen müssen. Ausserdem hilft es Ihrem Arbeitgeber, das Thema zu enttabuisieren und einen offenen Umgang zu finden.
Umgang mit Krankschreibung und Wiedereingliederung
Wenn Sie für eine Zeit lang, vollständig oder teilweise, krankgeschrieben sind, sollte der Fokus voll und ganz auf Ihrer Genesung liegen. Dafür ist Zeit für eine adäquate Behandlung unbedingt notwendig. Ihr:e Vorgesetzte:r wird zwar darüber informiert, dass Sie aufgrund psychischer Probleme krankgeschrieben sind, aber kennt die genaue Diagnose nicht. Wichtig ist jedoch, dass Ihr Arbeitgeber weiss, wie sich die Krankheit auf Ihren Arbeitsalltag auswirkt. In dieser Situation gilt es, abzuwägen, wie viel Sie preisgeben möchten. Wenn Sie sich entscheiden, über Ihre Diagnose zu sprechen, kann dies Vertrauen und Verständnis schaffen.
Wenn Sie im Prozess der Wiedereingliederung sind, und wenn die Wiedereingliederung im bestehenden Unternehmen stattfindet, wissen Vorgesetzte und Kolleg:innen natürlich, dass sie über längere Zeit krankgeschrieben waren. Auch in dieser Phase ist es zu empfehlen, offen über die Erkrankung zu sprechen. Nur so kann die Wiedereingliederung optimal geplant und ihren Bedürfnissen angepasst werden. Auch hilft es, wenn Vorgesetzte oder Kolleg:innen, die Ihnen nahe stehen, die Symptome ihrer Erkrankung kennen und entsprechend reagieren können.
Offenlegung bei der Jobsuche
Wenn Sie auf Jobsuche sind, gilt es gut abzuwägen, was Sie zu welchem Zeitpunkt offenlegen. Wenn die Krankheit Ihre Aufgaben nicht beeinflusst, muss sie nicht kommuniziert werden. Überlegen Sie sich jedoch gut, ob Sie die Energie haben, eine Krankheit langfristig für sich zu behalten. Es empfiehlt sich, sie entweder während eines passenden Momentes im Bewerbungsgespräch oder während der Probezeit anzusprechen. Betonen Sie gleichzeitig auch, welchen Umgang Sie mit der Krankheit gefunden und welche Fähigkeiten Sie daraus erworben haben.
Wenn Sie sich dazu entschlossen haben, Ihre Krankheit anzusprechen, stellt sich die Frage, wie Sie das am besten anstellen. Machen Sie sich Gedanken über Arbeitsplatzanpassungen oder Massnahmen, die Ihnen helfen könnten. Es kann sein, dass Ihr:e Vorgesetzte:r noch keine Erfahrungen mit der Krankheit hat. Beziehen Sie sich beim Gespräch auf Ihre positiven Eigenschaften und was Sie trotz oder gerade wegen Ihrer Krankheit gut machen können.
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Tipps für Arbeitgeber
Psychische Erkrankungen von Mitarbeitenden sind einer der häufigsten Gründe für längere Absenzen und Fluktuation. Diese werden oft stillschweigend zur Kenntnis genommen. Selten werden Versuche unternommen, diese offen anzusprechen und den Umgang mit psychischen Erkrankungen zu erproben. Liegt es an Vorurteilen? An Unsicherheiten? Im Folgenden werden konkrete Tipps für den Umgang mit erkrankten Mitarbeitenden gegeben.
Zunächst einmal: Als Arbeitgeber:in kommt es Ihnen zugute, wenn Sie von den krankheitsbedingten Bedürfnissen und Herausforderungen Ihrer Mitarbeitenden wissen. Somit können Sie möglichst informiert vorgehen, passende Massnahmen ergreifen und Arbeitsplätze entsprechend anpassen. Damit stärken Sie Ihre Mitarbeitenden, fördern ihre Loyalität, verringern die Fluktuation und werden als Arbeitgeber attraktiver. Ausserdem sorgen Mitarbeitende mit Krankheit oder Behinderung für Vielfalt und bereichern den Arbeitsplatz.
Konkrete Schritte für Arbeitgeber
Doch wie gehen Sie konkret damit um, wenn Sie aufgrund einer Krankschreibung oder einer Verhaltensänderung feststellen, dass ein:e Mitarbeiter:in psychische Probleme hat? Wenn Sie feststellen, dass sich eine Person verändert oder ihre Arbeitsleistung nachlässt, ist es wichtig, das Problem möglichst zeitnah anzusprechen. Je länger Sie warten, desto schwerwiegender kann die psychische Belastung werden. Sprechen Sie Ihre Wahrnehmung offen, respektvoll und höflich an. Eine entsprechende Richtlinie kann hier helfen. Seien Sie offen für die Erklärungen und Vorschläge der betroffenen Person. Auch für sie dürfte es nicht einfach sein, darüber zu sprechen. Ziel sollte sein, dass Sie Verständnis und Vertrauen fördern und gleichzeitig konkrete Massnahmen oder Arbeitsplatzanpassungen festlegen. Das Gespräch mit Mitarbeitenden mit einer psychischen Krankheit kann sehr positiv verlaufen, kann aber mitunter auch sehr kräftezehrend sein. Wichtig ist: als Vorgesetzte:r sind Sie kein:e Therapeut:in! Auch Sie müssen auf Ihre eigenen Bedürfnisse achten und sich abgrenzen.
Gute Erfahrungen wurden auch mit der Bestimmung einer Person gemacht, die für das Thema «Mitarbeitende mit Behinderungen, insbesondere mit psychischen Beeinträchtigungen» zuständig ist. Je häufiger Sie mit Menschen mit Krankheiten oder Behinderungen zusammenarbeiten, desto mehr Erfahrungen sammeln Sie und desto sicherer werden Sie im Umgang. Eine offene Kommunikation kann dabei helfen, dass Menschen, die ihre Krankheit bislang für sich behalten haben, plötzlich darüber sprechen. Dadurch wird bewusst, welcher «Eisberg» an nicht kommunizierten Bedürfnissen in Ihrem Unternehmen schlummert. Erfahrung kann auch dadurch gesammelt werden, dass Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten gezielt eingestellt werden und Ausbildungsplätze für Jugendliche mit Behinderungen zur Verfügung stehen. Ausserdem lohnt es sich, mit Fachorganisationen zusammenzuarbeiten, die die Wiedereingliederung fördern. Zudem gibt es Netzwerke, denen Sie sich anschliessen können, um sich mit anderen Unternehmen auszutauschen. Auch interne Netzwerke können einen grossen Mehrwert bieten. Stellen Sie Ressourcen zur Verfügung, damit engagierte Mitarbeitende sich austauschen können, zum Beispiel im Rahmen einer Interessensgruppe.
Nebst diesen konkreten Tipps für den Umgang mit Menschen mit einer psychischen Krankheit ist es wichtig, dass ein wertschätzender und gesundheitsorientierter Führungsstil unternehmensweit gefordert und gefördert wird.
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Formulierungshilfen für Genesungswünsche
Das Schreiben von Genesungswünschen ist oft eine Herausforderung. Man möchte den richtigen Ton treffen, Mitgefühl ausdrücken und Hoffnung schenken, ohne dabei ungewollt Druck auszuüben. Ob für Freunde, Familie oder Kollegen - Genesungswünsche sollten sorgfältig formuliert sein, um den Betroffenen in einer schwierigen Zeit Trost zu spenden.
Allgemeine Tipps zur Formulierung
- Mitgefühl ausdrücken: Zeige, dass du an die Person denkst und ihre Situation verstehst.
 - Unterstützung anbieten: Zeige dem Erkrankten, dass er nicht alleine ist und dass du bereit bist, zu helfen, falls nötig.
 - Vorab informieren: Erkundige dich über den Zustand des Betroffenen, um die Situation nicht zu verharmlosen oder zu dramatisieren.
 - Persönlich werden: Vermeide Standardphrasen und gestalte die Wünsche individuell.
 - Druck vermeiden: Formuliere so, dass kein Druck entsteht, schnell wieder gesund zu werden.
 - Nichts verharmlosen: Vermeide Floskeln, die die Ernsthaftigkeit der Situation verkennen.
 - Ratschläge unterlassen: Verzichte auf besserwisserische Kommentare.
 
Formulierungsbeispiele für verschiedene Personengruppen
Familie und Freunde:
- «Ich denke an dich und wünsche dir von Herzen eine schnelle Genesung. Du schaffst das!»
 - «Ich wünsche dir ganz viel Kraft und hoffe, dass du bald wieder ganz gesund bist.»
 - «Du fehlst uns sehr. Ruhe dich gut aus, wir freuen uns, dich bald wieder zu sehen.»
 
Kollegen:
- «Wir alle hier im Büro wünschen dir eine schnelle Genesung. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um vollständig zu erholen.»
 - «Von Herzen gute Besserung! Wir vermissen dich und freuen uns darauf, wenn du wieder fit bist.»
 - «Das Team denkt an dich und wünscht dir eine baldige und vollständige Genesung.»
 
Bei schwerer Krankheit:
- «Es tut mir sehr leid zu hören, dass du gerade so eine schwierige Zeit durchmachst. Ich denke an dich und sende dir viel Kraft und Mut.»
 - «In dieser schweren Phase wünsche ich dir viel Geduld und Stärke. Bitte weiss, dass du in unseren Gedanken bist.»
 - «Ich schicke dir ganz viel positive Energie und hoffe, dass du bald Erleichterung findest. Wir sind alle für dich da.»
 
Zusätzliche Ideen
- Lustige Genesungskarte: Ein humorvolles Motiv kann in leichten Fällen helfen, den Erkrankten aufzuheitern.
 - Schutzengel-Wünsche zur Genesung: Eine Karte mit einem Schutzengel-Symbol kann dem Empfänger Trost und Zuversicht schenken.
 - Karte zur Genesung schreiben: Eine selbst gestaltete Karte mit persönlichen Worten wirkt immer besonders herzlich.
 
Beispiele für Genesungswünsche im Arbeitskontext
- hiermit schicken wir die besten Genesungswünsche an die beste Chefin der Welt! Kuriere dich endlich einmal ordentlich aus und werde richtig gesund.
 - es tut uns leid, dass es dir nicht gut geht. Lass‘ es uns bitte wissen, wenn wir irgendetwas für dich tun können. Um Projekt XY haben wir uns bereits gekümmert. Wir würden dich auch gerne besuchen - natürlich nur, wenn du das möchtest.
 - wir sind sehr froh, dass du dich inzwischen auf dem Weg der Besserung befindest. Weil du dich ja auch zu Hause noch schonen musst, wollen wir dir unsere Hilfe anbieten.
 - mit großer Besorgnis haben wir erfahren, dass Sie erkrankt sind. Damit Sie den Fortgang des Projekts weiterverfolgen können, haben wir Ihnen alle Dossiers zusammengestellt.
 - uns fehlen die Worte - weil wir wissen, dass wir dich nicht über deinen schweren Verlust hinwegtrösten können. Wir möchten dir trotzdem sagen, dass wir immer für dich da sind.
 - es tut mir sehr leid, dass du krank geworden bist. Das ist wohl zu einem großen Teil meine Schuld. Ich weiß, dass es für manche Dinge, die ich getan habe, keine Entschuldigung gibt. Hoffentlich kann ich einiges davon wiedergutmachen.
 
Unterstützung für Angehörige
Angehörige können für ihre schwer erkrankte Bezugsperson eine grosse Stütze sein. Doch das ist kräftezehrend. Darum ist es wichtig, dass Angehörige neben den Bedürfnissen ihrer Bezugsperson auch die eigenen im Blick behalten und auf sich achtgeben.
Umgang mit den eigenen Gefühlen
Wichtig ist, dass Sie Ihre Gefühle annehmen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Gefühle sind weder richtig noch falsch. Sie sollten darum auch nicht bewertet, sondern nur wahrgenommen und benannt werden. Die Gefühle von Ihnen als Angehöriger sind dabei ebenso bedeutend wie diejenigen der bzw. des Betroffenen. Beide haben ihre Berechtigung. Es gibt keine bessere oder schlechtere Art, mit seinen Gefühlen umzugehen und sie auszudrücken.
Praktische Tipps für Angehörige
- Informieren Sie sich: Wissen über die Erkrankung kann helfen, die Situation besser zu verstehen.
 - Begleiten Sie zum Arztgespräch: Vier Ohren hören mehr als zwei.
 - Pflegen Sie einen offenen Dialog: Sprechen Sie über Ihre Gefühle und Bedürfnisse.
 - Nehmen Sie Hilfe an: Zögern Sie nicht, Unterstützung von Fachpersonen oder Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen.
 
Die Bedeutung von Hoffnung und Perspektive
Trotz aller Herausforderungen ist es wichtig, die Hoffnung nicht zu verlieren. Viele schwere Krankheiten können heute dank medizinischer Fortschritte behandelt oder zumindest in ihrem Verlauf verlangsamt werden. Konzentrieren Sie sich auf die positiven Aspekte und suchen Sie gemeinsam mit Ihrer Bezugsperson nach neuen Perspektiven.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Die Diagnose einer schweren, vielleicht chronischen Krankheit stellt das Leben der Betroffenen auf den Kopf. Doch auch für Angehörige ist plötzlich vieles anders. Sie kämpfen ebenfalls mit Verunsicherung, Angst, Trauer, Wut oder Hilflosigkeit. Wichtig ist, die eigenen Gefühle anzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Suchen Sie rechtzeitig Hilfe, wenn Sie spüren, dass Sie von Ihren Gefühlen überwältigt werden. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Sie akzeptieren, wenn Ihre erkrankte Bezugsperson einen anderen Weg wählt als Sie, um mit ihren Gefühlen und dem Schock der Diagnose umzugehen. Am meisten bringt es Ihrer Bezugsperson, wenn Sie für sie da sind, gut zuhören und versuchen herauszufinden, was sie jetzt am meisten von Ihnen braucht.
Indem wir offen über psychische Erkrankungen sprechen, Unterstützung anbieten und einen wertschätzenden Umgang pflegen, können wir dazu beitragen, dass Betroffene sich am Arbeitsplatz wohl und unterstützt fühlen.
Tabelle: Zusammenfassung der wichtigsten Tipps für Arbeitgeber und Kollegen
| Zielgruppe | Wichtige Aspekte | 
|---|---|
| Arbeitgeber |  
  |  
| Kollegen |  
  |  
tags: #genesungswünsche #kollege #psychische #erkrankung