Burnout: Krankschreibung durch den Hausarzt – Ein umfassender Leitfaden

Burnout ist ein Begriff, der sich seit langem in unserer Arbeitswelt verbreitet hat. Oftmals wird er missverständlich oder falsch verwendet; richtig ist in der Regel, dass Burnout mit einem hohen Mass an beruflichem Engagement und Begeisterung in Verbindung gebracht wird. Chronischer Stress führt zu jenem Erschöpfungszustand, den wir Burnout nennen - die Batterien sind leer. Medizinisch gesehen handelt es sich um eine schwere Stoffwechselstörung, welche allerdings nicht nur den Körper beeinträchtigt, sondern auch die Psyche.

Ursachen und Verlauf von Burnout

Was sind die Ursachen des Burnout? Psychisch: Die innere Bereitschaft, sich zu überlasten und Stress - zu lange - auszuhalten.

Wie sieht der Verlauf des Burnout aus? Ein Teufelskreis: Immer mehr Arbeit/Stress verunmöglicht immer mehr Regenerationsaktivitäten. Der Antrieb wird immer schwächer.

Ein Burnout entwickelt sich allmählich und anfänglich bzw. oftmals lange unbemerkt. Es ist das Resultat eines nicht-Zusammenpassens von Arbeitsplatz und Mitarbeitendem in 6 Bereichen: Arbeitsmenge, soziales Umfeld, Unterstützung, Werte, Fairness und Kontrolle. Der Burnout-Erkrankte leidet an den ihn belastenden (“stressenden”) Arbeitsumständen. Lange Zeit erlebt er sich dabei nicht als hilflos, sondern versucht, mit noch mehr Energieaufwand den Anforderungen gerecht zu werden.

Ein Burnout-Prozess kann, wenn er nicht erkannt wird, übergangslos und unbemerkt in eine Depression zunehmenden Schweregrades übergehen. Während ein Burnout-Erkrankter bei der Vorstellung, er habe wieder ausreichend Energien, Ideen und Pläne entwickeln kann, ist dies in der Regel bei einem Patienten mit Depression nicht möglich: eine Depression umfasst die gesamte Lebenswirklichkeit. Auch am Wochenende und im Urlaub, in der Freizeit, und während einer Krankschreibung erlebt sich der depressiv Erkrankte als nutzlos, nicht liebenswert, ohne Antrieb und ohne Gefühle.

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Diagnose von Burnout

Die Diagnostik eines Burnout wie auch die Unterscheidung von einer Depression erfordert ein sorgfältiges Vorgehen beim Erstkontakt und den folgenden Sitzungen. Neben einer möglichst genauen Erhebung der Erkrankungs-Geschichte und der allgemeinen Krankengeschichte (Anamnese) gehören verschiedene testpsychologische Verfahren dazu, ferner eine medizinische labordiagnostische Untersuchung, ein EKG und eine Messung der sogenannten Herzraten-Variabilität.

Herzratenvariabilität (HRV)

Die Herzfrequenz- oder Herzratenvariabilität (HRV) misst die Zeitintervalle zwischen zwei Herzschlägen. Die Herzaktionen werden vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Untersucht man nun die Veränderung der Abstände zwischen den einzelnen Herzschlägen, erhält man Einblicke in die Aktivität und die Regulation durch das vegetative Nervensystem. Der Sympathikus gibt Impulse für die Aktivität, der Parasympathikus ist für Entspannungs- und Erholungsphasen verantwortlich. Die Untersuchung der Herzfrequenzvariabilität kann somit verlässlich Auskunft geben über die Regulationsfähigkeit des Organismus.

Für die Messung der Herzfrequenzvariabilität wird ein hochauflösendes Langzeit-EKG angelegt. Dazu werden am Brustkorb 5 Elektroden aufgeklebt. Die Messung dauert 24 Stunden, so dass Elektroden und Rekorder einen Tag lang getragen werden müssen. Bei Schlafstörungen kann die Untersuchung ergänzt werden durch eine nächtliche 8stündige Messung der Sauerstoffsättigung im Blut. Dies kann zusätzliche Hinweise geben auf Störung der Atmung während des Schlafes (sog.

Die Auswertung von HRV-Untersuchungen ist technisch und vom Zeitaufwand her relativ aufwendig. Daher nimmt dies etwas Zeit in Anspruch.

Behandlung von Burnout

Am Anfang einer jeden Burnout-Therapie steht die situativen Entlastung, d.h., eine Verringerung der Arbeitsanforderungen, oftmals sogar eine vorübergehende Krankschreibung. Wichtig ist dann, dass der Erkrankte die “Krankheit Burnout” versteht. Dies betrifft sowohl die Krankheitszeichen (“Symptome”) wie auch die Ursachen der Erkrankung.

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Therapeutisch setzt man zuerst an der Regulation und Erholung der Stressachse an. Krankschreibung können zu Depressionen führen. In der begleitenden Psychotherapie setzt sich der Patient mit internalen und externalen Risiko- und Belastungsfaktoren auseinander.

Geeignete Medikamente für die Behandlung eines Burnouts gibt es nicht. Antidepressiva können, auch wenn keine depressive Erkrankung vorliegt, den Genesungsprozess bei Burnout unterstützen, weil sie zusätzlich eine positive Wirkung auf das Stresssystem haben.

Als Therapeut hatte ich manchmal den Eindruck, sehr grosszügig mit meinen Rekonvaleszenz- bzw. Krankschreibungs- Zeiten zu sein; viele Patienten wollten sehr viel schneller, bei gefühlter Besserung in der geschützen Umgebung einer Klinik, zurück an die Arbeit. Weder war eine Änderung im Privatleben organisiert und eingeübt, noch hatte eine Klärung mit der Arbeitgeberseite stattgefunden.

Schwierig ist es, sich mit der Krankschreibung bei einer Burnout-Erkrankung in der Öffentlichkeit zu bewegen. Der Burnout-Patient ist möglicherweise äusserlich und auch im Gespräch völlig unauffällig, bis das Thema Arbeit angesprochen wird.

Sozialer Rückzug ist keine Alternative - im Gegenteil: die bisherige Vernachlässigung sozialer Kontakte erfordert aus therapeutischer Sicht geradezu die Intensivierung des Soziallebens.

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Die Rolle des Hausarztes bei der Krankschreibung

Menschen, die unter einem Burnout leiden, müssen oft krankgeschrieben werden. Die Krankschreibung ist ein wichtiger Teil der Burnout-Behandlung. Personen, die von einem Burnout betroffen sind, leiden unter einer Reihe von einschneidenden Symptomen. Im vielen Fällen sind sie zumindest temporär oder sogar permanent nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Eine Krankschreibung ist die ärztliche Feststellung einer gesundheitlich bedingten Arbeitsverhinderung.

Bei psychischen Erkrankungen und folglich auch bei einem Burnout wird meist eine besondere Art der Krankschreibung, die arbeitsplatzbezogene Krankschreibung, vorgenommen. Bei einer solchen bezieht sich die Krankschreibung ausschliesslich auf den konkreten Arbeitsplatz und nicht auf die Leistungsfähigkeit ausserhalb davon. Das heisst, dass betroffene Personen durchaus dazu berechtigt sind, währenddessen arbeitsplatzunabhängigen Tätigkeiten nachzugehen.

Allerdings können krankgeschriebene Personen vom Arbeitgeber für alternative Tätigkeiten eingesetzt werden, sofern diese mit dem Arztzeugnis vereinbar, vorübergehend und zumutbar sind.

Ausschliesslich medizinische Fachpersonen können krankschreiben. Eine zumindest graduelle Krankschreibung ist bei einer Burnout-Therapie für den Behandlungserfolg essenziell. Denn da ein Burnout immer auch durch die Umstände beim und den Stress am Arbeitsplatz verursacht wird, muss auch zuerst an dieser Stelle angesetzt werden.

Umgekehrt ist es aber auch wichtig, dass betroffene Personen ihre Krankschreibung auch dafür nutzen, die vom Arbeitsplatz unabhängigen Ursachen des Burnouts zu bekämpfen und dass sie sich in eine professionelle Behandlung begeben. Eine Krankschreibungsperiode sollte nicht damit verbracht werden einfach abzuwarten, sondern stellt eine Möglichkeit dar, um an sich selbst und an seiner Lebenssituation zu arbeiten.

Rechtliche Aspekte der Krankschreibung

Krankgeschriebene Personen haben Anrecht auf eine zeitlich beschränkte Fortsetzung der Lohnzahlungen. Dies gilt auch für Personen, die aufgrund eines Burnouts krankgeschrieben wurden.

Generell gilt für Krankgeschriebene auch ein Kündigungsschutz während der Zeitdauer der Krankschreibung.

Die Kündigung bei Krankschreibung kann nach einer gewissen Frist erfolgen, abhängig wie lange Sie angestellt sind (schauen Sie im Internet unter Sperrfrist/Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit nach). Sollten Sie länger als ein Jahr bei diesem Arbeitgeber tätig sein, ist die Kündigung zur Unzeit erfolgt und das nicht Auszahlen des Lohnes nicht korrekt. Unterstützung erhalten Sie vom RAV oder dem lokalen Arbeitsgericht.

Vorbeugung von Burnout

Vorbeugung vor Burnout muss sowohl auf betrieblicher wie auf persönlicher Ebene geschehen. Die betrieblichen Kosten für den Burnout eines Mitarbeitenden sind so hoch, dass die Betriebe sinnvollerweise Vorsorge treffen sollten. Die SUVA z.B. bietet Stress- Seminare für Führungsverantwortliche an.

Auch für kleine Betriebe lohnt es sich, in die Management-Ausbildung leitender Mitar- beitender zu investieren. Auf der individuellen Ebene sollte auf ausreichende Ruhezeiten geachtet werden. Eine gute Selbstfürsorge umfasst Zeiten der Entspannung, der körper- lichen Betätigung durch Sport, Zeiten des bewussten Geniessens, die Pflege von Partner- schaft und Familie.

Arbeitgeberpflichten und Rechte

Wenn der Eindruck besteht, dass der Hausarzt den Mitarbeiter im Verhältnis zu lange 100% krankgeschrieben hat, können Sie bei den meisten Unfall- oder Krankentaggeldversicherern um eine vertrauensärztliche Untersuchung zur Klärung der Arbeitsfähigkeit bitten.

Als erster Schritt ist ein direktes Gespräch mit dem Angestellte nie falsch. Wenn daraus keine befriedigende Lösung resultiert, können Sie eine vertrauensärztliche Untersuchung verlangen.

Ein Treffen bei Ihnen kann vom Arbeitgeber nicht verlangt werden. Wenn es Ihnen möglich ist, gehen Sie im Geschäft vorbei. Sie haben das Anrecht auf Ihre Privatsphäre.

Weitere wichtige Punkte

  • Arztbesuche und Therapien: Grundsätzlich sind Arztbesuche und Therapien ausserhalb der Arbeitszeit zu machen. Wenn dies ausnahmsweise nicht möglich ist, sollte es als "krank" durchgehen.
  • Ferienkürzung: Sofern die Arbeitsverhinderung unverschuldet ist, so kann eine Ferienkürzung ab dem vollendeten 2. Abwesenheitsmonat erfolgen. Es erfolgt dann jeweils eine Kürzung von 1/12 pro weiteren Abwesenheitsmonat.
  • Arbeitsaufnahme während Krankschreibung: Grundsätzlich ja. In diesem Fall erfolgt auch keine Lohnfortzahlung infolge Arbeitsunfähigkeit, sondern "gewöhnlicher" Lohn. Unter Umständen kann jedoch die Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein und das könnte eine Verletzung der Treuepflicht des Arbeitnehmers darstellen (volle Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers).
  • Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung: Der Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers sind zwei verschiedene Sachen und sind (leider) nicht koordiniert.

Tabelle: Kündigungssperrfristen bei Arbeitsunfähigkeit

Dienstjahr Kündigungssperrfrist
1. Dienstjahr 30 Tage
2. bis 5. Dienstjahr 90 Tage
Ab 6. Dienstjahr 180 Tage

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