Krankgeschrieben wegen Burnout: Was Sie dürfen und was nicht

Wird eine Person arbeitsunfähig, so kommt es oft zu Unklarheiten im Betrieb. Unsere Autorin Frau Astrid Lienhart erläutert Ihnen in wenigen Worten, auf was Sie bei der arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit, beim Burnout und beim Zeugnis achten müssen.

Was bedeutet es, krankgeschrieben zu sein?

Hat Sie ein Arzt krankgeschrieben, bedeutet dies, dass Sie aus medizinischer Sicht als vorübergehend arbeitsunfähig eingestuft wurden. Eine Krankschreibung stellt ein Arzt aus, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit seine Arbeit nicht ausüben kann. Ihre gesundheitliche Genesung steht an erster Stelle.

Die Krankschreibung ist dazu da, dem Arbeitnehmer Zeit geben, sich zu erholen und ggf. gleichzeitig Kollegen vor Ansteckung schützen. Die Dauer einer Krankschreibung hängt zum einen von der Art Ihrer Krankheit, zum anderen von der Art Ihrer Arbeit ab.

Krankschreiben kann Sie sowohl ein Haus- als auch ein Facharzt. Bei einer behandlungsdürftigen Erkrankung oder einer Krankheitsdauer ab drei Tagen ist allerdings der Besuch eines Arztes notwendig. Dieser stellt ein Attest aus, das die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Viele Arbeitgeber verlangen dieses auch schon ab dem ersten Tag.

Arztzeugnis

Sie müssen Ihrem Arbeitgeber unaufgefordert entsprechend neue Arztzeugnisse vorlegen, sollten Sie für eine längere Zeit krankgeschrieben sein. Ein Arztzeugnis hat sich über Beginn, Dauer und Grad der Arbeitsunfähigkeit zu äussern. Ausserdem geht daraus hervor, ob es sich um Krankheit, Unfall oder allenfalls Schwangerschaft handelt.

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Die genaue Diagnose fällt unter das Arztgeheimnis und muss der Arbeitgeberin auch im persönlichen Gespräch nicht mitgeteilt werden. Die Krankschreibung enthält das Datum und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Sie wird in doppelter Ausführung ausgestellt, einmal für die Krankenkasse mit Angabe der Erkrankung und einmal ohne diese Angabe für den Arbeitgeber.

Hinweis: Bitten Sie Ihre Arbeitnehmer, Arztzeugnisse mit Angaben darüber zu verlangen, für welche Art von Arbeit der Arbeitnehmer krankgeschrieben ist, bzw. welche Arbeiten trotz körperlicher Beeinträchtigung ausführbar sind und in welchem zeitlichen Umfang. Spezifikationen wie „stehende Arbeit“, „sitzende Arbeit“, „leichte Arbeit mit Wechselbelastung“ sind unproblematisch und helfen Ihnen als Arbeitgeber bereits weiter.

Arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit

Dieses Phänomen ist relativ neu, wird aber immer häufiger. Die betroffene Person ist in diesen Fällen einzig in Bezug auf ihre Arbeitsstelle arbeitsunfähig, beispielsweise, weil die blosse Anwesenheit eines bestimmten Mitarbeiters oder des Vorgesetzten psychische Stress- und Krankheitssymptome hervorruft.

In grösseren Unternehmungen kann ein Einsatz in einem anderen personellen Umfeld möglicherweise bereits Abhilfe schaffen. Wichtig wären dafür Arztzeugnisse, die eine entsprechende Differenzierung vornehmen. Doch leider sind sich Ärzte des juristischen Nutzens solcher Angaben kaum bewusst.

Gleiches gilt für Hinweise, welche Arbeiten ein Arbeitnehmer, der für seine normale Arbeit krankgeschrieben ist, grundsätzlich ausführen könnte.

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Beachten Sie: Wer rein arbeitsplatzbezogen krank ist (zum Beispiel wegen Mobbing) und in einem anderen Job voll arbeitsfähig wäre, geniesst gemäss Bundesgericht keinen Kündigungsschutz.

Was ist trotz Arbeitsunfähigkeit erlaubt?

Viele glauben, dass sie zu Hause im Bett bleiben müssen, wenn sie krankgeschrieben sind. In manchen Krankheitsfällen mag Bettruhe auch die sinnvollste Art der Genesung sein. In anderen Fällen ist dies jedoch keineswegs zwingend notwendig. Denn trotz Arbeitsunfähigkeit sind viele Dinge erlaubt.

Wer krank ist, darf selbstverständlich das Haus verlassen. Die Ausnahme ist natürlich, man befindet sich in Quarantäne aufgrund einer sehr ansteckenden Krankheit wie COVID-19. Eine Krankschreibung bedeutet aber grundsätzlich nicht Hausarrest. So sind Artbesuche selbstverständlich jederzeit erlaubt, genauso Einkäufe.

Auch ein Spaziergang an der frischen Luft ist grundsätzlich nicht verboten - sofern die Krankheit es zulässt. Mit einem gebrochenen Bein sollte man möglichst nicht Wandern gehen, da dies aus medizinischen Gründen die Genesung beeinträchtigt. Mit einer verstauchten Schulter hingegen sind ein paar Schritte an der frischen Luft kein Problem.

Burnout-Patienten etwa profitieren sicherlich vom Kontakt mit der Natur, welcher auf die Seele heilsam und kräftigend wirken kann.

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Schwieriger wird es hingegen, wer beim Feiern in der Disco erwischt wird. Bei vielen Krankheiten ist es schliesslich förderlich für den Genesungsprozess, sich zu bewegen und an die frische Luft zu gehen. Auch der Besuch eines Fitnessstudios oder eines Schwimmbads kann als Reha-Massnahme sinnvoll sein. Die Tätigkeit hängt immer vom therapeutischen Zweck ab.

Sie dürfen nichts machen, das als «genesungswidriges Verhalten» gilt. Bei dieser Vorgabe kommt es auch auf die Umstände an. Das Treffen mit einem Freund im Café ist nicht zwangsläufig als genesungswidriges Verhalten einzustufen, der Besuch eines Clubs inklusive exzessivem Alkoholkonsum jedoch schon.

Zweifel des Arbeitgebers

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber eine Krankschreibung anzweifeln, wenn er einen triftigen Grund dazu hat. Das Arztzeugnis ist hier das beste Beweismittel, jedoch kann auch dieses angezweifelt werden.

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer dazu auffordern, zu einem Vertrauensarzt zu gehen, wenn es objektive Anhaltspunkte gibt. Dazu zählt beispielsweise, dass er den Mitarbeiter beim Feiern gesehen hat, oder wenn sich die Krankschreibungen fortlaufend an Montagen häufen.

Die Kosten für die Untersuchung liegen beim Arbeitgeber. Die ärztliche Schweigepflicht greift auch hier: Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch darauf, die Diagnose zu erfahren. Ihm wird lediglich die Arbeitsunfähigkeit bestätigt bzw.

Wenn ein Arbeitgeber aufgrund von objektiven Anhaltspunkten ein Arztzeugnis anzweifelt, kann er einen Arbeitnehmer zum Besuch bei einem Vertrauensarzt auffordern. Objektive Anhaltspunkte sind z.B., wenn ein Arbeitnehmer regelmässig am Freitag fehlt.

Hinweis: Verweigert der Arbeitnehmer trotz (schriftlicher!) Abmahnung den Besuch beim Vertrauensarzt, so hat er keine Lohnfortzahlung mehr zugute!

Lohnfortzahlung

Sind Sie unverschuldet krankgeschrieben, sind Sie laut Obligationenrecht (OR) zur Lohnfortzahlung berechtigt. Das Gesetz besagt, dass Beschäftige bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit und wenn der Grund in der Person selbst liegt das Recht auf Lohnfortzahlung bei Krankheit haben.

Nach Ablauf der Probezeit ist dies auch nicht an eine bestimmte Anstellungsdauer geknüpft. Der Umfang von Lohnfortzahlungen hängt jedoch von Ihren Beschäftigungsjahren ab. Zudem gibt es kantonale Unterschiede. Einen diesbezüglichen Überblick finden Sie in der Basler, Berner und Zürcher Skala.

Üblich ist bei Schweizer Unternehmen auch, dass sie eine Taggeldversicherung abschliessen, welche gewöhnlich 80 bis 100 Prozent des Lohnausfalles für 720 Tage abdeckt.

Kündigungsschutz

Dennoch unterliegen Krankheit und Unfall einem besonderen Kündigungsschutz. Artikel 336c des Schweizerischen Obligationenrecht regelt, dass ein Arbeitnehmer im ersten Dienstjahr während maximal 30 Tagen nicht gekündigt werden darf.

Ab dem zweiten bis fünften Jahr sind es 90 Diensttage und ab dem sechsten Dienstjahr 180 Tage. Ausgenommen von diesem Schutz ist eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit mit physischem Zusammenhang. Trotzdem kann ein Arbeitgeber nur in seltenen Ausnahmefällen kündigen, etwa bei vorsätzlichem Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit.

Gemäss Artikel 336c OR sind Arbeitnehmer nach Ablauf der Probezeit in besonderem Masse vor einer Kündigung während Krankheit oder Unfall geschützt. So beläuft sich die Sperrfrist, in der eine Kündigung ausgeschlossen ist, im ersten Dienstjahr bereits auf 30 Tage.

Vom zweiten bis zum fünften Jahr geniessen sie diesen Schutz 90 Tage lang, anschliessend erhöht sich die Anzahl auf 180 Tage. Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während dieser Perioden ausspricht, ist ungültig.

Krankgeschrieben im Urlaub

Wer im Urlaub krank wird, kann sich mit einem Arztzeugnis die verlorenen Tage wieder anrechnen lassen. Wenn man vor Antritt einer Reise krank wird, darf man unter Umständen trotzdem in den Urlaub fahren. Das hängt nämlich davon ab, ob eine Reise trotz einer Krankheit möglich ist.

Mit einer Sehnenscheidenentzündung kann man zwar keine Computermaus bedienen, sich am Strand erholen geht dennoch. Wenn Sie im Urlaub krank werden, lassen Sie sich ein Arztzeugnis ausstellen. Denn nur nach dessen Vorlage beim Arbeitgeber dürfen Sie sich diese Tage anrechnen lassen, um sie dann zu einem anderen Zeitpunkt als Urlaub zu nehmen.

Der Grund liegt darin, dass Urlaub gemäss Gesetz zur Erholung dient und dieser Zweck nicht erfüllt ist, wenn Sie krank sind. Grundsätzlich gilt, dass Ihre Ärztin dies befürworten muss. In einigen Fällen kann eine Reise sogar als genesungsfördernd anerkannt werden, zum Beispiel bei einem Burnout.

Haben Sie lediglich eine leichte Erkrankung und treten Ihre Reise an, ist es möglich, dass Ihnen die entsprechenden Tage jedoch nicht gutgeschrieben werden, da sich in diesem Fall Krankheit und Erholung nicht mehr grundsätzlich ausschliessen.

Frühzeitige Wiederaufnahme der Arbeit?

Ein Arbeitgeber muss sich an die Anweisungen des Arbeitszeugnisses halten und darf seinen Mitarbeiter nicht vorzeitig wieder an den Arbeitsplatz zitieren. Fühlt man sich vorzeitig wieder gesund und möchte vor Ablauf der Krankenzeit wieder arbeiten, sollte man unbedingt Rücksprache mit dem Arzt halten.

Grundsätzlich dürfen Sie Ihre Arbeit aus freien Stücken wieder aufnehmen, wenn Sie sich gesund fühlen, auch wenn Sie noch krankgeschrieben sind. Um sicherzugehen, dass Sie damit Ihre Gesundheit nicht gefährden, ist ein erneuter Besuch bei Ihrem Arzt anzuraten, der Ihre Arbeitsfähigkeit bestätigen und Ihre Krankschreibung entsprechend verkürzen kann.

Fordert Sie hingegen Ihr Arbeitgeber auf, früher Ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen, obwohl Ihre Genesungszeit noch andauert, ist dies rechtswidrig.

Burnout und seine Behandlung

Burnout oder berufliche Erschöpfung ist durch einen schweren Zustand der Überforderung gekennzeichnet, der auf die schädlichen Auswirkungen der Art der Arbeit, ihrer Organisation oder ihres Umfelds zurückzuführen ist. Die Faktoren sind zahlreich: zu viel Arbeit, Anhäufung von Überstunden, Mobbing, Konflikte unter Kollegen ...

Menschen, die unter einem Burnout leiden, müssen oft krankgeschrieben werden. Die Krankschreibung ist ein wichtiger Teil der Burnout-Behandlung. Bei psychischen Erkrankungen und folglich auch bei einem Burnout wird meist eine besondere Art der Krankschreibung, die arbeitsplatzbezogene Krankschreibung, vorgenommen.

Bei einer solchen bezieht sich die Krankschreibung ausschliesslich auf den konkreten Arbeitsplatz und nicht auf die Leistungsfähigkeit ausserhalb davon. Das heisst, dass betroffene Personen durchaus dazu berechtigt sind, währenddessen arbeitsplatzunabhängigen Tätigkeiten nachzugehen.

Ausschliesslich medizinische Fachpersonen können krankschreiben. Eine zumindest graduelle Krankschreibung ist bei einer Burnout-Therapie für den Behandlungserfolg essenziell.

Umgekehrt ist es aber auch wichtig, dass betroffene Personen ihre Krankschreibung auch dafür nutzen, die vom Arbeitsplatz unabhängigen Ursachen des Burnouts zu bekämpfen und dass sie sich in eine professionelle Behandlung begeben. Eine Krankschreibungsperiode sollte nicht damit verbracht werden einfach abzuwarten, sondern stellt eine Möglichkeit dar, um an sich selbst und an seiner Lebenssituation zu arbeiten.

Gleichzeitig ist es auch nicht zu empfehlen, die ärztlich diagnostizierte Krankschreibung zu ignorieren und Überstunden zu machen oder vorzeitig ins Arbeitsleben wiedereinzusteigen.

In der begleitenden Psychotherapie setzt sich der Patient mit internalen und externalen Risiko- und Belastungsfaktoren auseinander. Hieraus können sich Einsichten ergeben für das Verständnis des abgelaufenen Erkrankungsprozesses wie auch der zu verändernden Arbeitsumstände.

Ein anderer, neuer Umgang mit den internalen Risikofaktoren muss zwangsläufig zu einem anderen Arbeits- und Freizeitverhalten führen.

Als Therapeut hatte ich manchmal den Eindruck, sehr grosszügig mit meinen Rekonvaleszenz- bzw. Krankschreibungs- Zeiten zu sein; viele Patienten wollten sehr viel schneller, bei gefühlter Besserung in der geschützen Umgebung einer Klinik, zurück an die Arbeit.

Es ist aber sowohl wichtig wie auch richtig, sich ausreichend viel Zeit zu nehmen. Alles in Allem sind 3-4 Monate nicht zu reichlich bemessen, eventuell eher zu knapp. Wenn Sie zusätzlich eine Depression gehabt haben, oder noch haben, müssen Sie sogar mit einer längeren Auszeit rechnen.

Schwierig ist es, sich mit der Krankschreibung bei einer Burnout-Erkrankung in der Öffentlichkeit zu bewegen. Sozialer Rückzug ist keine Alternative - im Gegenteil: die bisherige Vernachlässigung sozialer Kontakte erfordert aus therapeutischer Sicht geradezu die Intensivierung des Soziallebens.

Vorbeugung vor Burnout

Vorbeugung vor Burnout muss sowohl auf betrieblicher wie auf persönlicher Ebene geschehen. Die betrieblichen Kosten für den Burnout eines Mitarbeitenden sind so hoch, dass die Betriebe sinnvollerweise Vorsorge treffen sollten.

Wichtig ist, dass Manager im Interesse der Firma ihre Verantwortung für die körperliche wie auch für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden erkennen und übernehmen. Die Arbeitsmenge sollte zu bewältigen sein; es müssen ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen.

Arbeit sollte möglichst nicht mit nach Hause genommen werden. Auf ausreichende Freizeit ist zu achten; Urlaub muss genommen werden. Rollen, Verantwortungsbereiche und Entscheidungsspielräume sollten klar definiert sein.

Auf der individuellen Ebene sollte auf ausreichende Ruhezeiten geachtet werden. Eine gute Selbstfürsorge umfasst Zeiten der Entspannung, der körperlichen Betätigung durch Sport, Zeiten des bewussten Geniessens, die Pflege von Partnerschaft und Familie.

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