Fast jeder Mensch ist manchmal traurig, unglücklich oder lustlos, doch manchmal kommt man nicht mehr raus aus dem tiefen Loch: Etwa jeder Fünfte erkrankt einmal im Leben an einer Depression.
Der Weltgesundheitstag am Freitag will besser über die Krankheit aufklären und über Behandlungsmöglichkeiten informieren. Ein Überblick:
WORAN IST EINE DEPRESSION ZU ERKENNEN?
Eine Depression lässt sich klar von normalen Stimmungsschwankungen abgrenzen.
Als Kernsymptome gelten gedrückte Stimmung, Interessen- und Freudlosigkeit und Antriebsmangel, die über mindestens zwei Wochen anhalten.
Hinzu kommen weitere Symptome wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit mit Gewichtsverlust, Konzentrationsschwäche, Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, Energielosigkeit, vermindertes sexuelles Interesse oder auch Gedanken an den Tod.
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Ulrich Hegerl, Chef der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, spricht von einer «leisen Krankheit».
Viele Betroffene haben oft weder Hoffnung noch Kraft, sich professionelle Hilfe zu holen.
Auch körperliche Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme, Schmerzen oder Schwindel können vorliegen.
Bei jedem kann dies anders ausgeprägt sein. Unterschieden wird in leichte, mittelschwere und schwere Depressionen.
WIE ENTSTEHEN DEPRESSIONEN?
Das ist bisher nicht genau bekannt.
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Nach Angaben des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) wird davon ausgegangen, dass biologische Vorgänge, psychische Faktoren, die persönliche Situation und besondere Ereignisse im Leben dabei zusammenwirken.
WELCHE RISIKOFAKTOREN GIBT ES?
Beispiele sind traumatische Erlebnisse in der Kindheit wie Missbrauch, ferner Angststörungen, eine Alkohol-, Tabletten- oder Drogenabhängigkeit sowie Erkrankungen wie ein Schlaganfall, Krebs oder eine Schilddrüsenunterfunktion.
Manchmal stürzen auch tragische Ereignisse wie der Tod eines geliebten Menschen oder eine Trennung, anhaltender Stress oder Einsamkeit Menschen in ein Loch.
Auch biochemische Veränderungen können mitverantwortlich sein.
Bei einer Depression ist der Stoffwechsel im Gehirn verändert, Nervenreize werden langsamer übertragen.
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Auch bestimmte Botenstoffe und hormonelle Veränderungen können eine Rolle spielen.
GIBT ES EIN ERBLICHES RISIKO?
Eine Depression kann erblich mitbedingt sein.
Ein Hinweise darauf kann sein sein, dass die Erkrankung auch schon bei anderen Familienmitgliedern häufiger auftrat.
Die genetische Disposition spielt bei einer Depression insofern eine Rolle, als sie einen Anhaltspunkt bietet, wie gross die Durchschlagskraft der Krankheit in einer Familie ist.
Es gibt familiäre Häufungen von depressiven Erkrankungen, die auf eine erbliche Belastung mit erhöhtem Erkrankungsrisiko schliessen lassen.
Dieses Risiko steigt mit dem Verwandtschaftsgrad: Geschwister und Kinder (Verwandte ersten Grades) werden mit einer Wahrscheinlichkeit von 10-20% selbst krank.
Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass trotz dieser Belastung die Wahrscheinlichkeit gesund zu bleiben deutlich höher ist (80-90%).
Somit wird nicht die Erkrankung selbst vererbt, sondern das erhöhte Risiko, auf Belastungen mit einer Depression zu reagieren.
Das erhöhte Risiko besteht vermutlich darin, in einer erhöhten Anfälligkeit mit einer Depression auf (langandauernden) Stress oder belastende Lebensereignisse zu reagieren.
Es ist anzunehmen, dass die vielen verschiedenen Ausprägungen und Unterformen von Depressionen möglicherweise mit individuellen Mustern solcher Genvarianten zu tun haben könnten.
Allerdings fanden die Forscher bei den neurologischen Krankheiten viel weniger Überlappungen als bei den psychischen.
So liessen sich die Alzheimerkrankheit, Parkinson oder multiple Sklerose bezüglich ihrer genetischen Varianten zum Beispiel klar voneinander abgrenzen.
Jedoch gab es Gemeinsamkeiten zwischen einigen neurologischen und psychischen Erkrankungen wie eben bei Migräne und Depressionen.
Auch mit ADHS weist die Migräne Gemeinsamkeiten auf.
GENETISCHE FAKTOREN UND UMWELTEINFLÜSSE
Über die Ursachen allerdings gibt es bis heute wenig gesicherte Erkenntnisse.
Sowohl biologische, psychologische als auch soziale Faktoren wirken bei der Entstehung einer Depression mit, beeinflussen sich womöglich gegenseitig noch ungünstig.
Eine Depression entsteht zumeist aus dem Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren. Wie wichtig die einzelnen Faktoren bei der Entstehung einer Depression sind, ist individuell unterschiedlich.
Als Auslöser wirken oft sehr belastende Ereignisse, Verluste oder Überforderungssituationen, auf welche Betroffene sensibler reagieren als andere Personen.
Als grundlegendes Paradigma wird in der klinischen Psychologie das Vulnerabilitäts-Stress-Modell verwendet.
Die Vulnerabilität beschreibt dabei die individuelle Anfälligkeit eines Menschen, an einer psychischen Störung zu erkranken.
Diese kann unter anderem genetisch aber auch durch Lernerfahrungen wie zum Beispiel kindliche Traumata oder emotionale Vernachlässigung bedingt sein.
Bei erhöhter Vulnerabilität reichen bereits geringere aktuelle oder chronische Belastungen aus, um einen Krankheitsausbruch zu bewirken, während bei geringer Vulnerabilität die Belastungen dementsprechend grösser sein müssen.
Diese Schwelle zum Krankheitsausbruch wird durch unterschiedliche Risiko- und Schutzfaktoren (zum Beispiel die soziale Unterstützung aus dem Umfeld) beeinflusst.
Im Folgenden werden sowohl psychosoziale als auch biologische Aspekte betrachtet, welche eine zentrale Rolle bei der Entstehung einer Depression spielen können.
Die beiden Aspekte schliessen sich dabei nicht aus, sondern ergänzen sich im Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Modells.
Eine Depression ist somit nicht entweder psychosozial oder biologisch bedingt, sondern ein beidseitiges Zusammenwirken.
Psychosoziale Aspekte
Tiefgreifende Lebensereignisse, welche mit einem Verlust oder Rollenwechsel zusammenhängen (wie zum Beispiel das Elternwerden oder die Berentung), können das Risiko für eine Depression erhöhen.
Auch anhaltende Stressbelastungen, wie beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz, Langzeitarbeitslosigkeit oder Konflikte in der Familie begünstigen eine Depression.
Ähnlich wie bei der erlernten Hilflosigkeit sind auch bei kognitiven Schemata negative Lebenserfahrungen für eine Depression ursächlich.
Kognitive Schemata sind Muster, wie Informationen von Personen verarbeitet werden.
Personen mit einer Depression verwenden dabei vor allem dysfunktionale Schemata, welche die wahrgenommene Realität zu sich selbst, der Welt und der Zukunft negativ verzerren.
Biologische Aspekte
Eine Depression ist zwar nicht direkt vererbbar, jedoch können bestimmte genetische Merkmale das Risiko für eine Erkrankung erhöhen.
Ein Beispiel dafür ist das FKBP5-Gen, welches die Kontrolle über das Stresshormonsystem blockiert und so zu einer überschießenden Stressantwort führen kann.
Ebenfalls beteiligt sind bestimmte Botenstoffe (Neurotransmitter), welche für das Zusammenspiel und Kommunikation der Zellen im Körper wichtig sind.
Bei einer Depression sind Botenstoffe wie zum Beispiel Serotonin und Noradrenalin, welche die Stimmung positiv beeinflussen, im Ungleichgewicht.
Diese Erkenntnis gilt als Erklärungsmodell für die Wirkung der Medikamentengruppe der Antidepressiva.
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