Soziale Angststörung: Symptome, Ursachen und Behandlung

Manche tun alles, um Blicken und Kritik aus dem Weg zu gehen. Doch wann wird es gefährlich? Jede siebte Person erkrankt im Verlauf ihres Lebens an einer sozialen Angststörung, wobei Frauen rund anderthalb Mal häufiger betroffen sind als Männer.

Was ist eine soziale Angststörung?

Soziale Phobie oder Soziophobie ist eine psychische Angststörung, bei der Betroffene soziale Situationen vermeiden. Laut der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD10 ist die Ursache die Angst vor Aufmerksamkeit und die Furcht, sich peinlich und beschämend zu verhalten. Im Zentrum steht das negative Kopfkino in Bezug auf sich selber - ohne Basis in der Realität.

Es gibt Formen von sozialer Angst, die wir alle kennen und die völlig unbedenklich sind. Wenn die Angst aber so gross wird, dass wir unser Leben nicht mehr wie gewohnt führen können, spricht man von einer sozialen Angststörung.

Symptome einer sozialen Angststörung

Eine Angststörung kann mit einer Vielzahl von Symptomen auftreten. Im Folgenden werden die typischen körperlichen und psychischen Symptome aufgelistet:

  • Körperliche Symptome:
    • Erhöhte Herzfrequenz und Blutdruck
    • Zittern, Schwindel, Schweissausbrüche
    • Atembeschwerden
    • Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder auch Durchfall
  • Psychische Symptome:
    • Gefühl von Unwirklichkeit und Verlust der Kontrolle bis zur Angst zu sterben
    • Ohnmachtsgefühl
    • Angst vor negativer Beurteilung durch andere Menschen
    • Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich zu blamieren

Oft besteht die Sorge, dass die körperlichen Angstsymptome für andere Personen sichtbar sind, weshalb die körperlichen Symptome die Angst vor der Beurteilung anderer Menschen zusätzlich verstärken. In vielen Fällen wird die Angst mit der Zeit so schlimm, dass Betroffene die gefürchteten Situationen komplett vermeiden und dafür teils auch deutliche Nachteile in Kauf nehmen.

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Somit kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einem zunehmenden Vermeidungsverhalten, im schlimmsten Fall bis hin zur sozialen Isolation.

Typische Auslösesituationen

Typische Auslöse-Situationen von sozialer Angst sind:

  • Reden vor Publikum / Vorträge / Präsentationen
  • Fremde Leute treffen oder ansprechen
  • Ein Gespräch / Small Talk führen
  • Gemeinsames Essen mit anderen Menschen

Ursachen und Risikofaktoren

Wir gehen heute davon aus, dass eine Kombination von sozialen, psychologischen und biologischen Faktoren soziale Angststörungen auslöst und aufrechterhält. Zu den sozialen Faktoren gehören etwa übertrieben hohe Standards und Überzeugungen wie «Ich darf keine Schwächen zeigen».

Angststörungen entwickeln sich aus einer Kombination von mehreren möglichen Ursachen (u.a. reale Gefahrensituation, chronischer negativer Stress, zwischenmenschliche Konflikte, Vorbilder und Prägungen in der Lebensgeschichte, erbliche Belastungen) und meist in der Folge eines auslösenden, kritischen Lebensereignisses. Danach breiten sich die Ängste (und das Vermeidungsverhalten) auf immer mehr Lebensbereiche aus.

Weitere Risikofaktoren:

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  • Schwierige Kindheitserfahrungen
  • Vielfältige Belastungen im Leben
  • Genetische Faktoren
  • Wenige soziale Beziehungen
  • Traumatische Erlebnisse

Diagnose

Im Zentrum der Diagnostik steht das Gespräch mit Fachleuten. Die Diagnose einer sozialen Phobie wird in einem Gespräch mit der betroffenen Person basierend auf spezifischen Kriterien gestellt. Dabei ist es wichtig, dass auch körperliche Ursachen für die angsttypischen Symptome ausgeschlossen werden.

Kriterien für die Diagnose:

  1. Eine erkennbare Unangemessenheit der Angst in der Situation.
  2. Die Angstreaktion ist deutlich länger vorhanden, als sie notwendig wäre.
  3. Das erlebte Angstgefühl ist für den Patienten weder erklärbar noch kontrollierbar.
  4. Durch die ständige Angst wird das Leben deutlich beeinträchtigt.
  5. Die Angst führt zu einer Hemmung im Kontakt mit anderen Menschen.

Neben diesen ausführlichen Gesprächen zählen bei Bedarf auch testpsychologische sowie körperliche Untersuchungen (inklusive Routinelabor und EKG) zu den Massnahmen der Diagnose. Am wichtigsten ist es ärztliche Hilfe zu suchen, sobald Ängste ausser Kontrolle geraten.

Behandlungsmöglichkeiten

Es bestehen gute ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten, bei frühem Behandlungsbeginn sind in der Regel rasch gute Ergebnisse zu erzielen. Therapie der ersten Wahl ist die Psychotherapie. Dabei kommen verschiedene Verfahren in Frage, die individuell auf die konkrete Situation zugeschnitten werden.

Psychotherapeutische Verfahren:

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  • Kognitive Verhaltenstherapie
  • Psychodynamische Psychotherapie
  • Expositionstherapie

Tatsächlich zeigt die Forschung, dass Online-Selbsthilfeprogramme wirksamer sind, wenn Betroffene daneben von Therapeutinnen unterstützt werden. Ob das online oder live geschieht, spielt aber nach heutigem Kenntnisstand keine Rolle. Bei Therapien wird neuerdings auch Virtual Reality verwendet.

Medikamentöse Behandlung:

Eine soziale Phobie behandeln Ärzte in der Regel mit selektiven Serotonin- oder Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRIs/SNRIs), wie zum Beispiel Paroxetin oder Venlafaxin.

Der Einsatz hochwirksamer angstlösender Medikamenten darf nur in Krisen und nur kurzfristig erfolgen wegen des Suchtpotentials dieser Präparate.

Weitere Hilfestellungen:

  • Entspannungstechniken (z.B. progressive Muskelentspannung nach Jacobson)
  • Selbsthilfegruppen
  • Austausch mit Gleichbetroffenen

Der wichtigste Schritt ist, sich professionelle Hilfe zu holen. Unser neues Behandlungsprogramm Shyne hat sich bereits in mehreren Studien als wirksam erwiesen. Wir untersuchen nun die Wirkmechanismen.

Was kann man selbst tun?

  • Szenarien durchdenken: Aufschreiben, wovor man sich konkret fürchtet. Sich dann überlegen, was die schlimmstmöglichen Folgen sind, falls die befürchtete Situation eintreten sollte.
  • Gedanken reflektieren: Bei Ängsten überlegen, wie realistisch sie sind. Welche Beweise und Gegenbeweise gibt es dafür?
  • Erkennen, dass sich ein Gedankenmuster stets wiederholt. Ergründen, woher es stammt. Da kann eine psychosoziale Beratung hilfreich sein.

Wichtige Themen sind dabei die Erkennung des Eigenwertes, also das eigene Potenzial zu entdecken und auszuleben. Das bedeutet, interessante und erfüllende Aufgaben zu haben. Fragen dazu: Wo bin ich gut? Wo bin ich stark? Was mache ich gerne? Nächster Punkt: sich selber sein und die Selbstliebe.

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