Depressionen sind mit die häufigsten psychischen Erkrankungen. Bis zu 15% aller Menschen erkranken einmal im Leben. Depressionen treten in allen Altersklassen und sozialen Schichten auf. Depressionen können zwar in jeder Lebensphase auftreten, auch schon bei Kindern, im Alter über 65 Jahren steigt das Risiko aber deutlich.
Was genau die Ursachen für Depressionen sind und was dabei im Körper passiert, ist noch unklar - doch einige Zusammenhänge und Risikofaktoren sind bekannt. Tatsächlich ist die Krankheit sehr komplex und Forschende haben längst noch nicht alle Fragen zu den Ursachen geklärt.
Risikofaktoren und Ursachen von Depressionen
Die Entstehung einer Depression ist in der Regel multifaktoriell, d.h. es lässt sich nicht eine einzige Ursache finden. Mediziner gehen davon aus, dass dabei immer mehrere Faktoren zusammenspielen. Dazu gehören biologische, genetische und psychosoziale Auslöser. Wie gross der Einfluss der verschiedenen Faktoren ist, ist von Fall zu Fall verschieden.
Genetische Veranlagung
Die genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Depressionen. Zwillings- und Adoptionsstudien haben gezeigt, dass Depressionen auch eine genetische Wurzel haben. Die unterschiedlich hohen Risiken zwischen Menschen lassen sich zu bis zu 40 Prozent durch die Gene erklären. Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist um 50 Prozent höher, wenn andere Blutsverwandte ersten Grades bereits erkrankt sind.
Wenn also etwa eine Mutter an einer depressiven Störung leidet, ist dies ein Risikofaktor für das Kind - besonders dann, wenn die Störung bereits in einem frühen Alter auftrat.
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Vulnerabilität
Die Vulnerabilität, zu deutsch Verletzlichkeit, beschreibt, wie anfällig ein Mensch für eine seelische Störung ist. Bei Menschen mit hoher Vulnerabilität zieht schon wenig Stress möglicherweise eine Depression nach sich. Ist die Vulnerabilität dagegen gering, schaffen es Menschen, auch sehr belastende Ereignisse gut zu bewältigen. Solche Personen bezeichnet man als resilient, also widerstandsfähig.
Erheblichen Einfluss haben dazu die Erfahrungen, die ein Mensch in seinem Leben gemacht hat. Ein besonders grosses Risiko, eine Depression zu entwickeln, haben beispielsweise Personen, die traumatische Erlebnisse wie Missbrauch oder Vernachlässigung in der Kindheit erlebt haben.
Gestörter Botenstoffwechsel im Gehirn
Nervenzellen im Gehirn kommunizieren untereinander über elektrische Impulse und Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter. Es gibt Hinweise darauf, dass dieser sogenannte Hirnstoffwechsel während einer Depression verändert ist. So ist ein gestörter Noradrenalin- oder Serotoninspiegel im Gehirngewebe möglicherweise mitverantwortlich für eine Depression. Sind diese Botenstoffe nicht im Gleichgewicht, stört das den Austausch zwischen den Nervenzellen.
Fehlregulierte Stresshormone
Andere Erklärungsansätze bezüglich der Ursache von Depressionen sehen eine Fehlregulation der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol im Mittelpunkt. Studien haben herausgefunden, dass Menschen mit Depressionen häufig eine gestörte Regulation der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol haben. Insbesondere hat man bei depressiven Menschen einen erhöhten Cortisolspiegel festgestellt. Ein solcher kommt als Auslöser einer Depressionserkrankung infrage, aber auch als deren Folge. Das führt unter anderem dazu, dass die Konzentration des Cortisols im Gehirn stark ansteigen kann. Zu viel Cortisol kann dann wiederum zu Symptomen führen, die für eine Depression typisch sind.
Das zeigt sich auch in der Praxis: Chronischer Stress am Arbeitsplatz war in Studien ein klarer Risikofaktor für Depressionen. Und auch starker oder dauerhafter Stress in der Kindheit kann dazu beitragen, dass später Depressionen entstehen.
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Stress als Auslöser
Stress spielt bei der Entstehung einer Depression eine entscheidende Rolle. Umgekehrt verursacht eine Depression auch selbst Stress - beispielsweise, weil durch die Erkrankung viel Lebensqualität verloren geht. Manche Lebensphasen sind per se mit verstärktem Stress verbunden. Dazu gehören beispielsweise die Pubertät oder der Eintritt in die Rente. In solchen Phasen steigt daher das Depressionsrisiko.
Auch einschneidende Lebensereignisse sind belastend. Dazu gehören negative Erfahrungen wie Jobverlust, Trennung oder eine schwere Krankheit. Allerdings verursachen auch positive Ereignisse Stress: So steigt bei einer Beförderung, der Geburt eines Kindes oder einer Hochzeit ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken.
Negative Denkmuster
Es sind nicht immer das Schicksal oder die Gene: Auch die persönliche Lebenseinstellung hat einen Einfluss auf das Depressionsrisiko. Menschen, die schlecht von sich und über die Welt denken und für die Zukunft schwarz sehen, werden eher depressiv. Ein gutes Selbstwertgefühl und Optimismus schützen hingegen vor Depressionen.
Geschlecht
Frauen erkranken etwa doppelt so häufig an einer Depression wie Männer. Eine mögliche Erklärung ist, dass Frauen aufgrund hormoneller Schwankungen gefährdeter sind. Solche Hormonschwankungen treten etwa im Laufe des Menstruationszyklus sowie während und nach einer Schwangerschaft auf.
Hinzu kommt, dass Depressionen bei Männern seltener entdeckt werden. Manche scheuen sich, Schwäche zu zeigen und Hilfe zu suchen. Sie haben aber auch zum Teil untypische Symptome wie aggressives und exzessives Verhalten, was die Diagnose erschwert.
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Körperliche Erkrankungen
Manche körperlichen Krankheiten begünstigen eine Depression. Besonders Erkrankungen des Gehirns sowie Hormonstörungen beeinflussen die Gefühlswelt. Zum Beispiel kann eine Schilddrüsenunterfunktion den Hormonhaushalt des ganzen Körpers durcheinanderbringen und so auch massiv die Stimmung beeinflussen. Zu letzteren zählen etwa Schilddrüsenunter- und Schilddrüsenüberfunktion oder das sogenannte Cushing-Syndrom, bei dem die Nebennieren zu grosse Mengen an Cortisol ausschütten - die Folge ist oft eine depressive Phase.
Schwere und chronische Krankheiten sind zudem eine Dauerbelastung für die Psyche. So entwickeln Menschen, die unter Krebs, schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes leiden, häufig Depressionen. Möglich ist zudem, dass die zur Behandlung eingesetzten Medikamente oder mit der Krankheit verknüpfte physiologische Prozesse das Depressionsrisiko erhöhen.
Medikamente und Drogen
Die Einnahme bestimmter Medikamente schlägt gelegentlich ebenfalls auf die Stimmung. Drogen können ebenfalls einen Einfluss haben.
Behandlung von Depressionen
Eine Depression ist eine Erkrankung, die nicht einfach durch Willenskraft überwunden werden kann und ist damit nicht Ausdruck von Schwäche oder Schuld. Eine optimale medizinisch-therapeutische Versorgung kann aber nur nach einer eindeutigen Diagnose erfolgen.
Nach der Diagnosestellung werden die verfügbaren Behandlungsoptionen gemeinsam besprochen. Die Therapieentscheidung wird stets auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Betroffenen abgestimmt. Eine optimale Therapie kombiniert im Idealfall eine Psychotherapie mit einer symptomorientierten medikamentösen Behandlung, falls eine solche erforderlich ist.
Psychotherapie
Gute Ergebnisse verspricht häufig eine Verhaltenstherapie. Die analytische Psychotherapie basiert auf Sigmund Freud. Hierbei geht es darum, nicht bewältigte Konflikte oder traumatische Erlebnisse aus früherer Zeit (beispielsweise der Kindheit) zu verarbeiten. Bei der Gesprächstherapie entsteht ein enges und vertrautes Verhältnis zwischen Therapeut oder Therapeutin und Patient oder Patientin.
Medikamentöse Behandlung
Bei schweren Depressionen unterstützen häufig Psychopharmaka die Therapie, meist Antidepressiva. Sie wirken nicht sofort, sondern oft erst nach zwei, manchmal auch erst nach drei, vier oder fünf Wochen. Antidepressiva beeinflussen die Neurotransmitter, die Botenstoffe im Gehirn. Das sind vor allem Serotonin und Noradrenalin.
Es gibt verschiedene Arten von Antidepressiva:
- Tri- und tetrazyklische Antidepressiva: Sie hemmen den Abbau der Botenstoffe in den Nervenzellen.
 - SSRI/SSNRI: Diese Antidepressiva sorgen ebenfalls dafür, dass Nervenzellen die Botenstoffe langsamer abbauen.
 - MAO-Hemmer: Sie unterdrücken die Wirkung des Enzyms Monoaminoxidase (MAO), das die Botenstoffe im Gehirn abbaut.
 - Lithium: Nur, wenn andere Medikamente nicht helfen, setzen wir Lithium ein. Es verstärkt oft die Wirkung anderer Antidepressiva.
 - Johanniskraut: Bei einer leichten Depression hilft oft Johanniskraut.
 
Wenn sich die erkrankte Person deutlich besser fühlt, sollte sie das Antidepressivum noch einige Monate lang weiter nehmen.
Weitere Therapieansätze
Neben der Behandlung mit biologischen und psychotherapeutischen Verfahren sind Entlastung im Alltag, ressourcenorientierte Aktivierung und Unterstützung in Krisen wichtige Therapiebestandteile der stationären Behandlung. Diese können ergänzt werden durch komplementäre Methoden (z.B. Aromatherapie, Massagen, Ohrakupunktur). Die antidepressive und stressregulierende Wirkung von Bewegung wird in der Bewegungs- und Physiotherapie genutzt.
Hilfe suchen
Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Depression zu leiden, zögern Sie nicht, Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt anzusprechen! Hausärzt*innen sind häufig die ersten Ansprechpartner und können bei Bedarf an Fachärzt*innen und Psychotherapeut*innen überweisen. Hilfe, Beratung und Kontakte erhalten Sie ausserdem durch den sozialpsychiatrischen Dienst an Ihrem Wohnort.
Viele depressive Patientinnen und Patienten quält die Tatsache, dass sich ihre Krankheit - etwa im Unterschied zu einem Knochenbruch - nicht „beweisen“ lässt. Eine Depression kann jede und jeden treffen. Sich Hilfe und Unterstützung zu suchen, fällt vielen Menschen jedoch schwer.
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