Depressionen nach Corona: Ursachen und Auswirkungen

Die COVID-19-Pandemie hat das Leben der Menschen weltweit stark beeinflusst und zu einer deutlichen Umstellung des privaten, öffentlichen und beruflichen Lebens geführt. Die Pandemie belastet Geimpfte und Ungeimpfte auf verschiedene Art und Weise.

Psychische Belastung während der Pandemie

Die psychische Belastung der Bevölkerung hat sich während der Pandemie noch einmal verstärkt. Die neueste Umfrage der Swiss Corona Stress Study der Universität Basel zeigt, dass die psychische Belastung in der Pandemie nach wie vor hoch ist. Die Resultate beziehen sich auf den Erhebungszeitraum vom 16.-28. November 2021. In diesem Zeitraum haben 11’167 Personen aus der gesamten Schweiz an der anonymen Online-Umfrage teilgenommen.

Bei den Belastungsfaktoren, die mit dem subjektiven Stressempfinden zusammenhängen, gibt es grosse Unterschiede zwischen der Gruppe der Geimpften und der Gruppe der Ungeimpften. Die Belastung durch Konflikte in der Familie, unter Freunden und am Arbeitsplatz wegen Coronamassnahmen oder der Impfung ist sowohl bei Geimpften als auch bei Ungeimpften hoch. Ebenfalls grosse Unterschiede - hier allerdings mit höherer Belastung unter Geimpften - gibt es bei der Angst rund um die gesundheitlichen Konsequenzen von Covid-19, wie etwa die Sorge, dass jemand aus dem engsten Umfeld ernsthaft erkranken könnte.

Der Anteil von Befragten mit schweren depressiven Symptomen beträgt 19 Prozent, wobei der Impfstatus keine relevante Rolle spielt. Schwere depressive Symptome sind in der jüngsten Gruppe (14 bis 24 Jahre) mit einem Anteil von 33 Prozent am häufigsten. Bei Teilnehmenden, die eine Schule oder Hochschule besuchen, hängen die depressiven Symptome am stärksten mit Stress durch Leistungsdruck zusammen.

Stress als Reaktion auf die Pandemie

Besonders die Unvorhersehbarkeit der Situation macht es für uns Menschen schwierig, adäquat darauf zu reagieren. Die Reaktion ist Stress. Stress ist eine normale, sogar überlebenswichtige Reaktion auf eine reale Gefahr. Es entstehen emotionale Reaktionen wie Angst, Gereiztheit und Ärger.

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Kurzfristig führt Stress zu einer Anspannung. Die Stimmung ist gedrückt und man fühlt sich freudlos. Ein häufiges Stresssymptom ist die Schlaflosigkeit. Dieses begünstigt anschliessend emotionale Reaktionen wie Wut, Ärger, Sorgen und Angstzustände. Langfristig können sich diese Stresssymptome manifestieren und zu einer psychiatrischen Störung führen.

Häufige psychiatrische Krankheitsbilder im Zusammenhang mit Stress:

  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
  • Angststörungen
  • Anpassungsstörungen
  • Somatisierungsstörungen
  • Suchterkrankungen
  • Depressionen mit Suizidalität

Belastungsstörungen sind eine Gruppe von psychiatrischen Erkrankungen, welche bei Menschen im direkten Zusammenhang mit einem oder mehreren belastenden Lebensereignissen, wie z.B. COVID19-Pandemie, stehen.

Long Covid und psychische Gesundheit

Nach einer Infektion mit dem SARS CoV-2-Virus kommt es zu ganz unterschiedlichen Krankheitsverläufen. Bei den einen klingt die Erkrankung schnell ab, andere leiden bis heute an Langzeitfolgen und gesundheitlichen Problemen. In diesem Fall spricht man vom Long-Covid-Syndrom.

Gehirnnebel, Konzentrationsschwäche, Lethargie bis hin zu Depressionen sind mögliche Symptome bei Long Covid. Ein Team um Liuliu Yang vom Center for Genomic Health in New York hat nun herausgefunden, dass Corona Nervenzellen infizieren kann, die Dopamin produzieren. Die Forschenden stellten fest, dass infizierte Neurone die Dopamin-Produktion einstellten und chemische Signale aussendeten, die Entzündungen verursachen.

Die mit Long Covid verbundenen neurologischen Symptome können von zahlreichen Faktoren gleichzeitig beeinflusst sein. Den Forschenden zufolge spielen etwa auch der Krankheitsverlauf und die genetische Veranlagung des Patienten eine Rolle.

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Symptome von Long-Covid:

  • Erschöpfung
  • Sehr geringe Belastbarkeit
  • Schneller Puls bei geringer Belastung
  • Husten oder Atemnot
  • Verlust des Geschmack- oder Geruchsinns
  • Kopfschmerzen
  • Muskel- oder Gelenkschmerzen
  • Schlafstörungen, grosser Schlafbedarf
  • Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen
  • Depression und Angst

Auswirkungen einer Corona-Infektion auf die Psyche

Die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose einer psychischen Erkrankung war im ersten Jahr nach der Infektion um rund 46 Prozent erhöht. Covid-Genesene litten unter Depressionen und Angststörungen, Schlafstörungen, sogenannten Stress- und Anpassungsstörungen. Hinzu kamen eine Abnahme der kognitiven Funktionen, was mit einer reduzierten geistigen Leistungskraft einhergeht, sowie Suchterkrankungen.

Entsprechend höher war der Anteil an Neuverordnungen von Psychopharmaka: Sie lag bei Antidepressiva um 55 Prozent höher, bei Benzodiazepinen, die gegen Ängste eingesetzt werden, um 65 Prozent. Am stärksten stieg die Erstverschreibung von Schlafmitteln (80 Prozent) und Opioiden (76 Prozent).

Umgang mit psychischen Problemen nach einer Corona-Infektion

Wer eine Sars-CoV-2-Infektion durchlebt, sollte unabhängig von der Schwere des Verlaufs seinen seelischen Zustand im Blick behalten und anbahnende Probleme nicht auf die leichte Schulter nehmen. Fühlt man sich ungewöhnlich niedergeschlagen oder ängstlich oder greift man häufiger zu legalen Drogen wie Alkohol oder illegalen Substanzen, sollte man sich zeitnah Hilfe suchen. Je früher bei psychischen Störungen interveniert wird, desto kürzer ist der Leidensweg - und desto besser sind die Chancen auf eine psychische Stabilisierung.

Denkbar ist aber auch, dass eine Sars-CoV-2-Infektion über physiologische Mechanismen direkt auf die psychische Gesundheit einwirkt. Daran könnten unter anderem Entzündungsbotenstoffe beteiligt sein, die direkt die Hirnfunktionen beeinflussen.

Prävention und Unterstützung

Aufgrund der COVID19-Pandemie ist mit einer Zunahme von psychiatrischen Krankheitsbildern zu rechnen. Viele Gesundheitsinstitutionen haben ihr Angebot so angepasst, dass die Grundversorgung trotz Kontaktbeschränkungen und Sicherheitsmassnahmen aufrechterhalten werden können (z.B. digitale Vorgespräche oder Therapiesitzungen), zudem werden neue Wege beschritten, um auf die veränderte Situation zu reagieren (z.B. moderierte Selbsthilfegruppen im virtuellen Raum).

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Die Forschenden empfehlen Betroffenen mit belastenden depressiven Symptomen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese wird angeboten unter der Telefonnummer 143, für Kinder und Jugendliche 147, oder bei psychologischen und psychiatrischen Fachpersonen.

Präventivmassnahmen bei Belastungsstörungen werden in drei Gruppen unterteilt:

  1. Primärprävention: Vermeidung von Krankheiten durch die Bekämpfung der Ursachen.
  2. Sekundärprävention: Früherkennung von Krankheitsbildern und deren Behandlung.
  3. Tertiärprävention: Vermeiden der Folgestörungen.

Burnout und Long Covid

Long Covid hat diverse Symptome, die sich mit Burnout und Depression überschneiden, wobei das Leitsymptom chronische Müdigkeit ist. Mentale und physische Betätigung ist kaum möglich und während körperliche Betätigung bei Depression und Burnout zur Besserung führt, führt es hier zur Verschlechterung der Symptome. Personen mit Long-Covid haben häufig Überschneidungen mit depressiven bzw. Burnout Symptomen.

Was tun für die psychische Gesundheit?

Genügend körperliche Aktivität, am besten draussen in der Natur, eine ausgewogene Ernährung und genügend Schlaf sind wichtige Grundpfeiler. Weitere positive Aktivitäten, welche das Befinden stärken, sind ebenfalls sinnvoll. Hierzu ist es auch wichtig, sich nicht andauend mit neuen Corona-Meldungen aus den Medien einzudecken, sondern den Medienkonsum bewusster zu gestalten. Es kann auch sinnvoll sein, einmal ein paar Tage keine News zu lesen. Trotz der Einschränkungen ist es sehr zu empfehlen, die wichtigsten und positivsten sozialen Kontakte weiter gut zu pflegen. Wenn nötig auch auf Distanz.

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