Depressionen und Angstzustände: Behandlungsmöglichkeiten

Depressive Störungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und verlaufen in Episoden, die von psychischen, körperlichen und sozialen Beeinträchtigungen begleitet sind. Die häufigsten Symptome umfassen anhaltende gedrückte, depressive Stimmung, Antriebsminderung, erhöhte Ermüdbarkeit sowie Verlust von Freude und Interesse. Zusätzlich können weitere Symptome wie vermindertes Selbstwertgefühl, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, verminderter Appetit und Libido, sozialer Rückzug oder Suizidgedanken auftreten.

Angststörungen gehören ebenfalls zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Seit der Pandemie hat die Zahl der Betroffenen zugenommen. Das Gefühl der Angst ist vielseitig und kann sich auf alles Mögliche beziehen. Menschen können Angst vor Trennung oder Krankheiten haben. Bei Phobien ist die Angst zielgerichtet: So kennen wir beispielsweise die Angst vor Spinnen, vor belebten Plätzen oder engen Räumen. Heute besonders ausgeprägt sind Zukunftsängste verschiedenster Art.

Was unterscheidet normale Angst von einer Angststörung?

Wir alle haben manchmal Angst. Wenn Gefahr droht, ist das durchaus sinnvoll: Der Körper wird durch die Angst in Alarmbereitschaft versetzt, damit wir schneller reagieren können. Auch Sorgen um unsere Arbeit, Freunde oder die Familie können hilfreich sein. Sie bringen uns dazu, überlegt und vorsichtig zu handeln, entsprechend vorzusorgen und dadurch schwierige Situationen zu vermeiden.

Angst wird dann zu einer Störung, wenn sie übertrieben, unrealistisch und grundlos ist. Betroffene machen sich dann fast ständig und über alles Sorgen. Die Angst überschattet die Gedanken, wird zum ständigen Begleiter und belastet die Betroffenen fast rund um die Uhr. Einige plagt am Ende sogar die «Angst vor der Angst». Diese ständigen Befürchtungen schränken die Menschen im täglichen Leben deutlich ein.

Bei Angst reagiert der Körper: Adrenalin wird freigesetzt, das Herz klopft schneller und pumpt mehr Blut in die Gefässe. Wir beginnen zu schwitzen. Viele glauben, keine Luft mehr zu bekommen oder dass das Herz stehen bleibt. Betroffene nehmen diese körperlichen Symptome viel stärker wahr als sie tatsächlich sind - was die Angst noch zusätzlich verstärken kann.

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In der Diagnostik unterscheidet man zwischen Ängsten mit konkretem Auslöser, den Phobien, und solchen ohne direkten Auslöser wie Panikattacken oder generalisierte Angststörungen.

Zusammenhang zwischen Depressionen und Angststörungen

Für viele Betroffene gehen Panikattacken und Depressionen Hand in Hand. Innere Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten, Zukunftsängste… All dies sind typische Symptome, die sowohl bei einer Angststörung als auch einer Depression auftreten können. Doch auch unabhängig von einer psychischen Erkrankung können diese Erscheinungen kurzfristig und situationsbedingt auftreten.

Kurzfristige Stimmungstiefs sind ganz normal und werden von jedem Menschen erlebt. Eine Depression - oder auch depressive Störung genannt - ist eine psychische Krankheit, bei der Betroffene über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen hinweg gar keine positiven Gefühle empfinden können. Stattdessen herrschen Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit vor.

Auch Angst ist ein normales, menschliches Gefühl, welches in bestimmten Situationen auftreten kann. Wenn diese Angstzustände jedoch übermässig intensiv und lang werden, kann das auf eine Angststörung hindeuten. Insbesondere, wenn der Alltag wegen der Angst angepasst werden muss oder die Angst wiederholt in Situationen auftritt, in denen nach menschlichem Ermessen gar keine Gefahr besteht.

Diese Angst kann sich in Form einer Panikattacke zeigen. Sie geht mit körperlichen Symptomen wie beispielsweise Herzrasen, Schwindel, Zittern, Schweissausbrüchen, verminderter Belastbarkeit oder auch Beschwerden im Magen-Darm-Trakt einher. Bei einer Angststörung kann zudem die Fähigkeit, persönliche Ziele zu verfolgen, Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten sowie berufliche und schulische Verpflichtungen zu erfüllen, beeinträchtigt sein.

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Der Unterschied zwischen einer Depression und einer Angststörung zeigt sich vor allem in Ihrer emotionalen Lage. Während Personen mit einer depressiven Störung kaum in der Lage sind, Freude oder andere positive Emotionen zu empfinden, können Betroffene von Angststörungen durchaus auch Glücksgefühle oder Spass empfinden.

Die für eine Depression typischen negativen Gedanken können zu Ängsten führen oder die Angst verstärken. Dies betrifft typischerweise Ängste vor der Zukunft oder vor dem Versagen. Depressionen können aber auch die Fähigkeit des Körpers, mit Stress umzugehen, beeinträchtigen.

Entweder haben Betroffene so starke Ängste, dass sie sich aus ihrem sozialen Umfeld zurückziehen und den Dingen, die ihnen Freude bereiten, nicht mehr nachgehen können. Oder aber die Panikattacken sind für Betroffene so belastend, dass Enttäuschung und Traurigkeit über die eigenen Gefühle zu einer Depression führen.

Behandlungsmöglichkeiten

Wie bei allen psychischen Erkrankungen gilt auch bei Angststörungen, dass eine möglichst frühe Erkennung und Behandlung wichtig sind. Je früher man eingreift, umso weniger stark sind die Muster verfestigt. Da Angststörungen sich unterschiedlich zeigen, braucht es auch unterschiedliche Behandlungsansätze. Wenn sich eine Person nicht traut, mit Fremden zu sprechen, benötigt sie eine andere Therapie als ein Mensch, der an einer Panikstörung leidet.

Verschiedene internationale und nationale Fachgesellschaften haben Behandlungsrichtlinien erarbeitet, die sich am neusten Stand der Kenntnisse aller verfügbaren Therapieoptionen von Depressionen orientieren. Diese beschreiben nicht nur verschiedene Behandlungs-Algorhythmen für individuell angepasste Therapien, sondern geben auch Anweisungen bei ungenügendem oder fehlendem Ansprechen, zur notwendigen Dauer der Therapie und zu prophylaktischen Behandlungen bei Personen mit grossem Rückfallrisiko. Grundsätzlich gliedert sich eine antidepressive Therapie in die drei zeitlichen Abschnitte: Akuttherapie (erste 6-12 Wochen), Erhaltungstherapie (4-9 Monate) und einer allfälligen Rückfallprophylaxe (länger als ein Jahr).

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Psychotherapie

Therapie der ersten Wahl ist die Psychotherapie. Dabei kommen verschiedene Verfahren in Frage, die individuell auf die konkrete Situation zugeschnitten werden. Die adäquate Behandlung der Depression muss stets Psychotherapie beinhalten. Da jede Patientin und jeder Patient über ein individuelles emotionales Profil verfügt, ist eine jeweils hierauf abgestimmte Behandlung erforderlich. Diese führt idealerweise zu einem veränderten Umgang mit Stress und zur Korrektur der negativen individuellen Bewertung und Verarbeitung der persönlichen stressreichen Lebensereignisse. An psychotherapeutischen Verfahren sind die kognitive Verhaltenstherapie (VT) und die interpersonelle Psychotherapie (IPT) aktuell am besten untersucht und in ihrer Wirksamkeit belegt.

Bei einer Phobie setzen die Fachleute auf Konfrontationstraining. Die Betroffenen begeben sich im Rahmen einer Therapie immer wieder - dosiert und unterstützt - in die für sie beängstigende Situation. Dies ist ein Teil einer Verhaltenstherapie, die auch bei anderen Ängsten hilfreich sein kann. Es geht unter anderem darum, das angstbedingte Flucht- und Vermeidungsverhalten besser zu verstehen und alternative Vorgehensweisen zu erkennen und einzuüben.

Gut untersucht ist die kognitive Verhaltenstherapie. Entspannungsmethoden wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung sowie Atemübungen.

Medikamentöse Behandlung

Fühlen, Denken und Handeln beeinflussen sich ständig gegenseitig und die Körperfunktionen. Wie bei den Antidepressiva der ersten Generation, beruht das Wirkprinzip der modernen Antidepressiva immer noch hauptsächlich auf der Unterstützung und Erhöhung der Konzentration der Neurotransmitter (Botenstoffe) Serotonin, Noradrenalin und Dopamin an den Kontaktstellen der Neurone (Nervenzellen) im Gehirn. Diese Neurotransmittersysteme sind bei Depressionen aus dem Gleichgewicht geraten.

Moderne Antidepressiva wirken spezifisch auf bestimmte Komponenten dieser Transmittersysteme. Je nach verwendetem Antidepressivum unterscheiden sich die Zielorte der Wirkung voneinander. Deshalb haben moderne Antidepressiva oft unterschiedliche Wirkungs- und Nebenwirkungsprofile, die sich vorteilhaft in der Therapie nutzen lassen können. So haben einige Antidepressiva zusätzlich eine schlaffördernde oder schmerzlindernde Wirkung, oder sie verbessern auch die durch das Krankheitsbild eingeschränkten geistigen (kognitiven) Funktionen wie Aufmerksamkeit, klares Denken und Handeln.

Entgegen eines immer noch vorhandenen und gefährlichen Unwissens, gibt es keine Belege, dass Antidepressiva abhängig machen oder eine Veränderung der Persönlichkeit bewirken.

Trotz zahlreicher Forschungsanstrengungen ist noch immer weitgehend unklar, welches Antidepressivum im Einzelfall die beste Wirkung erzielt. Obwohl die spezifischen aktuellen Symptome des Patienten und seine allfälligen Erfahrungen mit früheren Behandlungen Hinweise geben können, sprechen mind. 30% der Patienten nicht genügend gut auf eine Erstbehandlung an.

Die Wirkung von Antidepressiva entfaltet sich über Tage und Wochen. Wenn aber nicht innerhalb der ersten zwei Wochen zumindest ein Wirkungsbeginn festgestellt werden kann, sollte die Therapie angepasst werden, sei dies mit höherer Dosis, einem anderen Medikament oder gar einer Kombination von Medikamenten. Das Ziel muss sein, eine weitgehende Symptomfreiheit zu erreichen. Dies gelingt während der Akuttherapie bei ca. 40-50% der Patienten.

Weitere Therapieansätze

Zusätzlich zu Psychotherapie und Medikamenten gibt es weitere Therapieansätze, die bei Depressionen und Angstzuständen helfen können:

  • Lichttherapie: Diese nahezu nebenwirkungsfreie Therapie hat sich nicht nur in der Behandlung der Winterdepression, sondern bei allen Depressionsformen als wirksam erwiesen. Jeden Morgen werden 30 bis 60 Minuten vor einer hellen Lichtquelle (2’500 bis 10’000 Lux) verbracht.
  • Schlafentzug: Auch ein teilweiser Schlafentzug ab morgens um ca. 1 Uhr ist antidepressiv wirksam.
  • Elektrokrampftherapie (EKT): Die EKT wird zur Behandlung therapieresistenter Depression und schwerer depressiver Episoden angewandt - in der Regel dann, wenn andere Therapieverfahren versagt haben oder nicht genügend wirksam waren.

Selbsthilfe und Unterstützung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Betroffene selbst aktiv werden können, um mit Depressionen und Angstzuständen besser umzugehen:

  • Offene Kommunikation: Jeder Mensch ist unterschiedlich, daher ist es wichtig, dass Sie offen mit Ihrem Umfeld über Ihre eigenen Bedürfnisse kommunizieren.
  • Achtsamkeit auf den Körper: Genügend Schlaf, ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung sind wichtig, um mit Stress umgehen zu können. Dazu zählt auch ein fixer Tagesablauf.
  • Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen: Diese Methoden können Ihnen helfen, körperliche Anspannung zu reduzieren.
  • Unterstützung von Familie und Freunden: Die Unterstützung durch nahestehende Personen ist essenziell, wenn jemand mit Panikattacken, Angststörungen oder Depressionen zu kämpfen hat.

Es ist sehr wichtig, sich über die Krankheit Depression gut zu informieren. Oft ist dies im Rahmen eines gemeinsamen Termins beim behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten möglich.

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