Manchmal versetzt uns das Leben einen schweren Schlag, der unserer Seele stark zusetzt. Stressige Lebensereignisse wie das Ende einer Beziehung können eine Depression auslösen. Eine depressive Episode nach einer Trennung ist dabei mehr als nur Traurigkeit. Sie kann das Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen negativ beeinflussen.
Weltweit sind über zehn verschiedene Arten von Depression mit unterschiedlichen Symptomen bekannt. Die reaktive Depression - auch situative oder anpassungsbedingte Depression - ist eine davon. Sie unterscheidet sich von anderen Formen der psychischen Erkrankung durch ihr Auftreten im Zusammenhang mit belastenden Lebensereignissen.
Wie entsteht eine reaktive Depression?
Einschneidende Lebensveränderungen oder belastende Lebensereignisse lösen bei den meisten Menschen Stresserleben aus. Darüber hinaus können ein Gefühl der Bedrängnis und emotionale Beeinträchtigungen auftreten, welche die sozialen Funktionen und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und dadurch die Anpassung an schwierige Lebenssituationen behindern. Menschen reagieren unterschiedlich auf schwierige Situationen.
Wenn Sie nach einem belastenden Ereignis Trauer, Hilflosigkeit oder andere negative Gefühle empfinden, ist das eine ganz normale Reaktion. Wenn solche Gefühle aber so stark überhandnehmen, dass Sie Ihnen Ihre Handlungsfreiheit rauben, handelt es sich möglicherweise um eine Anpassungsstörung. Der Übergang zwischen normaler Reaktion und Erkrankung ist fliessend und definiert sich über den persönlichen Leidensdruck und die Beeinträchtigung der Funktions- und Leistungsfähigkeit.
Anpassungsstörungen
Anpassungsstörungen sind immer Reaktionen auf eine konkrete Belastung. Kritische Lebenssituationen erfordern von jeder betroffenen Person Anpassungsleistungen. Ob während diesem Bewältigungsprozess relevante psychische Beschwerden auftreten, hängt nach heutigem Wissensstand von verschiedenen Faktoren ab. Letztlich geht es dabei um die Balance zwischen individuellen Belastungs- und Schutzfaktoren: Überwiegen erstere zulasten der letzteren, steigt das Erkrankungsrisiko.
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Auslöser für Anpassungsstörungen sind vielfältig. Nicht immer handelt es sich dabei um akute, heftige Stressoren, oft führen auch weniger schwere, jedoch langanhaltende Belastungssituationen zu Erschöpfung und Leidensdruck. Ob ein Ereignis zur Belastung wird, hängt stark von der subjektiven Bewertung ab. So kann etwa eine Pensionierung für die eine Person eine Belastung und für die andere eine Entlastung darstellen.
Wenn Sie unter einer Anpassungsstörung leiden, ist Ihnen also meist bewusst, was Sie belastet. Die Gedanken an das auslösende Ereignis lassen Sie nicht mehr los. Immer mehr Raum nehmen Gefühle ein, die mit Ängsten, Sorgen und Hilflosigkeit zu tun haben können. In jedem Fall sind es belastende Gefühle, die Ihnen Ihre Unbeschwertheit nehmen. Diese Beschwerden können einzeln, in Kombination und in unterschiedlichen Schweregraden auftreten. Die Symptome sind nicht spezifisch, das heisst, sie finden sich auch bei anderen psychischen Krankheitsbildern.
Symptome einer Depression nach einer Trennung
- Verlust der Fähigkeit, Freude zu empfinden.
 - Ständige Niedergeschlagenheit oder Ängstlichkeit.
 - Reizbarkeit und Unruhe.
 - Schlafprobleme.
 - Appetitlosigkeit oder Heisshungerattacken.
 
Typische Symptome einer Depression sind gedrückte Stimmung, negative Gedanken und fehlender Antrieb. Auch Freud- und Lustempfinden, Selbstwertgefühl, Leistungsfähigkeit und das Interesse am Leben können vermindert sein oder verloren gehen. Bei einer Depression dauern diese Symptome über mindestens zwei Wochen an und sind stark ausgeprägt. Vor allem Menschen mit einer schweren Depression leiden häufig unter Suizidgedanken. Depressive Beschwerden können sich ebenfalls auf das Berufs- und Familienleben auswirken.
Die depressive Verstimmung ist das einfühlbarste aller seelischen Leiden. Wir alle sind immer wieder einmal depressiv verstimmt. Äußere Ereignisse wie Trennung oder Tod lassen uns depressiv reagieren. Aber auch banale Enttäuschungen des Alltags können uns deprimieren. Wir sind anfälliger, wenn wir in körperlich schlechter Verfassung sind oder wenn wir körperlich krank sind.
Ursachen für Depressionen
In der Medizin wird von multifaktoriellen Ursachen gesprochen, das heisst, sowohl biologische Komponenten (wie beispielsweise Veränderungen im Hormonhaushalt), genetische Faktoren (bereits ein Verwandter leidet oder litt an Depressionen), als auch Umwelteinwirkungen (Verlust der Arbeit oder eine Trennung) können alleine oder in Kombination zu einer depressiven Episode führen. Manchmal findet sich ein Auslöser für die Beschwerden, in anderen Fällen lässt sich der Symptombeginn keinem bestimmten Ereignis zuordnen. Bei chronischen Depressionen zeigt sich oft ein Zusammenhang mit belastenden Lebenserfahrungen in Kindheit und Jugend.
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Verschiedene psychosoziale Aspekte können eine Depression hervorrufen. Tiefgreifende Lebensereignisse im Zusammenhang mit einem Verlust oder Rollenwechsel können das Risiko einer Depression erhöhen. Kognitive Muster als Ursache von negativen Lebenserfahrungen zeigen, wie Belastungen von Menschen verarbeitet werden. Dabei verwenden Betroffene einer Depression insbesondere dysfunktionale Muster. Wird die Ursache bei einem negativen Ereignis als persönliches, allgegenwärtiges oder unveränderliches Problem eingeschätzt, kann möglicherweise eine Depression ausgelöst werden.
Diagnose
Wenn bei Ihnen der Verdacht auf eine Anpassungsstörung besteht, werden wir Sie zunächst nach Ihrer Vorgeschichte, insbesondere nach Belastungsfaktoren, und nach Ihren Beschwerden fragen. Um andere psychische Erkrankungen ausschliessen zu können, werden wir Sie auch nach Symptomen fragen, die bei Ihnen nicht auftreten. Gelegentlich ergänzen wir unsere Diagnostik mit standardisierten Fragebogen.
Viele depressive Patientinnen und Patienten quält die Tatsache, dass sich ihre Krankheit - etwa im Unterschied zu einem Knochenbruch - nicht „beweisen“ lässt. Eine Depression kann jede und jeden treffen. Sich Hilfe und Unterstützung zu suchen, fällt vielen Menschen jedoch schwer. Eine optimale medizinisch-therapeutische Versorgung kann aber nur nach einer eindeutigen Diagnose erfolgen. Das zur Diagnose notwendige ausführliche Gespräch erfolgt mit einer Ärztin oder einem Arzt für Psychiatrie oder mit psychologischen Psychotherapierenden.
Behandlung und Therapie
Es ist wichtig, dass man sich professionelle Hilfe sucht, sobald einige der genannten Beschwerden auftreten. Eine genaue Diagnose gestaltet sich bei einer reaktiven Depression kompliziert, ist jedoch entscheidend für eine wirksame Behandlung. Psycholog:innen oder Psychiater:innen sind in der Lage, eine genaue Diagnose zu stellen, indem sie andere Erkrankungen ausschliessen. Daraus entwickeln sie einen individuellen Behandlungsplan.
Nach der Diagnosestellung werden die verfügbaren Behandlungsoptionen gemeinsam besprochen. Die Therapieentscheidung wird stets auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Betroffenen abgestimmt. Eine optimale Therapie kombiniert im Idealfall eine Psychotherapie mit einer symptomorientierten medikamentösen Behandlung, falls eine solche erforderlich ist.
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Für die erfolgreiche Behandlung einer reaktiven Depression kommen entweder verschiedene Formen der Psychotherapie und/oder Medikamenten zum Einsatz. In der Therapie soll die konkrete Ursache identifiziert werden und die Sichtweise der Patient:innen verändert werden, sodass negative Gedanken ins Positive umgedeutet werden. Für die medikamentöse Behandlung haben sich Antidepressiva bewährt, die die Balance des Hirnstoffwechsels wiederherstellen.
Für die Behandlung von depressiven Symptomen nach einer Trennung gibt es verschiedene Ansätze. Hierzu zählen Therapieformen wie kognitive Verhaltenstherapie oder personenzentrierte Therapie sowie medikamentöse Behandlungen mit Antidepressiva. Betroffene sollten sich nicht schämen, ärztliche Hilfe in Anspruch zunehmen.
Anpassungsstörungen haben bei früher Diagnosestellung in der Regel eine gute Prognose und können vollständig abklingen. Wichtig: Vorübergehender Lebensüberdruss oder auch Suizidgedanken sind bei Anpassungsstörungen nicht selten. Falls Sie unter Suizidgedanken leiden sollten, verschweigen Sie diese bitte keinesfalls. Nur so können wir gemeinsam mit Ihnen herausfinden, wie Sie mit dieser schwierigen Situation bestmöglich umgehen können und welche Form von Hilfe zum jeweiligen Zeitpunkt am sinnvollsten ist.
Psychotherapie
Gute Ergebnisse verspricht häufig eine Verhaltenstherapie. Die analytische Psychotherapie basiert auf Sigmund Freud. Hierbei geht es darum, nicht bewältigte Konflikte oder traumatische Erlebnisse aus früherer Zeit (beispielsweise der Kindheit) zu verarbeiten. Bei der Gesprächstherapie entsteht ein enges und vertrautes Verhältnis zwischen Therapeut oder Therapeutin und Patient oder Patientin.
Medikamentöse Behandlung
Bei schweren Depressionen unterstützen häufig Psychopharmaka die Therapie, meist Antidepressiva. Sie wirken nicht sofort, sondern oft erst nach zwei, manchmal auch erst nach drei, vier oder fünf Wochen. Antidepressiva beeinflussen die Neurotransmitter, die Botenstoffe im Gehirn. Das sind vor allem Serotonin und Noradrenalin. Sie dienen dazu, bei der Übermittlung von Gefühlen im Gehirn winzige Spalten zwischen den Nervenzellen zu überbrücken. Bei depressiven Menschen ist diese Gefühlsübermittlung häufig gestört. Antidepressiva sorgen dafür, dass die Botenstoffe wieder besser funktionieren.
Verschiedene Arten von Antidepressiva:
- Tri- und tetrazyklische Antidepressiva: Sie hemmen den Abbau der Botenstoffe in den Nervenzellen. Dadurch stehen mehr Botenstoffe zur Weiterleitung von Reizen zur Verfügung.
 - SSRI/SSNRI: Diese Antidepressiva sorgen ebenfalls dafür, dass Nervenzellen die Botenstoffe langsamer abbauen.
 - MAO-Hemmer: Sie unterdrücken die Wirkung des Enzyms Monoaminoxidase (MAO), das die Botenstoffe im Gehirn abbaut.
 - Lithium: Nur, wenn andere Medikamente nicht helfen, setzen wir Lithium ein. Es verstärkt oft die Wirkung anderer Antidepressiva.
 - Johanniskraut: Bei einer leichten Depression hilft oft Johanniskraut. Vor einer Verordnung klären wir Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ab.
 
Wenn sich die erkrankte Person deutlich besser fühlt, sollte sie das Antidepressivum noch einige Monate lang weiter nehmen.
Umgang mit einem depressiven Partner
Der Umgang mit einem depressiven Partner ist nicht einfach. Doch es gibt ein paar Hilfestellungen, die dazu beitragen können, dass es beiden Partnern in der Partnerschaft besser geht:
- Wenn ich meinem*r Partner*in zuhöre, kann ich versuchen, für das Verständnis zu zeigen, was ihn belastet und nicht für sein Klagen oder Weinen, sonst können wir beide in die negative Stimmung hineingeraten.
 - Wenn ich mich um Verständnis bemüht habe, darf ich ruhig auch Gegengewicht zu den negativen Gedanken und Erwartungen des*r Geliebten geben, ohne ihm dabei meine Meinung aufzudrängen.
 - Es kann uns sehr helfen, die Abmachung zu treffen, dass wir solche schwierigen Gespräche zeitlich begrenzen, z. B. auf eine halbe Stunde. Dann ist es für beide viel leichter, sich für diese begrenzte Zeit wirklich auf den anderen einzulassen und sich gut zuzuhören.
 - Damit die Schwere der Depression unsere Beziehung nicht erdrücken kann, brauchen wir Inseln des gemeinsamen Vergnügens, der Erholung und Regeneration. Was machen wir eigentlich gerne zusammen? Was könnten wir wieder einmal unternehmen? Was ist trotz der Depression möglich? Ich kann versuchen mit meinem Partner angenehme und lustvolle Aktivitäten (die möglich sind) aufzubauen. Vielleicht müssen wir dabei ein bisschen kreativ sein, um auf gute Ideen zu kommen.
 - Oft ist es hilfreich im Vorfeld gemeinsam Strategien für „Grübelsituationen“ zurechtzulegen. Wie kann mein Partner und wie kann ich reagieren, wenn wieder ein depressiver Schwall kommt? Wir können beispielsweise eine Notfallliste von Aktivitäten erstellen, die Ablenkung bieten, um nicht in den negativen Gefühlsstrudel hineinzukommen.
 - Ich darf meine*n Partner*in ohne Vorwürfe animieren, etwas zu unternehmen und mit mir nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Die Verantwortung sollte ich aber letztendlich ihm überlassen.
 - Bei aller Unterstützung darf ich nicht vergessen, auf mich selbst Acht zu geben. Wie geht es eigentlich mir und was sind meine Bedürfnisse?
 - Dazu gehört auch, dass ich nicht alles alleine machen kann und muss. Ich darf auch gewisse Unterstützung delegieren - an die Selbsthilfegruppe, den Arzt oder den Psychotherapeuten.
 
Unterstützung für Angehörige
Leidet Ihre Frau, Ihr Lebenspartner, Ihr Kind oder jemand aus Ihrem Freundeskreis unter einer psychischen Erkrankung? Die gute Nachricht: Sie können dieser Person helfen. Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen unterstützen Sie mit verschiedenen Hilfestellungen. Sprechen Sie die betroffene Person in einer ruhigen, ungestörten Situation an und nehmen Sie sich genügend Zeit. Wichtig ist, dass sich während des ganzen Gesprächs alle wohl fühlen. Vermeiden Sie eigene Lösungsvorschläge. Weder gute Ratschläge noch Vergleiche mit Ihrer eigenen Situation sind angebracht. Oft hilft es Betroffenen zu wissen, dass man für sie da ist und ein offenes Ohr hat. Am besten fragen Sie den geliebten Menschen direkt, wie man ihr oder ihm Hilfe und Unterstützung bieten kann.
Bereits ein erstes Gespräch mit einem vertrauten Menschen kann Betroffene anspornen, weiterführende Hilfe bei einer Fachstelle in Anspruch zu nehmen. Die Stiftung Pro Mente Sana ist Anlaufstelle für Menschen in psychischen Belastungssituationen (z. B. mit Depressionen oder in Lebenskrisen), deren Angehörige und Fachleute. Hat die psychisch beeinträchtigte Person Vertrauen zur Hausärztin oder zum Hausarzt, macht auch ein Arzttermin Sinn. Eine erste Anlaufstelle ist die Dargebotene Hand unter der Telefonnummer 143.
Stehen Sie dem erkrankten Menschen auf jeden Fall bei und organisieren Sie Unterstützung. Informieren Sie die betroffene Person immer über Ihre Schritte und Ihre eigenen Gefühle. Versuchen Sie, die Erkrankte oder den Erkrankten in die Entscheidungen mit einzubeziehen.
Wichtiger Hinweis: Diese Checklisten und Tipps ersetzen keine ärztliche oder psychotherapeutische Diagnosestellung. Im Leben erfährt jeder Mensch Phasen von Traurigkeit oder Energielosigkeit, beispielsweise nach dem Verlust eines Familienmitglieds oder einem Misserfolg. In der Regel kann mit solchen Ereignissen umgegangen werden. Es gibt jedoch Situationen, die nur schwer aus eigener Kraft bewältigt werden können. Die ernstzunehmende Krankheit Depression ist kein Zeichen von persönlicher Schwäche und kann nicht mit Ratschlägen oder Willenskraft überwunden werden. In den meisten Fällen ist eine Depression in einer Klinik gut behandelbar.