Tipps zur Überwindung von Depressionen

Wer an Depressionen leidet, sollte in jedem Fall die Hilfe einer Fachperson suchen und eine Therapie in Erwägung ziehen. Für SonntagsBlick zeigt die Luzerner Psychotherapeutin Margarethe Letzel (62) Methoden auf, die begleitend zu einer Therapie oder als Vorbeugung helfen können. Der Zyklus von Fühlen - Denken - Handeln hält eine Depression aufrecht und muss durchbrochen werden.

Die Kraft der Natur nutzen

Gehen Sie ins Freie. Ein Spaziergang im Tageslicht wirkt sich positiv auf die Psyche aus. Margarethe Letzel: «Nutzen Sie so oft wie möglich frische Luft und Tageslicht, auch bei garstigem Wetter.»

Der Aufenthalt in der freien Natur fördert das seelische Gleichgewicht. Eine Studie aus Dänemark kommt zum Schluss, dass Kinder, die kaum Grünflächen zum Spielen hatten, ein bis zu 55 Prozent höheres Risiko aufweisen, eine psychische Störung zu entwickeln.

Die Natur hilft aber auch bei der Heilung. Psychotherapeutin Letzel: «Steckt man in einem tiefen Loch, fühlt man oft nichts mehr. Stellt man sich dann zum Beispiel in der Natur vor einen Baum, berührt die Rinde und riecht den Duft von Harz, hilft das, wieder mit den Körpersinnen wahrzunehmen.»

Bewegung als Schlüssel zur Besserung

Bewegen Sie sich. Letzel empfiehlt mindestens eine halbe Stunde Bewegung täglich, am besten an der frischen Luft. «Mit Bewegung ist nicht Joggen bis zum Zusammenbruch gemeint. Jetzt geht es um die eigene Gesundheit. Es gilt, in kleinen Schritten anzufangen, wie es einem selbst guttut. Rhythmische Bewegung hilft, wieder ins Gleichgewicht zu finden.»

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Denn Bewegung und Sport heben nachweislich die Stimmung. Die Stresshormone Cortisol und Adrenalin werden abgebaut, und im Gegenzug wird die Produktion der Glückshormone Endorphin und Serotonin angeregt.

Es muss nicht gleich eine Jogging- oder Fitnesseinheit sein, jede Form von Bewegung tut gut. Wählen Sie etwas, das Ihnen Spass macht. Integrieren Sie zudem Bewegung in den Alltag.

Sprechen Sie über Ihre Sorgen

Trauen Sie sich, über Ihre Gefühle zu sprechen, mit Freunden, Verwandten - oder Fachpersonen. Lisa*, früher selbst depressiv: «Man sollte nicht warten, bis man krank wird, sondern sich viel früher Unterstützung holen und vielleicht auch einfach mal in eine Therapiesitzung gehen, wenn es einem nicht so gut geht.»

Über die eigenen Sorgen zu reden, tut gut. Schon allein, weil man seine Gedanken laut formulieren muss und sie dadurch sortiert. Wenden Sie sich an eine Person, der Sie vertrauen. Das können, aber müssen nicht die engsten Freunde sein.

Sich selbst in den Mittelpunkt stellen

In der Therapie rät Margarethe Letzel ihren Patienten, sich von Erwartungen anderer zu lösen und den Fokus auf sich selbst zu legen. «Zuallererst geht es jetzt um Sie! Wo liegen Ihre Bedürfnisse? Geben Sie sich Zeit, diese herauszufinden. Wann und bei welchen Aktivitäten fällt es Ihnen leichter, sich - auch körperlich - wieder besser zu spüren?»

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Wenn man deprimiert und traurig ist sich trotzdem aufrafft und zwingt, etwas zu machen, was man schon lange einmal erledigen bzw. tun wollte, hat man wieder erste Erfolgserlebnisse und die Stimmung wird ein klein wenig besser. Um schrittweise Aktivitäten zu planen, hilft es, sich Ziele zu setzen.

Weitere Tipps und Strategien

  • Nehmen Sie Ihre Gefühle an, aber lassen Sie sich nicht von ihnen beherrschen.
  • Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass Sie die Sonne sind, vor der negative Gedanken und Gefühle wie Wolken erscheinen.
  • Essen Sie viel Obst, Gemüse und Nüsse. Nehmen Sie leichte und bekömmliche Nahrung zu sich und bewegen Sie sich an der frischen Luft.
  • Zur Unterstützung können Sie Präparate mit Johanniskraut einnehmen.
  • Gehen Sie Aktivitäten nach, die Ihnen Freude bereiten.
  • Denken Sie nach: Wofür kann ich mich begeistern? Wo kann ich mich sinnvoll engagieren?
  • Versuchen Sie, die gegenwärtige Lebenssituation zu akzeptieren, so wie sie ist. Vielleicht müssen Sie Ihre Lebenshaltung und Ziele verändern.
  • Besinnen Sie sich auf das, was Sie noch immer können.
  • Überlegen Sie, was Ihnen Ihre depressive Verstimmung sagen möchte. Vielleicht hatten Sie in der letzten Zeit zu viel Stress, zu wenig Schlaf oder es ist an der Zeit, wieder mehr auf Ihre Bedürfnisse zu achten?
  • Versuchen Sie, gut zu sich selbst zu sein.
  • Wer anderen einen Gefallen tut, erntet viele positive Gefühle. Seien Sie ruhig verschwenderisch mit Freundlichkeit. Es müssen nicht immer die grossen Gesten sein, ein ernst gemeintes Kompliment über die neue Bluse der Kollegin reicht völlig.

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Es ist schwer, zuzugeben, dass man Unterstützung benötigt. Aber wenn sich keine Besserung ankündigt, sollten Sie eine:n Psychiater:in oder eine:n Psycholog:in aufsuchen.

Psycholog:innen haben Psychologie studiert. Sie therapieren, verschreiben jedoch keine Medikamente. Psychotherapeut:innen haben sich nach dem Studium weiterbilden lassen. Auch sie behandeln nicht selbstständig medikamentös. Psychiater:innen haben Medizin studiert und dürfen deshalb Medikamente wie Antidepressiva verschreiben. Sie bieten meist weitere Therapieformen wie Gesprächstherapie an.

Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Psychotherapeut:innen für die Behandlung bieten entweder Ihr Hausarzt, die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen, der Schweizerischer Berufsverband für angewandte Psychologie oder die Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

Die 5 Phasen der Depression

Eine Depression äussert sich oft durch eine längerfristig gedrückte Stimmung, negative Gefühle, Antriebslosigkeit und den Verlust von Interessen. Um zu verstehen, wie eine Depression verlaufen kann, wurde sie in fünf Phasen eingeteilt. Diese Einteilung hilft dabei, die Kernerfahrungen und Herausforderungen der Krankheit in verschiedenen Ausprägungen zu beschreiben.

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  1. Phase 1: Negative Gedankenmuster

    Betroffene beschreiben diesen Zustand oft als chronische Niedergeschlagenheit und Verzweiflung. Ereignisse werden überwiegend negativ interpretiert, und es fällt schwer, positive Aspekte oder Hoffnung zu erkennen, insbesondere mit Blick auf die Zukunft.

    Was kann ich tun? Abstand schaffen, Gedanken aufschreiben, Stopp-Signale einbauen, mit dem Umfeld sprechen, professionelle Hilfe suchen.

  2. Phase 2: Veränderungen im Appetitgefühl

    Auf der einen Seite kann es zu einem Appetitverlust kommen. Auf der anderen Seite kann die Depression dazu führen, dass man mehr isst. Die Folge dieser Veränderungen im Appetitgefühl können Gewichtsveränderungen sein.

    Was kann ich tun? Essen schön anrichten, in guter Gesellschaft essen, Mahlzeiten kochen, die Sie besonders mögen, Abstand schaffen und überlegen, auf den Körper hören, regelmäßig essen und sich Zeit nehmen, Meal Prep.

  3. Phase 3: Schlafstörungen

    Negative Gedanken können Betroffene am Einschlafen hindern oder sie während der Nacht immer wieder aufwecken. Viele Betroffene berichten zudem von Veränderungen in der Schlafqualität. Die Folge dieser Schlafstörungen sind anhaltende Müdigkeit und Energiemangel.

    Was kann ich tun? Regelmässigkeit, Zubettgeh-Ritual entwickeln, Schlafzimmer anpassen, leichte Bewegung an der frischen Luft.

  4. Phase 4: Intensive Selbstkritik und Schuldgefühle

    Sie tragen eine überwältigende Last von Schuldgefühlen, die oft in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Ereignissen oder Handlungen stehen. Sie glauben nicht, dass sie es verdienen, glücklich zu sein.

    Was kann ich tun? Positiv-Tagebuch führen, Blick in die Zukunft richten, sich selbst etwas schenken.

  5. Phase 5: Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit

    Sie glauben, dass sich ihre Situation niemals verbessern wird und dass der Tod die einzige Lösung für ihre Qualen darstellt. Die Suizidgedanken sind intensiv und belastend und nur schwer abzustellen.

    Was kann ich tun? Suchen Sie professionelle Hilfe! Reden Sie offen über Ihre Suizidgedanken, um Unterstützung zu erhalten.

Wichtige Hinweise

  • Nehmen Sie bei sich selbst Anzeichen einer Depression wahr? Vereinbaren Sie in jedem Fall zeitnah einen Termin bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt des Vertrauens, einem Hausarzt oder einer Psychotherapeutin.
  • Reflektieren Sie Ihre Gefühle, nehmen Sie Ihre depressiven Symptome ernst und warten Sie mit der Behandlung nicht zu lange.
  • Bleiben Sie sozial aktiv und pflegen Sie Kontakte zu Menschen, die Ihnen guttun. Leben Sie Ihre Kreativität aus und bewegen Sie sich regelmäßig. Genauso nötig ist die Entspannung: Lassen Sie zwischendurch einfach einmal die Seele baumeln.
  • Ignorieren Sie die Anzeichen einer psychischen Belastung nicht. Reden Sie darüber und lassen Sie sich rasch helfen.

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