Depression ist die häufigste psychische Erkrankung und eine der häufigsten Krankheiten überhaupt. In der Öffentlichkeit wird sie immer noch zu wenig wahrgenommen, weil viele Betroffene die Krankheit aus Scham verschweigen und verdrängen. Wir nehmen Ihre Depression ernst.
Was sind Depressionen?
Im Unterschied zu einer vorübergehenden Verstimmung oder Lebenskrise, liegt bei der Depression eine ausgeprägte und anhaltende Niedergeschlagenheit vor. Diese führt zu einer deutlichen Beeinträchtigung der sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit.
Ursachen von Depressionen
- Anhaltende Belastungen und Lebensschwierigkeiten wie Stress, Konflikte, Einsamkeit, Misserfolge, Kränkungen, Vernachlässigung, Armut
 - Verlusterlebnisse, Trennungen, Todesfälle
 - Körperliche Krankheiten, Gebrechlichkeit, Alter
 - Biographische Belastungen, Traumata
 - Persönlichkeits- und Charaktereigenschaften
 - Erbliche und familiäre Anfälligkeit (Disposition)
 
Symptome einer Depression
Die Depression hat viele Gesichter, nicht alle Betroffenen leiden unter denselben Symptomen. Meist steht die bedrückte Stimmungslage im Vordergrund, dazu kommen fehlender Antrieb und Kraftlosigkeit. Bei einigen zeigt sich eine innere Unruhe, die oft zusammen mit Schlaflosigkeit, Nervosität, teilweise auch Angst auftritt. Viele Betroffene beklagen Konzentrationsstörungen und körperliche Beschwerden. Auch Suizidgedanken können auftreten und zu Suizidgefährdung führen. Depressionen können zudem wiederkehrend sein.
Anzeichen für eine Depression ist eine anhaltende traurige, trübsinnige, gereizte Stimmung. Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, das Gefühl innerer Leere, Konzentrationsstörungen und Neigung zum Grübeln sind weitere Beschwerden, die bei einer Depression auftreten. Häufig machen sich depressive Menschen erhebliche Schuldvorwürfe. Antriebsstörungen, die manchmal ausgeprägt am Morgen auftreten, können äusserst quälend sein.
Männer und Frauen können unterschiedliche Beschwerden zeigen. Frauen reagieren eher mit Niedergeschlagenheit, Ängsten und Verschlossenheit, während Männer nicht selten mit Verstimmtheit, Aggressivität, Gestresstsein reagieren.
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Diagnose von Depressionen
Da eine Depression in verschiedenen Ausprägungen und Erscheinungsformen auftreten kann, erfordert die Diagnosestellung eine sorgfältige Untersuchung durch eine Fachperson, d.h. einen Psychologen, eine Psychologin oder eine Psychiaterin, einen Psychiater. Dabei werden die vorliegenden Symptome, deren Schweregrad und die Dauer des Auftretens erhoben. Zudem ist aber auch eine körperliche Untersuchung und der Ausschluss allfälliger unerkannter körperlicher Krankheiten erforderlich. Erst eine Fachperson kann definitiv entscheiden, ob eine Depression vorliegt, die einer Behandlung bedarf.
Zur Identifizierung und zum Monitoring depressiver Patienten stehen auch validierte Screeninginstrumente wie ein Patient Health Questionnaire (PHQ) zur Verfügung. In der Primärversorgung haben sich die Fragebögen PHQ-2 und PHQ-9 als gutes Screening-Tool bezüglich Validität, Verlässlichkeit und Kürze erwiesen. Viele Hausärzte führen zunächst ein Screening mit dem PHQ-2und anschliessend zur Bestätigung ein weiteres mit dem PHQ-9-Fragebogen durch.
Nach einem positiven Screeningergebnis erfolgt eine diagnostische Evaluierung im Hinblick auf die Art und die Schwere der Depression. Dazu dienen meist die fünfte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorder (DMS-5) oder die elfte Revision der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-11).
Alle Patienten mit depressiver Symptomatik sollten auch im Hinblick auf eine bipolare Störung untersucht werden. Da sich Patienten mit bipolarer Erkrankung beim Hausarzt eher in einer Phase niedergedrückter Stimmung präsentieren, wird bei ihnen mitunter eine Major Depression fehldiagnostiziert. Die Falschdiagnose kann dazu führen, dass bipolare Patienten Antidepressiva anstelle von Stimmungsstabilisierern erhalten.
Depressive Patienten weisen oft auch weitere psychiatrische Erkrankungen wie Angststörungen auf. In Studien waren GAD-2 und GAD-7 mit einer hohen negativen Aussagekraft verbunden.
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Bei Depressionen und Substanzmissbrauch handelt es sich um verschiedene klinische Entitäten, die häufig gemeinsam auftreten.
Bei der Erstevaluierung sollten auch körperliche Erkrankungen ausgeschlossen werden, deren Symptome denen einer Depression ähneln. Neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose und vor allem Demenzen sind oft mit Symptomen verbunden, die sich mit denen einer Major Depression überschneiden.
Im Rahmen der Diagnosestellung ist immer eine Abschätzung des Suizidrisikos erforderlich. Fast die Hälfte der Patienten, die einen Suizid vollendeten, hatte zuvor Kontakt mit dem Hausarzt. Daher spielt dieser eine grosse Rolle bei der Prävention. Zur Abschätzung des Suizidrisikos hat sich die Columbia Suicide Severity Rating Scale (C-SSRS) für den Einsatz in der Hausarztpraxis bewährt.
Behandlung von Depressionen
Die Depression ist eine gut behandelbare Krankheit mit günstiger Prognose. Wichtigstes Element der Behandlung ist die Psychotherapie in verschiedenen Formen. Vor allem bei mittelschweren bis schweren Depressionen werden zusätzlich Medikamente empfohlen. Neben den üblichen Therapieformen können Selbsthilfegruppen und die Mitbehandlung körperlicher Krankheiten bedeutend sein.
Die moderne Behandlung der Depression besteht aus einer Therapie mit Medikamenten (Antidepressiva) und der Psychotherapie (kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Therapien). Der grösste Behandlungserfolg kann bei einer Kombination von beiden Behandlungstypen erwartet werden.
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Grundsätzlich gliedert sich eine antidepressive Therapie in die drei zeitlichen Abschnitte: Akuttherapie (erste 6-12 Wochen), Erhaltungstherapie (4-9 Monate) und einer allfälligen Rückfallprophylaxe (länger als ein Jahr). Die adäquate Behandlung der Depression muss stets Psychotherapie beinhalten. Da jede Patientin und jeder Patient über ein individuelles emotionales Profil verfügt, ist eine jeweils hierauf abgestimmte Behandlung erforderlich.
Wie bei den Antidepressiva der ersten Generation, beruht das Wirkprinzip der modernen Antidepressiva immer noch hauptsächlich auf der Unterstützung und Erhöhung der Konzentration der Neurotransmitter (Botenstoffe) Serotonin, Noradrenalin und Dopamin an den Kontaktstellen der Neurone (Nervenzellen) im Gehirn. Diese Neurotransmittersysteme sind bei Depressionen aus dem Gleichgewicht geraten.
Akuttherapie - die ersten ca. Trotz zahlreicher Forschungsanstrengungen ist noch immer weitgehend unklar, welches Antidepressivum im Einzelfall die beste Wirkung erzielt. Obwohl die spezifischen aktuellen Symptome des Patienten und seine allfälligen Erfahrungen mit früheren Behandlungen Hinweise geben können, sprechen mind. 30% der Patienten nicht genügend gut auf eine Erstbehandlung an.
Oft bleiben auch nach erfolgreicher Akuttherapie noch einige depressive Restsymptome bestehen wie Schlafstörungen, kognitive Störungen oder Energiemangel. Restsymptome erhöhen das Risiko, Rückfälle zu erleiden. Die Bekämpfung der Restsymptome ist daher das zweite wichtige Ziel der Weiterbehandlung.
Wenn sich aber depressive Phasen in kürzerer Zeit gehäuft haben und die Depression sehr schwer war, wird oft eine prophylaktische Weiterbehandlung auf unbestimmte Zeit erwogen, um künftigen und zu erwartenden depressiven Episoden vorzubeugen.
Eine Nacht ohne Schlaf verbessert die Stimmung. Dies klingt zunächst eher merkwürdig, da viele depressive Patienten ohnehin schon an Schlafstörungen leiden.
Die EKT wird zur Behandlung therapieresistenter Depression und schwerer depressiver Episoden angewandt - in der Regel dann, wenn andere Therapieverfahren versagt haben oder nicht genügend wirksam waren. Die Behandlung gilt als wirksam und nebenwirkungsarm, und der Wirkeintritt erfolgt in der Regel rasch.
Was können Betroffene tun?
- Erster Ansprechpartner bzw. erste Ansprechpartnerin ist der Hausarzt oder die Hausärztin. Er oder Sie wird mit Ihnen besprechen, ob eine Therapie ratsam wäre.
 - Seien Sie geduldig mit sich. Eine Depression entwickelt sich meist langsam und bildet sich auch unter Behandlung eher schrittweise zurück.
 - Wenn Sie Medikamente benötigen, nehmen Sie diese bitte genau nach ärztlicher Verordnung. Fragen Sie bei unangenehmen Begleiterscheinungen sofort nach. Auch wenn Sie sich besser fühlen, setzen Sie die Medikamente nicht ab.
 - Planen Sie jeden Tag jeweils am Vorabend möglichst genau (z.B. mit einem Stundenplan). Setzen Sie sich kleine und überschaubare Ziele.
 - Führen Sie ein Stimmungstagebuch.
 - Nach dem Aufwachen sollten Sie sofort aufstehen und das Bett verlassen. In der Depression ist das Wachliegen im Bett eine «Grübelfalle».
 - Wenn es besser geht: Finden Sie mit Ihrem Arzt oder Therapeuten heraus, wie Sie Ihr persönliches Risiko für einen Rückfall vermindern können.
 - Es kann für Betroffene sehr hilfreich sein, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschliessen, um sich unter Personen mit denselben Erfahrungen auszutauschen.
 
Was können Angehörige tun?
- Es ist sehr wichtig, sich über die Krankheit Depression gut zu informieren. Oft ist dies im Rahmen eines gemeinsamen Termins beim behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten möglich.
 - Helfen Sie mit, Geduld aufzubringen. Die Depression ist behandel- und heilbar, aber sie bessert sich meist in kleinen Schritten.
 - Geben Sie Unterstützung zur Einhaltung der Therapie und zur regelmässigen Medikamenteneinnahme.
 - Ergreifen Sie wenn nötig die Initiative und vereinbaren Sie für den Erkrankten einen Arzttermin.
 
Depressionen bei Frauen
Frauen leiden ab der Pubertät zweimal häufiger an Depressionen als Männer. Aus Bevölkerungsstudien geht hervor, dass Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Fachpersonen vermuten, dass Hormonschwankungen durch die Menstruation und Hormonumstellungen in der Pubertät, in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren die Psyche stark beeinflussen.
Depressionen im Alter
Eine Depression kann in jedem Lebensalter auftreten, manifestiert sich jedoch eher in höherem Lebensalter. Vermehrt betroffen von depressiven Verstimmungen sind ältere Menschen. Lebensveränderungen, Krankheiten und Medikamente schlagen im fortgeschrittenen Alter vermehrt aufs Gemüt.
Bei Erstmanifestation einer Depression im höheren Lebensalter, die oft mit vorübergehenden Kognitionsstörungen einhergeht, ist die frühe Differenzialdiagnose äusserst relevant. Das Angebot richtet sich primär an Menschen ab dem 65. Lebensjahr mit affektiven Störungen mit oder ohne alltagsrelevanten Kognitionsstörungen.
Depression und körperliche Erkrankungen
Zwischen Depressionen und chronischen körperlichen Erkrankungen bestehen ausgeprägte Wechselwirkungen. So leiden Patienten mit Herzinsuffizienz, Diabetes, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, multipler Sklerose und anderen dauerhaft anhaltenden somatischen Beschwerden oft auch unter einer Depression und umgekehrt.
Für den Hausarzt ist es oft schwierig, eine Depression zu erkennen, da Patienten vorwiegend über unspezifische körperliche Symptome wie Veränderungen des Appetits, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, unspezifische Schmerzen, Kopfschmerzen, Menstruations- und Verdauungsbeschwerden oder sexuelle Probleme klagen. Vor allem bei älteren depressiven Patienten stehen die körperlichen Beschwerden meist im Vordergrund.
Wir hoffen, dieser Artikel konnte Ihnen einen umfassenden Überblick über Depressionen geben. Zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie das Gefühl haben, betroffen zu sein.
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