Der Sunk Cost Bias ist ein psychologisches Denkmuster, in welches wir gerne verfallen und dabei irrational handeln. Dabei tendieren wir dazu, zu lange an einer Sache festzuhalten oder sie als wertvoller zu erachten, nur weil wir bereits Zeit oder etwa Geld darin investiert haben.
Als Sunk Costs bzw. als versenkte Kosten werden übrigens die Ausgaben bezeichnet, die quasi nicht mehr reversibel sind. Die Kosten bzw. Ausgaben sind also “versenkt”.
Sunk Cost Bias einfach erklärt
Der Sunk Cost Bias bzw. Die Sunk Cost Fallacy ist das Denkmuster, diesem Sunk Cost zu lange “nachzutrauern” bzw. ihnen einen zu hohen Stellenwert beizumessen.
Beispiele für den Sunk Cost Bias
Es ist uns wohl schon allen passiert: Der Sunk Cost Bias hat uns erwischt! Warst du schon einmal in einem Kinofilm und hast ihn zu Ende angesehen, obwohl dir schon nach der ersten Hälfte klar war, dass er schlecht ist? Oder du hast ein Buch beendet, einen Karriereweg zu lange beibehalten oder etwa eine ungesunde Beziehung am Leben gehalten, weil dir dein bereits eingebrachtes Investment, egal ob Zeit oder Geld, zu schade war?
Alte Kleidung, angefangene Bücher, schadhafte Beziehungen oder etwa eine Karriereweg, den wir viel zu lange durchziehen, sind nur ein paar Sunk Cost Beispiele, um deren Bedeutung zu veranschaulichen.
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Ein weiteres Sunk Cost Fallacy Beispiel für dich:
Investment 1 weisst eine gute Chance bzw. mögliche Rendite auf und hat nur ein sehr geringes Risiko. Wir haben aktuell kein Geld zur Verfügung, weil wir es schon in Investment 2 investiert haben. Ziehen wir es dort ab, um es für Investment 1 zu nutzen? Investment 2 weisst ebenfalls eine attraktive Chance auf, doch das Risiko ist höher. Wir haben in der Vergangenheit schon in Investmentidee 2 investiert. Was machen wir also?
Rational wäre es wohl, Investment 2 zu verkaufen und das Geld in Investment 1 zu stecken. Meist sind wir jedoch so in unsere Investments “verliebt”, dass wir diesen rationalen Blick nicht haben. Die bereits “versenkten Kosten” verzerren unsere Realität. Das ist der Sunk Cost Bias bzw. die Sunk Cost Definition.
Sunk Costs vs. Opportunitätskosten
In der Vergangenheit versenkte Kosten (denen man im Fall des Sunk Cost Bias einen zu hohen Stellenwert beimisst und dadurch irrational wird) nennt man Sunk Cost.
Ihr habt uns im Vorfeld zu diesem Thema gefragt, nach welche Unterschiede zwischen Sunk Costs vs. Opportunitätskosten bestehen. Sunk Costs haben zeitlich gesehen eine Basis, welche in der Vergangenheit spielt. Hier wurden also Ausgaben in der Vergangenheit getätigt und damit gewisse Konsequenzen ausgelöst.
Von Opportunitätskosten spricht man dagegen, wenn es um Entscheidungen und deren zukünftige Auswirkungen sowie deren Alternativen geht.
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Kognitive Verzerrungen und der Sunk Cost Effekt
Kognitive Verzerrungen bezeichnen systematisch auftretende Denk- und Wahrnehmungsfehler, die menschliche Entscheidungen beeinflussen, wie IONOS erklärt. Jedes Mal, wenn man etwas wahrnimmt, denkt, über etwas urteilt oder sich erinnert, wird man von Vorannahmen des Gehirns beeinflusst.
Verlustaversion und Sunk-cost Fallacy
Diese beiden Arten der Kognitiven Verzerrung liegen sehr nah beieinander und lassen sich im Trading häufig beobachten. Etwas, das Menschen immer vermeiden wollen, sind Verluste. Deshalb werden Verluste häufig höher eingeschätzt als vergleichbare Gewinne.
Ist ein Trader in einer Verlustposition investiert, wird er oft durch den Gedanken an das bereits investierte Kapital und die aufgewendete Zeit davon abgehalten, die Position zu schliessen und weiterzumachen.
Wie man den Sunk Cost Bias vermeidet
Um seine Wahrnehmungsfehler in erster Linie zu erkennen, sei es zum Beispiel hilfreich, eine schriftliche Reflexion beziehungsweise eine Auswertung vergangener Trades oder Investments durchzuführen. Diese sollte in klare Kriterien unterteilt sein. Dabei soll auch begutachtet werden, welchen Gefühlen und Einflüssen der Trader beim Treffen dieser Entscheidung womöglich ausgesetzt war.
Zudem ist es ratsam, sowohl die Emotionen als auch die Handelsstrategie während des Ein- und Ausstiegs aus Trades in genau dem Moment festzuhalten, in dem dieser Prozess stattfindet. Nur so sind die Notizen ehrlich und unverfälscht.
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Ebenfalls hilfreich ist es, eine Checkliste zu führen. Diese sollte im besten Falle Faktoren beinhalten, die man beachten muss, wenn man ein Investment eingeht und wie man mit einem Investment in bestimmten Situationen weiter verfährt.
Hier legt man also zunächst bestimmte Kriterien fest, die erfüllt sein müssen, bevor eine Investition überhaupt getätigt wird. Beispielfragen, die in der Liste notiert werden könnten, sind zum Beispiel: "Wie bin ich auf diese Investmentidee gestossen? Welche Emotionen habe ich, wenn ich über diese Investmentidee nachdenke? Wenn meine Idee schiefgeht, was mache ich konkret mit meinem Investment? Was mache ich bei 10/20/100 Prozent Gewinn?
Schliesslich ist auch der richtige Umgang mit Informationen von grosser Bedeutung. Dabei geht es schon bei der Reihenfolge los, in der die Informationen aufgenommen werden, weshalb auch die Reihenfolge der einzelnen Punkte auf der Checkliste gut überlegt sein sollten.
Dies ist so wichtig, da Menschen eingehende Informationen in ihrer Bedeutung unbewusst nach der Reihenfolge, in der sie sie aufnehmen, sortieren.
Hinzu kommt die enorme Menge an Informationen, die an der Börse auf Investoren einwirken. Deshalb ist es wichtig zu lernen, welche Informationen wichtig für das eigene Investment sind und welche nicht. Hierbei braucht es natürlich auch eine bestimmte Zeit sowie Erfahrung, um dies zu erkennen.
Sunk Cost Fallacy im Alltag
In der Finanzwirtschaft bezeichnen Sunk Costs (auf deutsch versunkene oder irreversible Kosten) bereits entstandene Kosten, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die sogenannte Sunk Cost Fallacy bezeichnet das Phänomen, dass wir an Entscheidungen festhalten, weil wir ein hohes Anfangsinvestment getätigt haben und aus diesem Grund nicht mehr davon abrücken wollen.
Ganz nach dem Motto: «Ich habe schon so viel reingesteckt, ich kann doch jetzt nicht mehr aussteigen». Tatsächlich wäre es in manchen Fällen klüger, die Reissleine zu ziehen. Die Theorie hat nicht nur in der Wirtschaft Gültigkeit, sondern oft auch in unserem Alltag.
Es zählen nicht nur finanzielle Aufwände als Anfangsinvestition, sondern auch Zeit oder Arbeit, die man für etwas geleistet hat. Sie stehen lange für eine Pizza an, die Ihnen dann gar nicht schmeckt? Wahrscheinlich essen Sie sie dennoch - wo Sie doch solange dafür in der Schlange standen.
Menschen wollen schlicht nicht, dass eine getätigte Investition für die Katz war. Unternehmer und Schriftsteller Rolf Dobelli schreibt in seinem Buch «Die Kunst des klaren Denkens», dass dieses Verhalten vorwiegend darauf zurück geht, dass wir als konsitente Personen wahrgenommen werden möchten.
Wer in der Mitte eines Projektes hinwirft, um neu anzufangen, gibt damit zu, dass er sich möglicherweise getäuscht hat.
Auch Beziehungen sind davon betroffen
Laut Christopher Olivola, Marketing-Professor an der amerikanischen Carnegie Mellon University fallen auch Beziehungen unter die Theorie der Sunk Cost Fallacy. Oftmals halte man unnötig lange an einer Partnerschaft fest, einfach, weil man über einen langen Zeitraum Zeit, Arbeit und Nerven dafür aufgewendet habe.
Dahinter steckt laut Oviola oftmals ein weiteres Phänomen aus der Psychologie: Der Abbau kognitiver Dissonanzen. Der Zustand einer kognitiven Dissonanz entsteht dadurch, dass wir mehrere Wahrnehmungen in Bezug auf eine Sache nicht miteinander in Einklang bringen können. Weil wir das nur schwer aushalten, muss eine dieser Wahrnehmungen verschwinden.
Im Falle der Sunk Costs heisst das: Bei einem ursprünglichen Plan zu bleiben, obwohl er sich als suboptimal entpuppt, kann auch ein Versuch sein, Dissonanzen zu reduzieren. Konkret geht es dabei um die Diskrepanz zwischen den eingesetzten Mitteln und dem daraus resultierenden Ertrag.
Investitionen Dritter zählen auch
Laut einer Studie von Olivola beeinflussen einen dabei nicht nur Sunk Costs, die man selber getätigt hat, sondern auch jene, die andere gemacht haben. Wenn jemand viel Geld für ein Konzertticket ausgibt und dann krank wird, wird die Person laut der Studie alles daran setzen, um dennoch zum Konzert gehen zu können. Das ist auch der Fall, wenn man das Ticket geschenkt bekommen hat - die Kosten also bei einer anderen Person anfallen.
tags: #Sunk #Cost #Effekt #Psychologie