Was ist real, was nicht? Kann ich meiner Wahrnehmung noch trauen? Für Menschen, die unter einer Psychose leiden, gehören diese Fragen zur alltäglichen Herausforderung. Falls es Ihnen auch so geht - Sie sind nicht alleine! Die Symptome einer Psychose können beängstigend sein.
Der Begriff «Psychose» fasst eine Vielzahl an psychischen Störungen zusammen, bei denen Betroffene die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Ihr Bezug zur Realität ist verzerrt. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zur VR-Metapher: Personen mit einer Psychose wissen nicht, dass sie diese VR-Brille tragen und darum Dinge sehen und hören, die andere Menschen nicht wahrnehmen. Und das kann unglaublich beängstigend sein.
Zusätzlich herrscht in der Gesellschaft nach wie vor das falsche Vorurteil «Personen mit Psychose sind unberechenbar und gefährlich». Dabei sind Psychosen Erkrankungen wie jede andere auch und können jeden treffen. Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung erleben im Laufe ihres Lebens eine Psychose. Die Ursachen sind vielfältig und oft unbekannt. Doch es gibt einige Faktoren, die eine Erkrankung begünstigen können.
Ein Leben mit einer psychischen Krankheit bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden.
Symptome einer Psychose
Die Symptome einer Psychose können sehr unterschiedlich sein, sowohl in ihrer Ausprägung als auch in ihrer Kombination.
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- Wahnvorstellungen: Betroffene leiden unter Wahnvorstellungen, d. h. haben «falsche Vorstellungen» der Welt und der Dinge darin. Beispielsweise leiden sie unter Verfolgungswahn oder Grössenwahn. Sie fühlen sich häufig verfolgt und beobachtet, als ob eine unsichtbare Bedrohung Ihnen auf Schritt und Tritt folgt. Es scheint, als hätten bestimmte Personen oder Organisationen es auf Sie abgesehen, selbst wenn es dafür keine objektiven Anhaltspunkte gibt. Sie sind überzeugt, aussergewöhnliche Fähigkeiten oder eine besondere Bedeutung zu haben. Sie denken etwa, dass Sie für das Wohl der Welt verantwortlich sind oder mit übernatürlichen Kräften in Verbindung stehen.
 - Halluzinationen: Betroffene erleben Halluzinationen, das heisst, sie nehmen Reize wahr, die in der Realität nicht existieren. Sie hören Stimmen, die Ihren Namen rufen, Ihnen Befehle geben oder über Sie sprechen, obwohl niemand sonst im Raum ist. Alltägliche Gegenstände und Menschen verändern plötzlich ihre Form oder Farbe, was sehr verwirrend und beängstigend sein kann. Schatten oder Gestalten erscheinen an den Wänden oder in den Ecken Ihres Blickfeldes, obwohl niemand dort ist. Es kommen Ihnen Gerüche in die Nase, die stark und intensiv sind, obwohl es keine erkennbare Quelle dafür gibt.
 - Verfremdung: Betroffene erleben ihren eigenen Körper, ihre Gedanken und Gefühle als fremd. Es fühlt sich an, als könnten andere Ihre Gedanken wie ein offenes Buch lesen, was Sie sehr verletzlich macht. Sie haben den Eindruck, dass Ihre Gedanken von aussen gesteuert oder sogar entzogen werden, was ein tiefes Gefühl der Machtlosigkeit hervorruft. Ihre eigenen Gefühle erscheinen Ihnen fremd, als würden sie nicht zu Ihnen gehören.
 - Denkstörungen: Ihre Gedanken springen ohne erkennbaren Zusammenhang von einem Thema zum nächsten, was es schwierig macht, klar zu denken oder Gespräche zu führen. Sie beginnen einen Satz und vergessen plötzlich, was Sie sagen wollten, was sehr frustrierend sein kann. Ihr Kopf fühlt sich an, als wäre er mit zu vielen Gedanken gleichzeitig gefüllt, was überwältigend ist.
 - Sozialer Rückzug: Sie haben das Bedürfnis, sich in Ihrem Zimmer zu verkriechen und die Tür vor der Welt zu verschliessen, weil soziale Interaktionen zu anstrengend sind. Der Gedanke daran, das Haus zu verlassen und unter Menschen zu sein, verursacht grosse Angst und Unbehagen. Sie meiden Anrufe und Besuche, selbst von engen Freunden und Familienmitgliedern, weil Sie sich emotional überfordert fühlen.
 - Emotionslosigkeit: Dinge, die Ihnen früher Freude bereitet haben, lassen Sie nun völlig kalt. Es ist, als wäre eine unsichtbare Barriere zwischen Ihnen und der Welt. Es fühlt sich an, als wären Sie unter einer Glasglocke gefangen, durch die keine Emotionen hindurchdringen können.
 - Antriebslosigkeit: Selbst einfachste Tätigkeiten wie Duschen oder Einkaufen fühlen sich an, als würden sie eine enorme Menge an Energie erfordern, die Sie nicht haben. Sie lassen alltägliche Aufgaben wie Haushalt und Körperpflege schleifen, weil Sie einfach nicht die Kraft finden, sie anzugehen. Das Aufstehen aus dem Bett wird zu einem täglichen Kampf, da jede Bewegung und jeder Schritt eine immense Anstrengung darstellen.
 
Eine Psychose fühlt sich für Betroffene an, als hätten sie eine VR-Brille auf, ohne es zu wissen.
Formen und Unterarten von Psychosen
Es gibt viele verschiedene Formen und Unterarten von Psychosen, jede mit ihren eigenen Herausforderungen und Merkmalen.
- Primäre Psychose: Eine primäre Psychose entsteht aus einer psychischen Erkrankung selbst, ohne dass eine andere medizinische Ursache dahintersteckt.
 - Sekundäre Psychose: Eine sekundäre Psychose hingegen tritt als Folge einer anderen, meist körperlichen Erkrankung oder durch Substanzeinnahme auf. Diese Art der Psychose kann durch neurologische Erkrankungen wie Hirntumore, Infektionen des Gehirns, Stoffwechselstörungen, Drogenmissbrauch oder bestimmte Medikamente ausgelöst werden.
 - Schizophrenie: Die Schizophrenie ist weder eine Persönlichkeitsstörung noch eine Persönlichkeitsspaltung, wie oft fälschlicherweise angenommen wird. Stattdessen handelt es sich um eine Form der Psychose, die vor allem Störungen in der Wahrnehmung und im Denken hervorruft. Menschen mit Schizophrenie erleben die Welt auf eine Weise, die für andere oft schwer nachvollziehbar ist.
 - Schizoaffektive Störung: Bei der schizoaffektiven Störung leiden Betroffene sowohl unter psychotischen Symptomen als auch unter affektiven, also stimmungsbezogenen Symptomen. Das bedeutet, dass sie nicht nur Wahnvorstellungen oder Halluzinationen haben, sondern auch unter extremen Stimmungsschwankungen oder Depressionen leiden.
 - Kurze psychotische Störung: Die kurze psychotische Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der eine Person plötzlich psychotische Symptome entwickelt, die jedoch nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Diese Episoden, die oft durch schwere Stresssituationen, Drogenkonsum oder Schlafmangel ausgelöst werden, dauern normalerweise weniger als einen Monat.
 - Wahnhafte Störung: Die wahnhafte Störung, auch als Paranoia bekannt, ist durch das Vorhandensein langanhaltender Wahnvorstellungen ohne andere prominente Psychose-Symptome gekennzeichnet. Personen mit dieser Störung können in vielen Lebensbereichen normal funktionieren und verhalten sich oft unauffällig, ausser in Bezug auf ihre Wahnvorstellungen. Beispiele für solche Wahnvorstellungen sind Verfolgungswahn, Eifersuchtswahn, Grössenwahn oder Liebeswahn.
 - Wochenbettpsychose: Die Wochenbettpsychose ist eine schwere psychische Erkrankung, die nach der Geburt eines Kindes auftreten kann. Sie ist durch plötzliche und intensive psychotische Symptome gekennzeichnet, die sich innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt entwickeln. Zu den möglichen Symptomen gehören Wahnvorstellungen, Halluzinationen, desorganisiertes Denken sowie extreme Stimmungsschwankungen und verändertes Verhalten, wie Unruhe oder Gedächtnisprobleme. Die Ursachen sind nicht vollständig geklärt, doch hormonelle Veränderungen sowie die körperlichen und emotionalen Herausforderungen der Geburt und des Elternseins können eine Rolle spielen.
 
Behandlung einer Psychose
Die Behandlung einer Psychose ist vielschichtig und sollte individuell angepasst werden.
- Medikamentöse Behandlung: Einnahme von Antipsychotika, eventuell ergänzt durch Stimmungsstabilisieren oder Antidepressiva.
 - Psychotherapie: Eine wichtige Ergänzung zur medikamentösen Behandlung.
 - Zusätzliche Massnahmen: Kriseninterventionen und langfristige Rehabilitation können erforderlich sein, um die Stabilität zu fördern und die Rückkehr in den Alltag zu erleichtern.
 
Die gute Nachricht ist: Es gibt Hoffnung auf Besserung. Mit der richtigen Behandlung und Unterstützung kann die Mehrheit der Betroffenen wieder ein normales Leben führen.
In der Schweiz übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine ärztliche Behandlung, wenn eine nachgewiesene Psychose vorliegt und von einer anerkannten Fachperson behandelt wird. Für genaue Informationen zur Kostenübernahme sollten Sie sich bei Ihrer Krankenversicherung oder den zuständigen Behörden erkundigen.
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