Paranoide Schizophrenie: Ein Ratgeber für Angehörige

Die Schizophrenie ist nicht selten und tritt so häufig wie die Zuckerkrankheit auf. Etwa jeder Hundertste erkrankt daran, und in jeder Nachbarschaft gibt es möglicherweise jemanden, der darunter leidet. Doch Schizophrenie ist eine oft missverstandene psychische Störung, die Angst auslösen kann. Sie ist vielfältig in ihren Erscheinungsformen und kann leicht oder schwer, akut und traumatisch oder schleichend und kaum wahrnehmbar sein. Da die Erkrankung so schillernd ist, ist sie oft schwer greifbar, selbst für erfahrene Fachleute.

Dieser Artikel soll Ihnen helfen, die paranoide Schizophrenie besser zu verstehen und Ihnen als Angehöriger Ratschläge und Informationen an die Hand geben.

Was ist paranoide Schizophrenie?

Schizophrenie ist eine schwere psychische Störung, bei der Betroffene phasenweise Veränderungen ihrer Gedanken, Gefühle und Wahrnehmung erleben. Ihr Verhalten ändert sich und kann auf Aussenstehende beängstigend oder verwirrend wirken. Oft leiden Betroffene unter Wahnvorstellungen und Halluzinationen.

Die paranoide Schizophrenie ist mit einem Anteil von etwa 65 Prozent die häufigste Schizophrenieform. Ungefähr die Hälfte aller Schizophrenie-Betroffenen zeigt im Verlauf der Erkrankung Symptome einer paranoiden Schizophrenie. Diese entwickelt sich meist später als andere Schizophrenie-Formen und taucht oft erst bei Menschen im mittleren Lebensalter auf. Im Durchschnitt manifestieren sich die Symptome der paranoiden Schizophrenie zwischen dem 25. und 35. Geburtstag.

Symptome der paranoiden Schizophrenie

Bei den meisten Patientinnen und Patienten mit einer schizophrenen Psychose zeigen sich Monate und Jahre schon Frühsymptome wie etwa Konzentrationsstörungen, veränderte Wahrnehmung, Schlaf- und Antriebsstörungen, Misstrauen. Meist sind junge Erwachsene betroffen, deren Umfeld die Symptome fälschlicherweise als normale Entwicklung in der Pubertät interpretiert hat. Diese Symptome beeinträchtigen allerdings die Leistungsfähigkeit der Betroffenen erheblich und haben negative soziale Folgen.

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Die zusammenhängende Darstellung der Krankheitssymptome ist unumgänglich, obwohl sie nie alle zur gleichen Zeit vorkommen und auch nicht nur für das Erscheinungsbild der Schizophrenie typisch sind. Es gibt zusätzliche (akzessorische) Symptome. Zu den Letzteren gehören z. B. Störungen der äußeren Wahrnehmung. So berichten manche Kranke über Licht- und Farbüberempfindlichkeit. Gesichter oder Figuren sehen sie seltsam verzerrt. Das Zeiterleben kann sich verändern.

Die Störungen des Gefühls, sei es depressive Verstimmtheit oder nicht nachvollziehbare Heiterkeit, werden oft verkannt und in ihren Auswirkungen unterschätzt. Die Intelligenz ist nicht beeinträchtigt!

Diagnose der paranoiden Schizophrenie

Nach der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (derzeit noch ICD-10) müssen folgende Kriterien für die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie zutreffen:

  • Die allgemeinen Kriterien einer Schizophrenie liegen vor.
  • Die Betroffenen haben Wahnvorstellungen oder Halluzinationen (vorwiegend akustische Halluzinationen).
  • Unpassende Emotionen oder Ausdruckslosigkeit (sogenannter „flacher Affekt“) treten nicht oder nur schwach auf.

Bei Verdacht auf die Entwicklung einer Psychose erfolgt eine umfassende psychiatrische Abklärung. Hierbei werden die aktuellen Beschwerden, Vorgeschichte, Risikofaktoren (z.B. Daraufhin erfolgt eine spezifische test-diagnostische Abklärung. Durch diese erhält man konkrete Hinweise, ob ein Erkrankungsrisiko vorliegt und ob es sich um eine psychoseferne oder psychosenahe Risikophase handeln könnte. Gleichzeitig sollten körperliche Ursachen abgeklärt und ausgeschlossen werden. Es erfolgt eine Blutabnahme und Untersuchung des Urins sowie ein Drogenscreening. Falls nötig wird eine Bildgebung des Schädels (CT oder MRI) oder eine Ableitung der Hirnströme (EEG) durchgeführt.

Behandlung der paranoiden Schizophrenie

Generell gilt: Die paranoide Schizophrenie hat bei entsprechender Behandlung eine gute Prognose. Antipsychotische Medikamente (Neuroleptika) wirken in vielen Fällen gut. Vor allem bei frühzeitiger Behandlung können die Wahnvorstellungen und Halluzinationen schnell gestoppt werden.

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Zusätzlich sollten Patienten auch eine psychotherapeutische Behandlung erhalten und psychosoziale Massnahmen in Anspruch nehmen. Diese Massnahmen verbessern den Umgang der Patienten mit ihrer Erkrankung und helfen, mögliche auslösende Stressfaktoren frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Das senkt zusätzlich das Risiko eines Rückfalls von paranoider Schizophrenie.

Im Normalfall ist eine ambulante Behandlung ausreichend und der stationären Behandlung vorzuziehen. Bei spezieller Problematik kann eine intensivere therapeutische Begleitung in einem teil- oder vollstationären Umfeld sinnvoll sein. Diese planen wir mit dem Patienten und den Angehörigen - nach Absprache mit dem Zuweiser. Therapie der ersten Wahl ist die Psychotherapie im Einzelsetting.

Im psychotherapeutischen Gruppensetting können problemlösungsorientierte und soziale Kompetenzen und Entspannungsverfahren vermittelt und erlernt werden. Eine medikamentöse Behandlung ist meist nicht nötig, kann aber individuell sinnvoll sein. Hierbei wird eher vorsichtig und niedrig dosiert vorgegangen. Bei psychosozialen und beruflichen Problemen kann eine Unterstützung und Begleitung durch den Sozialdienst sinnvoll und entlastend sein.

Früherkennung und Risikozustände

Wichtig und erfolgversprechend sind ungünstige Umweltfaktoren zu minimieren und professionelle Unterstützung anzubieten. Bei spezieller Problematik kann eine intensivere therapeutische Begleitung in einem teil- oder vollstationären Umfeld sinnvoll sein. Diese planen wir mit dem Patienten und den Angehörigen - nach Absprache mit dem Zuweiser.

Therapie der ersten Wahl ist die Psychotherapie im Einzelsetting. Symptom-Monitoring Psychoedukation: Entwicklung eines konstruktiven Erklärungsmodells für die Beschwerden. Dabei wird die negative Selbstabwertung vermieden.

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Umgang mit Vorurteilen und Stigmatisierung

Leider wird immer noch irrtümlicherweise angenommen, dass Menschen mit Schizophrenie gewalttätig sind oder über mehrere Persönlichkeiten verfügen. Deshalb werden Menschen mit einer Schizophrenie oft stigmatisiert. Es ist wichtig, sich gegen diese Vorurteile zu stellen und Aufklärungsarbeit zu leisten.

Die Rolle der Angehörigen

Für die Behandlung muss man wissen, dass viele Kranke nicht in der Lage sind, eigenständig auf die übliche Weise Hilfe zu suchen. Wohl alle Kranken, Familienangehörige, Bekannte und Freunde stellen besorgt die Frage, woher die Krankheit kommt. Sie fragen sich, ob eine andere Lebensweise den Ausbruch verhindert hätte, wer schuld an der Krankheit ist.

Insbesondere das Suchen und Fragen nach der Schuld hat in den vergangenen Jahrzehnten das Zusammenleben vieler Kranker mit ihren Familien belastet und vergiftet. Es gibt eine Reihe von Vorstellungen, Theorien und Befunden. Sie münden nach dem heutigen Stand der Forschung in die Erkenntnis, dass Menschen, die schizophren erkranken, empfindsamer gegenüber Innen- und Außenreizen sind als andere.

Vulnerabilität (Verletzlichkeit) ist das Schlüsselwort. Weniger robust zu sein als andere Menschen ist weder Schande noch Schwäche. Es gibt niemanden, der daran schuld ist.

Wo finden Angehörige Hilfe?

Die Behandlung von Betroffenen in einem Risikozustand sollte wohnortnah und dezentral erfolgen. Hierzu gibt es Therapieangebote an allen unseren Standorten. Sie können sich selbst online, telefonisch oder schriftlich bei uns anmelden oder sich durch Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt überweisen lassen. Wenden Sie sich bitte direkt an die Ambulatorien unserer Standorte.

Zusammenfassung

Die paranoide Schizophrenie ist eine komplexe Erkrankung, die Betroffene und ihre Angehörigen vor grosse Herausforderungen stellt. Durch frühzeitige Diagnose, geeignete Behandlung und psychosoziale Unterstützung können Patienten jedoch ein erfülltes Leben führen. Als Angehöriger spielen Sie dabei eine entscheidende Rolle.

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