Der Begriff „Borderline“ bedeutet zu Deutsch „Grenzland“ und wurde erstmals im 19. Jahrhundert verwendet. Er beschrieb Fälle, die problematisch zu diagnostizieren waren: Ein Patient konnte zwar nicht als gesund bezeichnet, jedoch auch keiner eindeutigen psychischen Krankheit zugewiesen werden. Heutzutage wird der Begriff Borderline zwar für eine eindeutige psychische Krankheit verwendet, doch ist deren Diagnose aufgrund ihrer vielseitigen Symptome schwierig. In der Gesellschaft weitgehend unbekannt und für erfahrene Fachärzte oftmals schwer zu erkennen, bleibt die Krankheit häufig unbehandelt. Ein Grund dafür ist, dass gesunde Personen einzelne Symptome zeigen können, diese aber weniger intensiv sind und nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Zudem kann die Borderline-Störung zusammen mit anderen Persönlichkeitsstörungen auftreten.
Was ist das Borderline-Syndrom?
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) gehört zu den sogenannten "emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen". Menschen mit dieser schweren psychischen Störung leiden unter ihren intensiven und unkontrollierbaren Emotionen. Zu den Hauptmerkmalen dieser Störung gehören laut der Borderline-Definition starke Schwankungen der Stimmung sowie heftige Wutausbrüche. Auch ein ausgeprägtes Schwarz-Weiss-Denken ist typisch für Borderliner.
Die WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) unterteilt Menschen mit emotional instabilen Persönlichkeiten zusätzlich in zwei verschiedene Typen: den Impulsiven Typ und den Borderline-Typ.
- Um dem Impulsiven Typ zugeordnet zu werden, müssen bestimmte Merkmale vorhanden sein, zum Beispiel die Neigung zu Streitereien oder impulsiven, unerwarteten Handlungen ohne auf mögliche Folgen zu achten. Auch die Neigung zu unkontrollierten Wut- oder Gewaltausbrüchen und starke Stimmungsschwankungen gehören dazu.
 - Typische Merkmale des Borderline-Typs sind, neben der ebenfalls vorliegenden Neigung zu Streitigkeiten, Unsicherheiten im Selbstbild beziehungsweise in der eigenen Identität, Neigung zu intensiven, aber instabilen Beziehungen und Angst vorm Verlassenwerden. Zudem kommt häufig die Androhung oder Durchführung von Selbstverletzungen und ein dauerhaftes Gefühl der Leere.
 
Die meisten Borderliner haben zudem Schwierigkeiten, eine Berufsausbildung abzuschliessen. Manche verbringen insgesamt Jahre ihres Lebens in psychiatrischen Kliniken. Erst um das dreissigste Lebensjahr herum nimmt die Intensität des Borderline-Syndroms langsam ab, und die heftigen Gefühlsstürme verebben.
Ein (seröser) Borderline-Tumor ist ein nicht-krebsartiger Tumor an den Eierstöcken und hat nichts mit der psychischen Erkrankung Borderline-Syndrom zu tun.
Lesen Sie auch: Borderline und Vaterschaft
Wer ist vom Borderline-Syndrom betroffen?
In der Bevölkerung sind durchschnittlich etwa 1,6 Prozent von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung betroffen. Unter den jungen Menschen ist die Krankheit mit über 6 Prozent überdurchschnittlich oft vertreten.
Die Borderline-Krankheit entwickelt sich oft in der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter. Die ersten Anzeichen für die psychische Störung treten teilweise bereits im Kindesalter auf, es ist jedoch schwierig, Borderline bei Kindern zu diagnostizieren. Auffällige Anzeichen sind bei Kindern und auch Jugendlichen häufig nicht eindeutig dem Borderline-Syndrom zuzuordnen. Bei einem Verdacht auf eine Borderline-Erkrankung im jungen Alter sprechen Experten von einer Borderline-Entwicklungsstörung.
Früher galten junge Frauen als besonders anfällig für die Borderline-Störung. Neuere Untersuchungen weisen aber darauf hin, dass die Geschlechter-Verteilung ausgeglichen ist. Zwar sind bis zu 80 Prozent der Patienten in Therapie weiblich. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass sich Borderline bei Männern anders äussert als bei Frauen. Männliche Borderliner neigen unter Umständen stärker zu Gewalt gegen andere und landen daher eher in Jugendstraf-Einrichtungen als in einer therapeutischen Anstalt.
Mütter und Väter mit Borderline
Menschen mit Borderline, die ein Kind erwarten, haben oft grosse Selbstzweifel und Sorge, dem Kind nicht gerecht zu werden. Wenn Mutter oder Vater am Borderline-Syndrom leiden, bedeutet das jedoch nicht automatisch, dass auch die Kinder psychische Schwierigkeiten haben werden. Betroffene Eltern, die bereit sind, sich in therapeutische Behandlung zu begeben und an ihrem typischen Borderline-Verhalten zu arbeiten, bieten möglicherweise ihrem Kind den nötigen Schutz vor der Erkrankung.
Auswirkungen auf Kinder
Eltern mit Borderline haben - wie andere Eltern auch - die besten Absichten für ihre Kinder. Diese überfordern sie aber häufig. Häufig haben beispielsweise Mütter mit Borderline-Syndrom sehr hohe Ansprüche an sich und wollen dem Kind ein besseres Leben als das ihre ermöglichen. Es besteht die Gefahr, dass sie den Nachwuchs überbehüten und ihm kaum Raum zur Entwicklung geben.
Lesen Sie auch: Der Klassiker "Geh aus, mein Herz, und suche Freud"
Bei Eltern mit schwer ausgeprägten Borderline-Symptomen leiden die Kinder sehr unter den Auswirkungen der psychischen Störung. Sie sind den Stimmungsschwankungen der Eltern hilflos ausgesetzt. Der Wechsel zwischen liebevoller Nähe und Abweisung verunsichert die Kinder, und sie verlieren das Vertrauen in die Eltern.
Wenn die Kinder merken, dass ihre Eltern nicht in der Lage sind, den Alltag zu meistern, übernehmen sie die Rolle des Erwachsenen. Experten bezeichnen das als Parentifizierung. Die Kinder bemühen sich, die Bedürfnisse der Eltern zu erfüllen und stecken ihre eigenen zurück. Diese Rollenumkehr erzeugt bei den Kindern meist psychische Probleme, die manchmal ein Leben lang anhalten.
Viele Patienten mit Borderline-Syndrom wurden in ihrer eigenen Kindheit vernachlässigt oder misshandelt. Ein eigenes Kind ruft möglicherweise Erinnerungen an solche traumatischen Ereignisse wach. Die Betroffenen fühlen sich dadurch wieder in die Kinderrolle versetzt und sind häufig nicht in der Lage, ihr eigenes Kind angemessen zu versorgen. Die Elternrolle überfordert sie, erzeugt Aggression - und in manchen Fällen auch Gewalt gegen die Kinder.
Viele Gründe also, warum es ratsam ist, sich als Eltern mit Borderline-Syndrom unbedingt Hilfe zu suchen. Es besteht die Möglichkeit, dass ein Therapeut die Familie auf ihrem Weg begleitet. Die Eltern haben mit entsprechender Unterstützung gute Chancen, zu lernen, wie sie die Bedürfnisse ihres Kindes erkennen. Wenn die Kinder über die Krankheit der Mutter oder des Vaters aufgeklärt werden, haben sie ein besseres Verständnis für schwierige Situationen.
Teil 1: Symptome und Diagnose
Wie in Teil 1: Symptome und Diagnose beschrieben, ist eine Borderline-Störung durch verschiedene Symptome gekennzeichnet. Bei der Borderline-Störung handelt sich um eine komplexe psychische Erkrankung. Dieses Krankheitsbild gehört zu der Klassifikation der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung.
Lesen Sie auch: Burnout: Ursachen und Behandlung
Symptome
Eine Borderline-Störung kann diverse Symptome haben:
- Emotionale Instabilität: Betroffene einer Borderline-Störung leiden an einem emotionalen Ungleichgewicht. Sie erleben Stimmungsschwankungen wie bei einer Achterbahnfahrt, die sie nicht kontrollieren können. Dabei reagieren sie in schwierigen Situationen schnell sehr sensibel. Bereits ein scheinbar harmloser Anlass kann ausreichen, um eine starke emotionale Reaktion auszulösen. Die Situation überfordert Betroffene und setzt sie stark unter Druck.
 - Gestörtes Sozialverhalten: Häufig macht sich eine Borderline-Störung durch Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen bemerkbar. Betroffene interpretieren Situationen anders, wobei Missverständnisse und Konflikte entstehen können. Oft reagieren Betroffene mit Aggressionen und Bedrohungen, was die Lösung des Konfliktes erheblich erschwert. Instabile zwischenmenschliche Beziehungen durch den Wechsel von Idealisierung und Entwertung anderer.
 - Angst vor Zurückweisung: Patienten mit einer Borderline-Störung leiden oftmals an einer ausgeprägten Angst vor dem Verlassenwerden. Bereits eine kleine Verspätung der Verabredung kann dazu führen, dass Betroffene starke Ängste empfinden und in eine emotionale Krise geraten. Folglich bemühen sie sich sehr, die Personen in ihrem Umfeld an sich zu binden. Sie setzen andere unter Druck, zum Beispiel durch die Androhung einer Selbstverletzung, um eine Trennung um jeden Preis zu vermeiden.
 - Selbstschädigendes Verhalten: Häufig bleibt es aber nicht nur bei der Androhung einer Selbstverletzung. Borderline-Patienten fügen sich oftmals selbst Schnitt- oder Brandwunden zu, die sie als Ventil für den Abbau der inneren Anspannung benutzen. In schlimmeren Fällen treten auch Selbstmordversuche auf. Neben den selbstverletzenden Handlungen können folgende Verhaltensweisen gezeigt werden: Drogenkonsum, riskantes Autofahren, Essstörungen. Impulsiver und selbstschädigender Lebensstil, wie exzessives Geldausgeben, riskantes Sexualverhalten, Substanzmissbrauch, Glücksspiel, Essanfälle etc.
 - Verzerrtes Selbstbild: Menschen mit BPS haben oft Schwierigkeiten, ein stabiles Selbstwertgefühl zu entwickeln. Gefühl, anders zu sein, als die anderen, keine eigene Identität zu haben.
 - Ausgeprägte Stimmungsschwankungen
 - Angst vor dem Verlassenwerden
 
Diagnose
Die Diagnose wird von einer Fachperson aufgrund sich wiederholender Symptome und Angaben des Patienten zu seiner Lebensgeschichte gestellt. In einem ausführlichen Gespräch mit einer Fachperson werden die Lebens- und Krankheitsgeschichte des Patienten im Detail besprochen, um allfällige andere Krankheitsdiagnosen ausschliessen zu können. Dies ist besonders wichtig, weil die Symptome auch bei anderen psychischen Störungen auftreten können, wie zum Beispiel bei Depressionen, Sucht- und Angsterkrankungen oder Panikstörungen. In einer aktuellen Untersuchung wird das eigene Erleben des Verhaltens erfragt. Daneben sind aber auch Informationen über die Biographie, die bisherige Lebensbewältigung und Aussagen der Angehörigen sehr wichtig. Zusätzlich können testpsychologische Untersuchungen die Diagnose erhärten.
Für die Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung müssen mehrere der oben aufgeführten Symptome vorliegen.
Wird eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, werden zwei Typen unterschieden:
- Impulsiver Typus: Bei diesem Typus stehen die mangelnde Kontrolle über die Emotionen und die emotionale Instabilität im Fokus.
 - Borderline-Typus: Für die Diagnose einer Borderline-Störung müssen mindestens fünf der folgenden Symptome vorhanden sein: ein chronisches Gefühl der Leere, starke Stimmungsschwankungen.
 
Ätiologie (Ursachen)
Eine psychische Störung lässt sich selten auf eine einzelne Ursache zurückführen. Ein Erklärungsmodell dafür ist das Bio-psycho-soziale Krankheitsmodell, welches in der modernen Psychologie häufig angewendet wird. Demnach werden, wie der Name impliziert, Krankheiten aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet - der Biologie, der Psychologie und dem sozialen Bereich, wie z.B. der Umwelt. Folglich wirken mehrere Faktoren so zusammen, dass sich eine Störung entwickeln kann. Auch bei einer Borderline-Störung sind verschiedene Faktoren für eine Entstehung der Krankheit ursächlich. Im Folgenden werden Umwelt-, neurobiologische und die genetischen Einflüsse betrachtet, welche eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Borderline-Störung spielen können.
Traumatische Erlebnisse
Ein entscheidender Faktor für die Entstehung einer Borderline-Störung sind traumatische Erlebnisse in der frühen Kindheit. Häufig berichten Betroffene einer Borderline-Störung über zum Teil schwere kindliche Traumata. In Studien zeigen bis zu 40 % der Patienten mit Borderlinestörung das zusätzliche Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung, bis zu 80 % traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit.
Grundsätzlich werden anhand von Dauer, Häufigkeit und Intensität zwei Typen von Traumata unterschieden:
- Typ-I: plötzlich eintretende Einzelereignisse wie Unfälle, Überfälle, kurzdauernde Katastrophen, sexuelle Traumen
 - Typ-II: langdauernde traumatische Ereignisse oder sich immer wieder wiederholende Einzelereignisse. Dazu gehören langdauernde Naturkatastrophen, langdauernde Traumatisierung mit Gewalt, Entwertung und sexueller Gewalt inner- und ausserfamiliär, im Kindes - und Erwachsenenalter
 
Betroffene einer Borderline-Störung erleiden solche Traumata oftmals durch wichtigen Bezugspersonen. Das Verhältnis zur Bezugsperson kommt dann in einen Widerspruch. Einerseits ist es eine geliebte und schützende Person, andererseits fügt sie den Betroffenen Schaden zu und erscheint in einem Licht der «Täterschaft». Dieser Widerspruch ist besonders für Kinder schwierig zu verarbeiten. Deshalb werden häufig negative Gefühle gegen sich selbst empfunden - und es kann zu selbstschädigendem Verhalten führen.
Neuere Studien berichten, dass die Hälfte aller Borderline-Patienten ein Typ-I und/oder ein Typ-II Trauma in ihrer Kindheit erfuhren. Die andere Hälfte gab an, alle drei Typen der Traumata erlebt zu haben.
Genetische Veranlagung
Ein weiterer Faktor für die Entstehung einer Borderline-Störung ist die genetische Veranlagung. Die Forschung geht davon aus, dass etwa 40% der Borderline-Störungen auf den genetischen Einfluss zurückzuführen seien. Jedoch konnten noch keine bestimmten Gene für die Entstehung der Krankheit gefunden werden.
Neurobiologie
Ein weiterer Faktor in der Entstehung einer Borderline-Störung ist die Funktionsweise des Gehirns. Wie im Teil 1: Symptome und Diagnose erwähnt, leiden Betroffene an einer geringeren Impulskontrolle. Sie erleben intensive Anspannungszustände und werden von ihren Gefühlen überwältigt, so kann es zu extremen Wutausbrüchen kommen. Ein Grund dafür ist, dass bei Borderline-Patienten das Hirnareal für die Impulskontrolle mangelhaft funktioniert. Des weiteren zeigen sich Fehlfunktionen in den beiden Hirnarealen, die für das Gedächtnis und die Gefühlsreaktionen verantwortlich sind.
Behandlung
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist behandelbar, wobei psychotherapeutische Ansätze wie die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) und die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) besonders wirksam sein können. Die Behandlung einer Borderline-Erkrankung ist herausfordernd und bedarf Geduld. Die Behandlung einer Borderline-Erkrankung ist manchmal schwierig und dauert wegen der tief verankerten Persönlichkeitsstruktur meist lange an. Inzwischen gibt es zahlreiche erprobte Behandlungsansätze, die zu einer deutlichen Reduktion der Symptome und einem verbesserten zwischenmenschlichen Verhalten führen. In den letzten Jahren sind verschiedene Psychotherapieverfahren für die Borderline-Erkrankung entwickelt worden, die im Einzel- oder im Gruppensetting angewendet werden können.
In erster Linie geht es darum, dysfunktionale Bewältigungsstrategien ab- und funktionale Strategien aufzubauen. In der ambulanten Behandlung, die im Regelfall zum Zuge kommt, geht man von einer Therapiedauer von mindestens einem bis zwei Jahren aus. In Krisensituationen kann eine stationäre Behandlung zum Stabilisieren sinnvoll sein. Auch eine tagesklinische Behandlung ist denkbar.
Diese Therapien zielen darauf ab, den Umgang mit Emotionen zu verbessern, zwischenmenschliche Fähigkeiten zu stärken und impulsives Verhalten zu kontrollieren. Medikamente können unterstützend zu einer Psychotherapie wirken. Ganz wichtig sind aber auch die Angehörigen und weitere Bezugspersonen im privaten und beruflichen Umfeld. Sie müssen sehr viel Verständnis und Einfühlungsvermögen aufbringen. Dafür brauchen sie eine dicke Haut und für sich energiespendende Freiräume. Auch der Austausch mit gleichbetroffenen Angehörigen und Fachleuten ist hilfreich.
Die Frage, ob Borderline heilbar sei, taucht bei Stehrs Patient:innen immer wieder auf. Zu deren Beantwortung muss er etwas ausholen: «Die Diagnose wird anhand von Kriterien wie Impulsivität festgemacht. Und diese kann man beeinflussen.» Das heisst: Irgendwann sind die Kriterien nicht mehr in der erforderlichen Anzahl vorhanden, um die Diagnose Borderline zu stellen. «Bis dahin sind Patient:innen zwar nicht symptomfrei, können meist aber ein gutes und sinnerfülltes Leben führen.
Umgang mit Borderline
Die wenigsten Menschen setzen sich ausführlich mit psychischen Erkrankungen wie Borderline auseinander. Treffen sie auf eine betroffene Person, sind sie durch deren impulsives Verhalten meist überfordert. Diese emotionale Belastung kann zu chronischen Konflikten führen. Umso wichtiger ist ein bewusster Umgang damit. Gerade bei Borderline-Betroffenen ist dieses Einordnen wichtig. «Durch deren hohe Emotionalität kann eine Verspätung des Gegenübers bereits zu einem Gefühl der Entwertung führen und als existenzielle Bedrohung empfunden werden. Menschen mit Borderline neigen dazu, ihre Partner:innen zu idealisieren, und lassen sich schnell auf neue Personen ein. Jedoch entstehen durch die Angst vor dem Alleinsein auch oft ungesunde Muster wie Eifersucht.
«Verzweifelte Versuche, das Verlassenwerden zu vermeiden, können manipulativ wirken. Sie sind jedoch keine bewussten Akte der Bösartigkeit, sondern ein Handeln aus Not», ordnet Roland Stehr ein. Reagiert die Beziehungsperson darauf abweisend, verstärkt sich die Dynamik. Oft ziehen Borderline-Patient:innen dann überschnell die Reissleine. «Es ist zentral, diese Muster zu erkennen und sich bei Bedarf psychologische Unterstützung zu holen.» Dies kann auch im Rahmen einer Paartherapie geschehen.
Borderline ist für Betroffene oft schambehaftet; zudem fehlt ihnen durch die Stigmatisierung der Krankheit das Verständnis ihrer Angehörigen. Doch auch hier: Ein gutes Leben ist möglich. Ein begleiteter Dialog mit einer Fachperson kann helfen, einen verständnisvollen Umgang mit der Situation zu finden und damit die Beteiligten zu entlasten.
tags: #borderline #persönlichkeitsstörung #definition