Depressiv ist nicht gleich depressiv. Weltweit sind über zehn verschiedene Arten von Depressionen bekannt, die sich anhand von spezifischen Symptomen feststellen lassen. Wie sich die psychische Krankheit für Betroffene anfühlt, ist einerseits von der eigenen Persönlichkeit und den aktuellen Lebensumständen abhängig. Andererseits hat auch die diagnostizierte Art der Depression einen Einfluss darauf, wie die Symptome wahrgenommen werden.
Was ist eine agitierte Depression?
Wer unter einer agitierten Depression leidet, ist ruhelos und kann sich kaum entspannen. Bei der agitierten Depression kehrt sich die Antriebslosigkeit ins Gegenteil, also in Ruhelosigkeit. Im ICD-10 wird diese Sonderform unter dem Diagnoseschlüssel F32.2 gelistet, der für eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome steht. Verlust der Fähigkeit, Freude zu empfinden.
Eine agitierte Depression äussert sich in ängstlicher Getriebenheit. Die Betroffenen laufen unruhig umher und klagen über Luftnot und Herzrasen. Eine agitierte Depression wird daher auch als "Jammerdepression" bezeichnet. Während Depressive sonst eher Schwierigkeiten haben, sich zu irgendeiner Handlung aufzuraffen, haben Menschen mit agitierter Depression einen ständigen Bewegungsdrang. Ihr Verhalten ist hektisch und ziellos.
Ursachen
Die genauen Auslöser für die unruhige Depression sind noch nicht vollständig geklärt. Fachpersonen gehen davon aus, dass genetische Faktoren und Probleme mit dem Hirnstoffwechsel einen grossen Einfluss haben. Auch traumatische Ereignisse, chronischer Stress und eine ungesunde Lebensweise können das Risiko, an einer agitierten Depression zu erkranken, erhöhen.
Behandlung
Es ist wichtig, dass man bei Verdacht auf eine agitierte Depression professionelle Hilfe sucht. Psycholog:innen oder Psychiater:innen können eine genaue Diagnose stellen und einen individuellen Behandlungsplan zusammenstellen. Dieser besteht oft aus Psychotherapie und/oder Medikamenten.
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Die Behandlung einer Depression erfordert ein multimodales Behandlungskonzept bestehend aus Psychotherapie und Verhaltenstherapie, einer medikamentösen Therapie mit Antidepressiva und der Betreuung durch einen Psychiater. In schweren Fällen gibt es ausserdem die Möglichkeit einer Elektrokrampftherapie.
Psychotherapie
In der Therapie lernen Betroffene, ihre Krankheit anzunehmen und ihre Symptome besser zu bewältigen.
Medikamentöse Behandlung
Für die medikamentöse Behandlung haben sich Antidepressiva bewährt, die die Balance des Hirnstoffwechsels wiederherstellen. Die meisten antidepressive Medikamente wirken über die serotonergen Rezeptoren, entweder als selektive Serotonin-Wiederaufnahme Inhibitoren (SSRI) oder als Serotonin-Noradrenalin Wiederaufnahme Inhibitoren (SSNRI). Ferner werden gerade bei der agitierten Depression auch Benzodiazepine verschrieben, die den Patient:innen helfen sollen, zur Ruhe zu kommen.
Ketamin und Esketamin (Spravato)
Spätestens seit Elon Musk öffentlich erklärt hat, dass er regelmässige Ketamin erhält, ist diese Therapieform wieder in aller Munde; und mit der Zulassung von Spravato auch unter bestimmten Bedingungen durch die Krankenkassen finanziert.
Ketamin wurde in den 1960er Jahren als Narkosemittel synthetisiert und verbreitete sich insbesondere während des Vietnamkriegs in der Behandlung von Kriegsverletzungen. Ketamin induziert Schlaf und Schmerzfreiheit unter weitgehender Erhaltung der Schutzreflexe und wird deswegen von der WHO auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel geführt. Allerdings zeigte sich rasch, dass einzelne Nutzer neben der anästhetischen Wirkung auch psychomimetische Effekte, Halluzinationen oder Out-of-Body Erfahrungen hatten.
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Ketamin bestehen aus einem Racemat mit gleichmässiger Verteilung der beiden Varianten (R)-Ketamin und (S)-Ketamin. Dabei hat (S)-Ketamin eine 3- bis 4-fach höhere Bindungsaffinität zum NMDA-Rezeptor als (R)-Ketamin8.
Spravato ist ein Nasenspray mit dem Wirkstoff Esketamin (S-Ketamin) und wurde am 25. Februar 2020 von Swissmedic für die Behandlung therapieresistenter Depressionen bei Erwachsenen zugelassen, die auf mindestens zwei verschiedene Behandlungen der aktuellen mittelschweren bis schweren depressiven Episode mit Antidepressiva nicht angesprochen haben.
Der genaue Wirkmechanismus von Esketamin ist nicht vollständig verstanden, jedoch ist bekannt, dass es sich von herkömmlichen Antidepressiva unterscheidet. Während die meisten Antidepressiva auf das Serotonin-, Dopamin- oder Noradrenalin-System wirken, zielt Esketamin auf das glutamaterge System ab, das eine Schlüsselrolle in der Modulation von Stimmung und kognitiven Funktionen spielt.
Spravato wird in Kombination mit einem oralen Antidepressivum angewendet. Die Behandlung beginnt in der Regel mit einer Anfangsphase, in der Esketamin zwei Mal pro Woche für einen Zeitraum von vier Wochen verabreicht wird.
Klinische Studien haben gezeigt, dass Esketamin schnell wirken kann, oft innerhalb von Stunden oder Tagen, im Gegensatz zu den Wochen, die herkömmliche Antidepressiva benötigen. Wie bei allen Medikamenten gibt es auch bei Esketamin Risiken und Nebenwirkungen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Schwindel, Dysgeusie (Geschmacksstörungen), Sedierung und Blutdruckerhöhung.
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Esketamin bietet für viele Patienten mit schwerer oder therapieresistenter Depression neue Hoffnung. Durch seinen einzigartigen Wirkmechanismus und die Fähigkeit, schnell zu wirken, stellt es eine bedeutende Ergänzung zum Spektrum der verfügbaren antidepressiven Behandlungen dar.
Tiefe Hirnstimulation (DBS)
Seit 2005 sind mehrere nicht verblindete Studien, sogenannte Open-label-Studien, zur Tiefen Hirnstimulation mit vielversprechenden Ergebnissen veröffentlicht worden, wobei unterschiedliche Zielstrukturen im Gehirn angesteuert und stimuliert wurden. Diese ersten optimistisch stimmenden Resultate wurden nach Veröffentlichung einer ersten placebo-kontrollierten Studie gedämpft. Zwischen Patienten, die aktiv im Bereich des ventralen Striatum stimuliert wurden, und jenen, bei denen nach Elektrodenimplantation in demselben Hirnareal die Stimulation ausgeschaltet blieb, liessen sich keine Unterschiede in Bezug auf einen antidepressiven Effekt feststellen.
Deutlich positiver fiel eine neuere randomisierte placebo-kontrollierte Studie aus den Niederlanden aus. Diese Gruppe veränderte den anatomischen Zielpunkt der Stimulation hin zum vorderen Schenkel der Capsula interna.
Wichtige Hinweise
Eine agitierte Depression ist in der Regel gut behandelbar. Wichtig ist, sich frühzeitig professionelle Unterstützung zu holen.
Die folgenden Organisationen können Ihnen helfen, geeignete Therapeut:innen zu finden:
- Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP)
 - Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP)
 - Schweizerische Berufsverband für angewandte Psychologie (SBAP)
 
Lundbeck
Lundbeck, 1915 in Dänemark gegründet, ist ein stark forschungsorientiertes Unternehmen, und in der Schweiz seit mehr als 75 Jahren aktiv. Wir investieren ausschliesslich in die Erforschung neuer Medikamente zur Behandlung von Krankheiten des Zentralnervensystems wie Depression, Schizophrenie, Alzheimer Demenz, Parkinson`sche Krankheit und Migräne. www.lundbeck.ch
Bei Lundbeck sind wir unermüdlich im Einsatz für die Wiederherstellung der Gesundheit des Gehirns. Weltweit leben Millionen von Menschen Tag für Tag mit einer Erkrankung des Gehirns. Und jeden Tag versuchen wir bei Lundbeck, diese Krankheiten noch besser zu verstehen und noch bessere Therapien zu entwickeln, sodass Betroffene ihr ganz individuelles Potenzial voll entfalten und ihr Leben so gut wie möglich gestalten können.
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