Psychologische Probleme bei Kindern: Ursachen, Symptome und Behandlung

Kinder und Jugendliche müssen sich in ihrer Entwicklung einer Vielzahl von Herausforderungen stellen. Nicht immer sind diese Schritte einfach zu bewältigen. Jeder Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes oder eines*r Jugendlichen bedeutet eine besondere Herausforderung. So ist zum Beispiel der Wechsel vom Kindergarten in die Schule ein bedeutender Schritt in einem Kinderleben. Viele meistern ihn gut, manche tun sich aber schwer. Auch das Jugendalter ist geprägt von tiefgreifenden Veränderungen.

Diese Veränderungen betreffen nicht nur den Körper, die sozialen Beziehungen oder die Gefühlswelt. Auch das Gehirn wird in der Adoleszenz vollständig umgebaut. Einige dieser Veränderungen und Verhaltensweisen wirken mitunter wie die Symptome einer psychischen Erkrankung. Umgekehrt können Symptome einer psychischen Belastungssituation durch Entwicklungsprozesse in dieser Phase verdeckt werden.

Ursachen psychologischer Probleme

Verschiedene Faktoren können Ursache von Verhaltensauffälligkeiten sein: genetische Veranlagung, ungünstige Lebensbedingungen oder -erfahrungen wie z.B. anhaltende, dysfunktionale familiäre Konflikte, Mobbing, wenig soziale Anerkennung, Armut, traumatische Erlebnisse, unzureichende soziale Unterstützung.

Ein Trauma kann verschiedene Ursachen haben. Manche davon sind objektiv, andere subjektiv. Neben Kriegserfahrungen und Flucht können Gewalt, der Tod eines geliebten Menschen oder Missbrauch ein Trauma auslösen. Kinder und Jugendliche können aber auch traumatisiert werden, wenn sie Zeuge eines dramatischen Ereignisses wurden, etwa einem Unfall, oder wenn sie bei Eltern mit psychischen Problemen aufwachsen.

Entscheidend ist nicht, wie schlimm eine bestimmte Situation war, sondern ob sie als traumatisch erlebt wurde. Eine von aussen betrachtet harmlose Erfahrung kann sich auf das eine Kind drastisch auswirken, während ein anderes Kind genug Resilienz besitzt, um Schlimmes zu verkraften.

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Häufigkeit

Seit der Corona-Pandemie hat die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychischen Störungen stark zugenommen. Einem UNICEF-Bericht zufolge leiden rund 15 Prozent der 10 bis 14-Jährigen darunter, unter den 15- bis 19-Jährigen sind es etwa 17 Prozent.

Man kann davon ausgehen, dass 5-10% aller Kinder und Jugendlichen eine klinische relevante Verhaltensstörung aufweisen.

Symptome psychologischer Probleme

So sind Ängste, Traurigkeit, Wut oder Aggressivität normale Reaktionen bei Kindern und Jugendlichen. Oft ist es nicht einfach zu unterscheiden, ob ein junger Mensch psychische Schwierigkeiten hat oder eine normale Veränderung durchmacht. Viele Symptome psychischer Erkrankungen ähneln den Merkmalen der normalen Entwicklung.

Psychische Probleme können sich negativ auf die gesamte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auswirken. Deshalb ist es wichtig, diese frühzeitig zu erkennen, sie anzusprechen und sich notfalls entsprechende Unterstützung zu holen.

Kinder und Jugendliche reagieren auf vielfältige Weise auf ein Trauma. Manche verdrängen ihre Gefühle, andere haben übertriebene Angst, erstarren oder fühlen sich hilflos. Sie werden traurig oder wütend, ohne zu wissen warum. Oftmals haben sie keine Lust mehr auf die Schule oder ein geliebtes Hobby.

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Die Anzeichen einer Depression können je nach Altersgruppe der Betroffenen unterschiedlich ausfallen. Kommt es in dieser Altersgruppe zu depressiven Verstimmungen oder einer Depression, ändert sich meist plötzlich das Verhalten der Kinder. Oft kommen auch körperliche Beschwerden dazu, wie Bauch- oder Kopfschmerzen.

Bei der Abgrenzung hilft ein Blick auf die Symptome, die Alarmzeichen für eine psychische Erkrankung sein können. Wichtig ist, dass Eltern, Erzieher, Lehrer und andere Betreuungspersonen sensibel auf solche Warnsignale reagieren.

Mögliche Anzeichen psychischer Störungen bei Kindern

  • Plötzlicher sozialer Rückzug
  • Scheinbar grundlose, anhaltende Traurigkeit
  • Interessenverlust
  • Antriebslosigkeit
  • Häufige Wutanfälle
  • Einnässen nach dauerhafter Trockenphase

Ein erstes mögliches Anzeichen ist eine plötzliche anhaltende Verhaltensänderung des Kindes oder Jugendlichen. Wenn Ihr Kind sich plötzlich zurückzieht, traurig ist, das Interesse an Hobbys, am Spielen oder früheren Lieblingsbeschäftigungen verliert, ungewöhnlich häufig mit Wutanfällen zu kämpfen hat oder wenn eigentlich „trockene“ Kinder wieder einnässen, kann eine psychische Störung dahinterstecken.

Bei den körperlichen Symptomen sind Kopfschmerzen häufig.

Diagnose

Bevor die Behandlung beginnt, erfolgt eine sorgfältige Diagnose durch eine Fachkraft, also den Kinder- und Jugendpsychiater oder die -psychiaterin. Ziel ist es, genau zu benennen, um welche Form der Störung es sich handelt. So lässt sich die Behandlung passgenau auf das Krankheitsbild zuschneiden. Das ist wichtig für den Erfolg der späteren Therapie.

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Am häufigsten stellen wir die Diagnosen ADHS (Aufmerksamkeitsdefizits-/Hyperaktivitätsstörung), Störung des Sozialverhaltens oder «unspezifische Verhaltensstörung».

Wie läuft eine Abklärung ab?

  1. Kennenlernen von Kind und Familie im Erstgespräch.
  2. Erfassen der Fragen, Schwierigkeiten, Symptome und Anamnese
  3. Je nach Fragestellung werden weitere Termine angesetzt, an denen wir mit dem Kind resp. den Jugendlichen arbeiten, Tests durchführen - das Kind sich spielerisch betätigen lassen oder eine körperliche Untersuchung durchführen (z.B. betreffend Motorik oder neurologischer Auffälligkeiten)
  4. Beurteilung von Testergebnissen, Verhaltensmerkmalen und Entwicklungsmustern auf der Basis von Anamnese, Beobachtungen, Schulberichten usw. durch die Fachpersonen
  5. Besprechung der Ergebnisse und Befunde mit den Eltern, wenn immer möglich auch mit dem Kind und den Jugendlichen

Untersuchungen

  • Anamnese
  • Verhaltensbeobachtung
  • Medizinische Untersuchungen
  • Psychologische Tests

Behandlung

Unmittelbar nach einem traumatischen Erlebnis ist es für Kinder wichtig, dieses einordnen zu können. Was ist passiert? Was wird nun geschehen? Welche Schritte werden eingeleitet? «Es ist wichtig, dass die Eltern in dieser schwierigen Situation für ihre Kinder da sind. Sie können das Kind zum Beispiel fragen, wie es sich fühlt, wie es das Geschehene erlebt hat und was es braucht, um sich besser zu fühlen», sagt Mara Foppoli.

Damit Kinder ein Trauma verarbeiten können, braucht es Zeit. Sie brauchen viel Nähe und soziale Unterstützung. Für ihr Umfeld bedeutet das: Gespräche anbieten, zuhören und helfen, die Gefühle zu regulieren, aber keinen Druck ausüben und Zeit lassen. Am besten ist es für das Kind, soviel Normalität wie möglich zu schaffen.

Erfolgserlebnisse ermöglichen: Was kann Ihr Kind gut? Was macht es gerne? Worin könnte es gefördert werden? Auf Veränderungen vorbereiten: Traumatisierte Kinder reagieren sensibel auf Überreizungen und Veränderungen. Steht beispielsweise ein Umzug bevor, sollten Sie mit Ihrem Kind frühzeitig darüber sprechen.

Viele Kinder überwinden ein Trauma, ohne dass Hilfe von aussen nötig ist. Sie entwickeln ihre eigene Widerstandskraft. Kann ein Trauma aber nicht verarbeitet werden, weil es verdrängt wird oder zu starkes Leid verursacht hat, kann eine posttraumatische Belastungsstörung auftreten.

Wird eine Depression bei Kindern und Jugendlichen nicht behandelt, kann die Erkrankung chronisch werden. In einem ersten Schritt ist es wichtig, der oder dem Betroffenen altersgerecht zu erklären, was eine Depression ist. Danach folgt die Psychotherapie. Oft zieht die Therapeutin oder der Therapeut dabei auch die Familie oder weitere Bezugspersonen ein.

Wir überlegen gemeinsam mit den Eltern und wenn möglich mit dem Kind resp. den Jugendlichen, welche Massnahmen unterstützen können. Bei Bedarf ziehen wir - in Absprache mit der Familie - auch die Schule resp. Lehrpersonen und ein weiteres Helfernetz zur Besprechung der Förderung bei.

Tipps für Eltern

  • Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass es jederzeit mit Ihnen über seine Probleme sprechen kann.
  • Hören Sie aufmerksam zu, wenn sich Ihr Kind Ihnen anvertraut.
  • Planen Sie verschiedene Aktivitäten oder Ausflüge.
  • Bleiben Sie positiv.
  • Loben Sie Ihr Kind, wenn es etwas gut gemacht hat. So stärken Sie sein Selbstbewusstsein.
  • Wenden Sie sich sofort an eine Fachperson, wenn Ihr Kind Suizidgedanken äussert.

Wo erhalten Kinder und Jugendliche psychologische Hilfe?

  • Kinder- und Jugendpsychiater oder -psychologinnen
  • Beratung 147
  • Kinder- und Hausarztpraxis
  • Elternberatung von Pro Juventute
  • Kinder- und jugendpsychiatrischen Dienste der Kantone

Tabelle: Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen

Erkrankung Symptome
Depression Anhaltende Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Interesselosigkeit, sozialer Rückzug
Angststörungen Phobien, Panikstörung, generalisierte Angststörung
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Generelle Angespanntheit, Angst, Gereiztheit, quälende Erinnerungen, Flashbacks
Essstörungen Magersucht (Anorexia nervosa), Ess-Brech-Sucht (Bulimie), reine Esssucht (Binge Eating)
ADHS Hyperaktivität, Impulsivität, Unaufmerksamkeit

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