Die psychiatrische Versorgung und die psychische Gesundheit sind wichtige Themen, die in der Gesellschaft immer mehr Aufmerksamkeit erhalten. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte der Psychiatrie in Weiden in der Oberpfalz, von aktuellen Vorfällen bis hin zu Fachtagungen und Expertenmeinungen.
Aktuelle Ereignisse und ihre Einordnung
Ein aktueller Vorfall in Weiden in der Oberpfalz wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung der psychiatrischen Versorgung. Eine 65-jährige Frau wird verdächtigt, am Dienstagmittag unvermittelt drei Männer mit einem 90 Zentimeter langen Degen angegriffen zu haben. Nach dieser Attacke wurde sie in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.
Der Vorwurf gegen die Frau lautet versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie Verstoss gegen das Waffengesetz, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Es bestehe der Verdacht einer psychiatrischen Erkrankung.
Die angegriffenen Männer sind 46, 58 und 61 Jahre alt. Der 61-Jährige habe eine Schnittverletzung am Arm erlitten, die operiert werden musste. Der 46-Jährige sei wegen einer oberflächlichen Schnittverletzung im Krankenhaus ambulant versorgt worden, der 58-Jährige sei körperlich unversehrt geblieben. Ein Mitarbeiter eines Restaurants war den drei Männern zur Hilfe geeilt. Gemeinsam überwältigten sie laut Polizei die Angreiferin.
Psychische Gesundheit im Fokus
Wir leben in bewegten Zeiten. Kriege werden geführt, Hass gegen Fremde geschürt, Wahlen werden mit populistischen Sprüchen gewonnen und politisch umgesetzt. Fakten zählen in Zeiten aufgewühlter Gefühle nicht mehr. Das Wort des Jahres 2016 lautet: «post-faktisch» - ein Kunstwort, so die Definition der Gesellschaft für deutsche Sprache, das darauf verweist, dass es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten geht und ein Teil der Bevölkerung bereit ist, auf den Anspruch von Wahrheit zu verzichten, Tatsachen zu ignorieren und offensichtliche Lügen zu akzeptieren.
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Welche Dynamiken treiben den Menschen in der Art eklatante Widersprüche? Welche besonnenen Analysen und welche Handlungen helfen aus diesen Nöten heraus? Mit unserer diesjährigen Fachtagung möchten wir auf den grundlegenden Bezug aufmerksam machen, der, wenn er verloren geht, Essentielles der conditio humana preisgibt: Den Leib-Seele-Zusammenhang. Das sind starke und anschauliche, aber auch klare und spürbare Worte. - In unserer Zeit pointierte David Richard Precht: «Nicht unsere Gedanken, sondern unsere Gefühle sind der Klebstoff, der uns zusammen hält.» (in: «Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?» (2007)).
Haben wir die Kraft, Zumutungen, Ängste, Gefühle und Qualen zuzulassen? Können wir diese aushalten? Vermögen wir, in diesen Dynamiken - mal mehr, mal weniger - souverän zu leben? Oder verlieren wir die Contenance als Fachkollege (vgl. Jan Kalbitzer, in: DER SPIEGEL vom 03.12.2016)? Eine lebendige Rückbindung an Gefühltes und Gedachtes scheint Not wendend, um mit unserem Aussen- und Innenleben wieder ins Lot zu kommen.
Wie sehr liegt uns an diesen Zusammenhängen? Wie sehr kümmern wir uns im beruflichen Arbeiten, in Kliniken oder Praxen, aber auch im gesellschaftlichen Leben wie im Privaten darum? Eine Leib-haftige Psychiatrie, eine Leib-haftige Psychotherapie wie auch eine Leib-haftige Psychosomatik, sollte sich durch unsere je eigene Persönlichkeit mehr Gehör und Anschauung verschaffen. Diese Leib-Haftigkeit, das referentielle Sein im Leib, sollte von uns spürbarer und für uns verständlicher werden können, damit wir besser hören und verstehen, was wir spüren und so gefestigter leben - für uns und andere zum Guten. Körperliche und seelische Empfindungen führen gemeinsam zu einem einheitlichen Erleben, bei dem der empfindende und denkende Mensch Korrespondenzen und Resonanzen erfährt, welche ihn - in sich und so auch im Umgang mit anderen - gefestigt, d. h.
Experten und ihre Perspektiven
«Menschen leben immer in Beziehungen, noch bevor sie handeln» (Klaus Dörner/Ursula Plog). Die Grundschwierigkeiten von uns Menschen sind bedingt durch Störungen von Begegnungs- und Beziehungserfahrungen. Diese zu lindern und zu überwinden ist eine Kernaufgabe in unserer Arbeit. Es gelingt uns wohl erst dann recht, wenn wir den Charakter von Begegnungen als Wechselbeziehungen begreifen und verstehen, die zwischen zwei Subjekten, die sich einander auch zu Objekten machen können, geschehen. Im letzten Fall, so Dörner und Plog, «lasse ich die Begegnungsangst nicht an mich heran, lasse mich innerlich nicht davon berühren, wehre ab.» Im Erstgenannten «lasse ich die Begegnungsangst in mich hinein, lasse mich vom Anderen anrühren, in Frage stellen, schwinge mit, lasse den Anderen mit mir etwas machen. Also habe ich nicht nur meine neue Umgebung wahrzunehmen, sondern auch mich in ihr und mich in mir.
Jan Kalbitzer, Psychiater und Psychotherapeut, Leiter des Zentrums für Internet und Gesundheit an der Berliner Charité, schrieb ein Essay, in welchem er der Frage nachgeht: «Wozu Psychiater lieber schweigen sollten» (DER SPIEGEL Nr. 49 vom 03.12. 2016). Aber in dem Moment, in dem er sich seinen Gefühlen hingibt oder gar dem Bedürfnis nach schneller Aufmerksamkeit, gibt er seine therapeutische Urteilskraft auf.» Ist es wirklich so, wie der Berliner Kollege schreibt? Sind Gefühle zu meiden oder zu suchen?
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inneren Dämonen wie Eitelkeit, Geltungssucht, Angst und übertriebene Wut zu erkennen und aushalten zu können.»? Wenn schon Psychiater als sogenannte Fach-Experten trotz ihrer Ausbildung damit Schwierigkeiten haben, wie sehr mag dies für andere Menschen zutreffen, oder gar für Menschen mit öffentlichen Ämtern?
Was ist zu sogenannten «Wutbürgern» (Wort des Jahres 2010) anzugeben? Was zu Menschen, die (weltweit) populistischen Wahlkandidaten ihre Stimme geben? Was fehlt dem Menschen zu einem besonnenen Dasein und Miteinander, mit Eigenem und Fremden? Was tun, wenn Psychiater es auch nicht wissen und darüber unsicher oder ängstlich sind?
Wir leben, weil wir leiben. Aber wieso nur ist dieser Zusammenhang so ungewohnt, so abseits, gar so verdächtig? Kann es wirklich so schlicht heissen, wie Kalbitzer es rät, wir sollten uns auf den Weg machen, den Gefühlen zu trauen, so würden uns schon jene Kräfte zuteil, die uns zum Gelingen brächten? Kann es so einfach sein? Können Gefühle nicht auch in die Irre führen? Es bedarf wohl eher differenzierender Anstrengungen.
Im Jahr 1978 schrieb Joseph Weizenbaum, Prof. für Computerwissenschaften am Massachusetts Institute of Technology (MIT): «Um ein Ganzes zu werden, muss der Mensch auf immer ein Erforscher seiner äusseren und inneren Realitäten sein. In Zeiten mit Ängsten vor Terroranschlägen, nationalistischen Tendenzen, gesellschaftlichen Medialisierungen und zunehmenden Digitalisierungen unserer Alltagswelt, also in Zeiten, in denen es um die Besinnung auf das Wesentliche des Menschseins geht, scheint besonders das notwendig, was zentraler Gedanke von Arno Gruen war: «Vielleicht sollten wir den Unterschied zwischen Identität und Identifikation deutlich machen, indem wir erkennen, dass Identifikation nicht die Basis für eine eigene Identität bildet. Dass Identifikation und Identität einen Widerspruch in sich bergen, weil Identifikation eben nicht zur Entwicklung einer autonomen, originären Identität führt». seine Gefühle abspaltet und dessen vermeintliche Freiheit sich in dem Zwang erschöpfe, sich und anderen ständig Beweise der Stärke und Überlegenheit liefern (zu) müssen. Gelingende Autonomie sei dementgegen derjenige Zustand, in dem ein Mensch in voller Übereinstimmung mit seinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen ist.
Ich bin der Auffassung, dass wir weder die Empfindlichkeit über die Vernunft erheben, noch den Verstand der Empfindlichkeit vorziehen sollten. Eine schlüssige Verbindung zwischen Beidem (und eben keine Vereinseitigung oder die Ausspielung des Einen gegen das Andere) erscheint notwendiger denn je.
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In einem «Einwurf» zum Attentat auf den Weihnachtsmarkt in Berlin geht die Journalistin Elke Schmitter der Frage nach «Warum wir kühl auf den Terror reagieren sollten (DER SPIEGEL Nr. Die «Flut der Anteilnahme im sozialen Raum» sei ihr nicht wegen einer «stillen Geste», einem «Blumenstrauss oder Kerze am Ort des Geschehens» unheimlich, aber «als eine Artikulation des Mitleidens, das die Grenzen des Ichs aufzuheben scheint, das regressiv mitschwimmt in einem Ozean des Schocks, der Angst, der Beschwörung von Traurigkeit.» Als «das rettende Ufer» sieht sie das «Mitgefühl für die unmittelbar Betroffenen. Als etwas, was ins Privatleben gehört. In unserer Macht stehe «wohl aber die Frage, wie wir uns zu dieser Bedrohung verhalten.» Die Autorin wünscht sich «Haltung, Würde und die Aufrechterhaltung des Unterschiedes zwischen dem Opfer und dem Nicht-Opfer. Und alles andere, was Pragmatik befördert und Hysterie verhindert.»
Dazu zitiert sie den Psychiater Viktor Frankl: «Zur Fähigkeit des Menschen, über den Dingen zu stehen, gehört nun auch die Fähigkeit, über sich selbst zu stehen. Ich muss mir von mir selber nicht alles gefallen lassen.» Das mag pointiert erscheinen, hat jedoch etwas Zutreffendes. Stehen aber jene, die ganz in Angst, Panik und Hysterie aufgehen, nicht auch über sich selbst? Muss der Mensch sich von sich selber befreien, muss er dazu sich fremd werden, um dies leisten zu können? Wohl eher nicht. Denn wie sollten wir mit anderen friedlich leben, wenn wir selber mit uns friedlos sind? Wäre dies nicht ein wahrer Un-Sinn, eine Ver-Rücktheit?
Wie kann es dem Menschen gelingen, bei sich zu sein, sich zu besinnen und für sich, wie für andere, das Richtige zu tun? Dem Anspruch des Anderen an mich (E. Levinas) ist ebenso zu genügen, wie dem Streben nach Trosthaftigkeit, also der eigenen inneren Festigung, denn es gilt wohl: Nur wer bei sich ist, kann von sich absehen. Gefühl und Verstand.
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Psychosomatische Beschwerden wie erhöhte Irritabilität, Schlafprobleme, Bauch- und Kopfschmerzen, Verstimmungszustände und eine beeinträchtigte Lebensqualität gehören zu den häufigsten Beschwerden von Kindern und Jugendlichen. Daher hat der 127. Auch die Ärztliche Akademie für Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen e. V., ein bundesweit anerkanntes Fort- und Weiterbildungsinstitut, hat sich dafür ausgesprochen. Der als gemeinnützig anerkannte Verein widmet sich der seelischen Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Seit fast 50 Jahren bietet die Ärztliche Akademie überregional Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen an, darunter seit 15 Jahren auch eine Fortbildung in Psychosomatischer Grundversorgung, an der bislang über 600 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen haben.
Wichtige Persönlichkeiten im Bereich der Psychiatrie
- Christian Rexroth: Chefarzt am Zentrum Amberg Cham Weiden Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg.
 - Sven Lienert: Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
 - Manfred Endres: Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychoanalytiker für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
 
Weitere Beiträge und Perspektiven
Grußworte von verschiedenen Organisationen:
- Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e. V.
 - Bundesverbands der Vertragspsychotherapeuten e. V.
 
die mentale und physische Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen stärker belasten, als wir gesellschaftlich annehmen.
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