Unterschied zwischen Depression und Anpassungsstörung

Eine Depression ist eine komplexe Krankheit, befällt sie doch die Psyche von ebenso komplexen Individuen. Weltweit sind über zehn Depressionsarten mit unterschiedlichen Symptomen und Verläufen bekannt. Es gibt verschiedene Arten von Depressionen, die sich unterschiedlich auf die Stimmung auswirken können. Depressiv ist nicht gleich depressiv.

Arten von Depressionen

Eine depressive Verstimmung kann sowohl als Anfang einer Depression als auch als kurzzeitiges Stimmungstief auftreten. Von dieser Depressionsart wird meist gesprochen, wenn sich Betroffene noch nicht länger als zwei Wochen freudlos und traurig fühlen.

Leichte Depression

Eine leichte Depression wird diagnostiziert, wenn Betroffene länger als zwei Wochen unter einem Hauptsymptom (gedrückte Stimmung, Interessen- oder Freudlosigkeit sowie Antriebslosigkeit) und mindestens einem bis drei Zusatzsymptomen (Konzentrationsschwierigkeiten, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit, Schlafstörungen, Veränderung des Appetits, innere Unruhe, Verlangsamung, Suizidgedanken) leiden, aber nicht so sehr eingeschränkt sind, wie Personen mit einer schweren Depression. In vielen Fällen können Menschen mit einer leichten Depression ihren Alltag bewältigen, arbeiten und soziale Kontakte pflegen. Eine leichte depressive Episode wird oft auch leichte Depression oder nach amerikanischer Definition, Minor Depression genannt.

Mittelschwere Depression

Wenn Betroffene länger als zwei Wochen ein Hauptsymptom und vier Zusatzsymptomen an sich bemerken, wird von einer mittelschweren Depression gesprochen.

Schwere Depression

Bei den Betroffenen einer schweren Depression sind mehrere, intensive Symptome vorhanden, darunter oft Suizidgedanken oder suizidale Handlungen. Haben Sie selbst Suizidgedanken? Lassen Sie sich helfen!

Lesen Sie auch: Kernunterschiede in der Psychologie nach Freud und Jung

Chronische Depression (Dysthymie)

Wenn die oben aufgeführten Symptome seit mehr als zwei Jahren anhalten, leiden Sie höchstwahrscheinlich unter einer chronischen Depression. Auffällig bei dieser Depressionsart ist, dass sie meist bereits im Kindes- oder Jugendalter beginnt und oftmals bei Menschen auftritt, die emotionale Vernachlässigung oder körperliche Gewalt erleben. Die Dysthymie ist, im Vergleich zur Major Depression, relativ selten. Letztere erleben rund neun Prozent der Bevölkerung, während nur zwei Prozent chronisch erkranken.

Rezidivierende Depression

Es kann durchaus vorkommen, dass psychische Krankheiten wiederholt auftreten. Ist das bei einer Depression der Fall, wird von einer rezidivierenden (also wiederkehrenden) depressiven Störung gesprochen. Charakteristisch für diese Form ist, dass sich akute Krankheitsphasen mit beschwerdefreien abwechseln. Heisst: Betroffene können nach einer überstandenen depressiven Episode jahrelang keinerlei Symptome verspüren und dennoch wieder erkranken. Wer unter dieser Depressionsart leidet, sollte eine längerfristige Therapie machen, gegebenenfalls mit Antidepressiva, um Rückfälle zu vermeiden.

Bipolare Störung

Ähnlich, wie bei der rezidivierenden Depression, treten typische Stimmungsstörungen bei einer bipolaren Störung im Wechsel auf. Je nach Ausprägung jedoch nicht immer im Wechsel mit symptomfreien Phasen. Einige Patient:innen erleben vor oder nach einer depressiven Episode eine extreme Hochstimmung, sind extrem aktiv, reizbar, sprunghaft und unruhig. Dieser Zustand wird auch Manie genannt, weshalb Betroffene auch als «manisch-depressiv» bezeichnet werden. Wie bei anderen Depressionsarten spielt hier die Genetik als Ursache eine Rolle. Auslöser können auch traumatische Erlebnisse, Stress oder Drogenmissbrauch sein. Die bipolare Störung wird oft spät als solche erkannt. Dies liegt vor allem daran, dass sich Patient:innen während ihrer manischen Phasen gesund fühlen und sich erst in den depressiven Episoden in Behandlung begeben. Das führt dazu, dass Psychiater:innen oder Psycholog:innen erst mit regulärer Gesprächstherapie und Antidepressiva behandeln, bevor sie die richtige Diagnose stellen und Stimmungsstabilisatoren wie Lithium oder Lamotrigin verschreiben.

Saisonale Depression (Winterdepression)

Eine saisonal bedingte Depression tritt typischerweise im Herbst oder Winter auf, wenn die Tage dunkler und Temperaturen kälter werden. Von der Winterdepression Betroffene fühlen sich dann antriebslos, traurig und vermissen Sonne und Licht. Ein gesteigerter Appetit sowie vermehrter Schlaf weisen ebenfalls auf diese Art von Depression hin.

Pränatale und Postnatale Depression

Ungefähr zwanzig Prozent aller Frauen verspüren während der Schwangerschaft Symptome, die denen einer Depression ähneln, jedoch weniger schwerwiegend sind. Auslöser der pränatalen Depression können Stress, Traumata oder erbliche Faktoren sein. Ausserdem stehen Hormonveränderungen als Ursache im Verdacht. In der Schweiz stürzen jährlich 15 Prozent aller frisch gebackenen Mütter in eine Krise, erleiden also eine postnatale Depression. Besonders belastend ist für Betroffene der gesellschaftliche Druck. Immerhin erwartet das Umfeld nach der Geburt eines Kindes eine glückliche Mama, die vor Stolz und Liebe nur so strahlt. Stellen sich bei den Eltern (Männer können ebenfalls erkranken), jedoch Trauer, Angst oder gar Suizidgedanken ein, sorgt das für Unverständnis und Ablehnung, weshalb sich betroffene Mütter und Väter häufig erst spät Hilfe holen.

Lesen Sie auch: Psychotherapeut oder Psychiater?

Erschöpfungsdepression

Die Erschöpfungs- oder Stressdepression kann kaum vom Burnout unterschieden werden, da sie oft als Folge davon auftritt. Ein entscheidender Unterschied ist jedoch, dass ein Burnout per Definition von Überlastung im Job ausgelöst wird, eine Erschöpfungsdepression aber nicht zwingend mit der Arbeit zu tun haben muss.

Subtypen von Depressionen

Neben den oben genannten Depressionsarten gibt es sogenannte Subtypen:

  • Agitierte Depression: Bei der agitierten Depression kehrt sich die Antriebslosigkeit ins Gegenteil, also in Ruhelosigkeit.
  • Altersdepression: Die Altersdepression ist neben Demenz die häufigste psychische Erkrankung im Alter. Neben typischen Depressions-Anzeichen zeigen Betroffene oft unspezifische und atypische Symptome. Dazu gehören körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Enge- und Beklemmungsgefühle in der Brust sowie Magendarm-Probleme.
  • Anpassungsstörung: Hier treten depressive Symptome infolge eines einschneidenden Erlebnisses beziehungsweise einer gravierenden Lebensveränderung auf.
  • Psychotische Depression: Patient:innen zeigen neben den klassischen Symptomen psychotische Anzeichen wie Realitätsverlust, Halluzinationen und Wahnideen.
  • Somatische Depression: Eine somatische Depression äussert sich in körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen, Schwindel oder Herzrasen, für die keine Ursachen gefunden werden können.
  • Zyklothymia: Diese psychische Krankheit gehört zu den affektiven Störungen. Betroffene leiden über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unter Stimmungswechseln, wobei sich chronisch depressive Phasen und Phasen gehobener Stimmung abwechseln.
  • Melancholische Depression: Eine melancholische Depression zeichnet sich vor allem durch die schwerere Ausprägung des Stimmungstiefs aus.

Behandlung von Depressionen

Mit Ausnahme der bipolaren Störung werden alle Arten von Depressionen ähnlich behandelt: mit Psychotherapie und/oder Medikamenten wie Antidepressiva. Unterschiede gibt es lediglich in der von Psychiater:innen oder Psycholog:innen gewählten Therapieform sowie in der Behandlungsdauer. Diese richtet sich aber weniger nach der Depressionsart, sondern eher nach der Persönlichkeit der Patient:innen. Manche brauchen nur wenige Monate, bis sie sich besser fühlen, andere benötigen jahrelange Unterstützung durch eine:n Therapeut:in. Richtig oder falsch gibt es nicht, schliesslich geht es immer darum, Betroffene möglichst viel Lebensqualität und Wohlbefinden zurückzugeben.

Anpassungsstörung

Einschneidende Lebensveränderungen oder belastende Lebensereignisse lösen bei den meisten Menschen Stresserleben aus. Darüber hinaus können ein Gefühl der Bedrängnis und emotionale Beeinträchtigungen auftreten, welche die sozialen Funktionen und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und dadurch die Anpassung an schwierige Lebenssituationen behindern. Wenn Sie nach einem belastenden Ereignis Trauer, Hilflosigkeit oder andere negative Gefühle empfinden, ist das eine ganz normale Reaktion. Wenn solche Gefühle aber so stark überhandnehmen, dass Sie Ihnen Ihre Handlungsfreiheit rauben, handelt es sich möglicherweise um eine Anpassungsstörung.

Diagnose und Symptome der Anpassungsstörung

Der Übergang zwischen normaler Reaktion und Erkrankung ist fliessend und definiert sich über den persönlichen Leidensdruck und die Beeinträchtigung der Funktions- und Leistungsfähigkeit. Anpassungsstörungen zählen zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Bei bis zu 30% aller Patienten, welche sich in psychiatrische Behandlung begeben, wird diese Diagnose gestellt. Genaue Daten zur Häufigkeit von Anpassungsstörungen in der Bevölkerung gibt es allerdings nicht.

Lesen Sie auch: Behandlung von Fatigue und Depression

Anpassungsstörungen sind immer Reaktionen auf eine konkrete Belastung. Kritische Lebenssituationen erfordern von jeder betroffenen Person Anpassungsleistungen. Ob während diesem Bewältigungsprozess relevante psychische Beschwerden auftreten, hängt nach heutigem Wissensstand von verschiedenen Faktoren ab. Letztlich geht es dabei um die Balance zwischen individuellen Belastungs- und Schutzfaktoren: Überwiegen erstere zulasten der letzteren, steigt das Erkrankungsrisiko.

Auslöser für Anpassungsstörungen sind vielfältig. Nicht immer handelt es sich dabei um akute, heftige Stressoren, oft führen auch weniger schwere, jedoch langanhaltende Belastungssituationen zu Erschöpfung und Leidensdruck. Ob ein Ereignis zur Belastung wird, hängt stark von der subjektiven Bewertung ab. So kann etwa eine Pensionierung für die eine Person eine Belastung und für die andere eine Entlastung darstellen.

Wenn Sie unter einer Anpassungsstörung leiden, ist Ihnen also meist bewusst, was Sie belastet. Die Gedanken an das auslösende Ereignis lassen Sie nicht mehr los. Immer mehr Raum nehmen Gefühle ein, die mit Ängsten, Sorgen und Hilflosigkeit zu tun haben können. In jedem Fall sind es belastende Gefühle, die Ihnen Ihre Unbeschwertheit nehmen. Diese Beschwerden können einzeln, in Kombination und in unterschiedlichen Schweregraden auftreten. Die Symptome sind nicht spezifisch, das heisst, sie finden sich auch bei anderen psychischen Krankheitsbildern.

Wenn bei Ihnen der Verdacht auf eine Anpassungsstörung besteht, werden wir Sie zunächst nach Ihrer Vorgeschichte, insbesondere nach Belastungsfaktoren, und nach Ihren Beschwerden fragen. Um andere psychische Erkrankungen ausschliessen zu können, werden wir Sie auch nach Symptomen fragen, die bei Ihnen nicht auftreten. Gelegentlich ergänzen wir unsere Diagnostik mit standardisierten Fragebogen.

Prognose und Behandlung der Anpassungsstörung

Anpassungsstörungen haben bei früher Diagnosestellung in der Regel eine gute Prognose und können vollständig abklingen. Wichtig: Vorübergehender Lebensüberdruss oder auch Suizidgedanken sind bei Anpassungsstörungen nicht selten. Falls Sie unter Suizidgedanken leiden sollten, verschweigen Sie diese bitte keinesfalls. Nur so können wir gemeinsam mit Ihnen herausfinden, wie Sie mit dieser schwierigen Situation bestmöglich umgehen können und welche Form von Hilfe zum jeweiligen Zeitpunkt am sinnvollsten ist.

Trauer, Sorge, Ängste und der Verlust von Freude sind Symptome einer Anpassungsstörung. Diese Reaktionen sind normal, wenn man Stress erlebt. Wenn diese Symptome jedoch stark sind oder lange anhalten, können sie das tägliche Leben stark beeinträchtigen. Betroffene fühlen sich überfordert und zeigen oft Zeichen von Depressionen und Angststörungen.

Typische Symptome einer Anpassungsstörung

  • Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafprobleme
  • Gefühl der Überforderung
  • Rückzug aus dem Sozialleben oder (häufig bei Kindern und Jugendlichen) Störung des Sozialverhaltens
  • Anzeichen von Angststörungen oder Depressionen

Eine Anpassungsstörung zeigt sich bei Betroffenen oft auch körperlich in Form von Bauchschmerzen, Verspannungen oder Herz-Kreislauf-Problemen.

ICD-10 Kriterien für Anpassungsstörung

Nach der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 müssen folgende Symptome für die Diagnose der Anpassungsstörung vorliegen:

  • Die Betroffenen haben eine identifizierbare psychosoziale Belastung erlebt, die nicht aussergewöhnlichen oder gar katastrophalen Ausmasses war.
  • Die Symptome müssen innerhalb eines Monats nach dem Erlebnis auftreten.
  • Die Betroffenen haben Symptome und Verhaltensstörungen, wie sie auch bei affektiven (zum Beispiel Depression) und neurotischen Störungen, bei Belastungsstörungen, bei Störungen des Sozialverhaltens oder somatoformen Störungen (körperliche Beschwerden ohne erkennbare physische Ursache) vorkommen. Die Symptome variieren in Art und Schwere.
  • Die Symptome der Anpassungsstörung dauern nicht länger als bis sechs Monate nach dem Ende des belastenden Ereignisses an. Ausnahme ist eine depressive Anpassungsstörung, die teils um einiges länger anhält.

Unterformen von Anpassungsstörungen

Abhängig davon, welche Symptome im Vordergrund stehen, unterscheiden Fachleute verschiedene Unterformen von Anpassungsstörungen:

  • Kurze depressive Reaktion
  • Längere depressive Reaktion (bis zu zwei Jahre Dauer)
  • Angst und depressive Reaktion gemischt
  • Mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen
  • Mit vorwiegender Störung des Sozialverhaltens
  • Mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten
  • Mit sonstigen vorwiegend genannten Symptomen

Anpassungsstörung bei Säuglingen

Eine Geburt ist für Mutter und Baby belastend. Die Geburt ist für beide mit Stress verbunden und verläuft nicht immer ohne Komplikationen. Es besteht die Möglichkeit, dass es durch diese Belastung bei beiden zu einer Anpassungsstörung kommt. Anpassungsschwierigkeiten zeigen sich bei Säuglingen zum Beispiel durch exzessives Schreien, Schlaf- und Fütterstörungen. Diese Probleme werden als frühkindliche Regulationsstörungen bezeichnet.

Eine Regulationsstörung weist potenziell auf eine Störung in der Eltern-Kind-Beziehung hin. Denn Säuglinge sind vollständig auf die Versorgung durch ihre Eltern angewiesen. Wenn Eltern mit der Betreuung des Kindes überfordert sind, sind beide Seiten schnell frustriert. Die Kinder reagieren mit vermehrter Unruhe und Schreien. Die Verzweiflung der Eltern wird dadurch weiter verstärkt. Eltern sollten sich daher schnell professionelle Hilfe bei Kinderärzten oder speziellen Kliniken suchen, wenn sie spüren, dass sie mit der Situation nicht zurechtkommen.

Anpassungsstörung bei Kindern und Jugendlichen

Bei Kindern sind starkes Daumenlutschen und Bettnässen sowie ein Rückfall in solche Verhaltensweisen ein möglicher Hinweis auf eine Anpassungsstörung.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen äussert sich eine Anpassungsstörung oft in einem gestörten Sozialverhalten. Sie reagieren auf eine belastende Situation unter anderem mit Aggressionen, Lügen, Schwänzen, Stehlen und weiteren dissozialen Verhaltensweisen.

Zusammenfassende Tabelle: Depression vs. Anpassungsstörung

Merkmal Depression Anpassungsstörung
Auslöser Vielfältig (genetisch, biologisch, psychosozial) Identifizierbare psychosoziale Belastung
Dauer Variabel, oft länger anhaltend Maximal 6 Monate nach Ende der Belastung (außer depressive Reaktion)
Symptome Vielfältig, spezifischere Kriterien Ähnlich wie bei anderen psychischen Störungen, weniger spezifisch
Behandlung Psychotherapie, Medikamente (Antidepressiva) Psychotherapie, ggf. kurzzeitig Medikamente
Prognose Variabel, abhängig von Art und Schwere Gut bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung

tags: #unterschied #depression #anpassungsstörung