Depersonalisationsforschung mit Fokus auf Matthias Michal

Die Depersonalisations-Derealisationsstörung (ICD-10: F48.1) ist eine psychische Störung, die durch Gefühle der Entfremdung von sich selbst oder der Umgebung gekennzeichnet ist. Betroffene erleben sich selbst oder ihre Umgebung als unwirklich und fremd. Die Patienten klagen darüber, dass sie sich selbst oder ihre Umgebung ständig (rund um die Uhr) als unwirklich und fremd wahrnehmen (als ob sie durch einen Schleier schauen, als ob sie träumen, als ob sie ein entfernter Beobachter sind).

Überblick über die Depersonalisations-Derealisationsstörung

Die Depersonalisations-Derealisationsstörung ist eine häufige, aber selten diagnostizierte psychische Störung mit einer Prävalenz von 1% in der Allgemeinbevölkerung.

Symptome und Erfahrungen

Menschen, die sich abgetrennt von sich selbst und von ihrer Umwelt erleben, die das Gefühl haben, nicht mehr richtig da zu sein, und die ihre Umwelt und andere Menschen als unwirklich wahrnehmen, sind dadurch zutiefst verunsichert.

Verschlimmert wird ihr Leiden noch, wenn sie keine angemessene Hilfe erhalten. Oft hören Betroffene Sätze wie "das gibt es nicht" oder "damit kenne ich mich nicht aus".

Der Protagonist fühlt sich verändert, fremd, empfindet sich als unwirklich und beobachtet als Zuschauer sein Handeln und Tun. Er leidet unter Depersonalisation.

Depersonalisation als Abwehrmechanismus

Depersonalisation (DP) und Derealisation (DR) werden als Abwehr von konflikthaften Gefühlen betrachtet und ermöglichen die Isolation von Affekten, wenn die Affekttoleranz des Individuums überschritten wird, indem sie das Selbst in einen distanzierten Teil aufspalten, der den inakzeptablen Teil beobachtet (Jacobson, 1959).

Diese Abwehr tritt vor allem bei hochresistenten und fragilen Patienten auf. Dieser schwer zu erkennende und anzusprechende Abwehrmechanismus behindert oft den therapeutischen Veränderungsprozess.

Forschungsergebnisse und Studien

Obgleich Depersonalisation kein neues und kein seltenes Phänomen ist, gibt es wenig Forschung dazu. Angesichts der Häufigkeit klinisch relevanter Depersonalisation sehen die Mainzer Forscher jedoch noch viel Forschungsbedarf.

"Zum einen sind Längsschnittuntersuchungen wichtig, um zu überprüfen, wie sich die Depersonalisation im Verlauf entwickelt. Zum anderen bedarf es auch vermehrt klinischer Studien, um Betroffenen besser helfen zu können", so PD Dr.

Studie an Schülern in Rheinland-Pfalz

Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Befragung, die die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz unter 3.809 Schülern im Alter von 12 bis 18 Jahren in Rheinland-Pfalz durchgeführt hat.

Rund 32% der Schüler wiesen ein erhebliches Ausmaß an psychischer Belastung auf. Sie berichteten über unangenehme Erfahrungen, sich von sich selbst und der Umwelt abgetrennt zu empfinden oder sich selbst und die Umwelt als unwirklich zu erleben.

In der Phase des Heranwachsens von Jugendlichen, der sogenannten Adoleszenz, sind Symptome von Depersonalisation nicht selten. In der Befragung gaben insgesamt 47% der befragten Schüler an, zumindest an einzelnen Tagen in den letzten zwei Wochen durch solche Symptome belastet gewesen zu sein.

Dass 12 % der Schüler stark belastende Symptome von Depersonalisation bekundeten, überraschte die Mainzer Forscher jedoch. Damit wies die Schülergruppe deutlich häufiger starke Symptome von Depersonalisation auf als die Allgemeinbevölkerung, in der dies nur mit einer Häufigkeit von ein bis zwei Prozent vorkommt.

Von einer sehr hohen allgemeinen psychischen Belastung berichteten darüber hinaus rund 32% der 12- bis 18-jährigen Schüler in Rheinland-Pfalz.

Bei genauerer Untersuchung der betroffenen Befragten stellte sich heraus, dass Schüler, die Nikotin und Cannabis konsumierten häufig unter Depersonalisation litten. Ganz besonders eng, so PD Dr.

Behandlung und Hilfestellung

Der Ratgeber "Depersonalisation und Derealisation- Die Entfremdung überwinden" von Matthias Michal bietet umfassende Informationen über Depersonalisation und Derealisation sowie die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen, beschreibt häufige psychische Begleiterkrankungen und stellt Selbsthilfe- und Behandlungsmöglichkeiten vor.

Psychotherapeuten erhalten Anregungen und Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Behandlung. Für die 5. Auflage wurde der Ratgeber überarbeitet und aktualisiert, u.a. im Hinblick auf die neue ICD-11.

Matthias Michal und seine Arbeit

Prof. Dr. med. Matthias Michal, stellvertretender Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, leitet seit 2005 die erste Spezialsprechstunde 'Depersonalisation-Derealisation' in Deutschland.

Tabelle: Ergebnisse der Studie an Schülern in Rheinland-Pfalz

Merkmal Prozentsatz
Schüler mit erheblicher psychischer Belastung 32%
Schüler mit Depersonalisationssymptomen in den letzten zwei Wochen 47%
Schüler mit stark belastenden Depersonalisationssymptomen 12%

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